Internetsperren

Leistungsschutzrechtsunternehmung LSG sorgt in Österreich für Overblocking

In Österreich hat eine auf Betreiben der LSG – Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GesmbH vorgenommene Netzsperre zum Ausfall zahlreicher rechtmäßiger Webangebote geführt. Vom Verband der Internet Service Provider Austria (ISPA) kam scharfe Kritik.

Wie das gut informierte Nachrichtenportal futurezone.at berichtet, hat die LSG Ende August 2022 bei mehreren österreichischen Providern, darunter Magenta und A1, die Sperrung von Internetangeboten erwirkt. Ob lediglich bestimmte Domain-Namen wie canna.to, canna-power.to und newalbumreleases.net, oder IP-Adressen gesperrt werden sollten, ist streitig. Fest steht, dass am Nachmittag des 28. August 2022 zahlreiche Online-Shops wie preis-zone.com, aber auch Beratungsdienstleister sowie mehrere kleinere und mittelständische Unternehmen im Netz nicht mehr erreichbar waren. Sie alle nutzten IP-Adressen von Cloudflare, ein US-Unternehmen, das ein Content Delivery Network, Internetsicherheitsdienste und verteilte DNS-Dienste bereitstellt. Eigentliches Ziel der LSG scheint die Musikstreamingplattform »Canna Power« gewesen zu sein. Bei Cloud-Diensten teilen sich aber häufig viele Rechner eine IP-Adresse, so dass es zu einem Phänomen kam, das als »Overblocking« bekannt ist. Dominik Polakovics von der Bürgerrechtsorganisation epicenter.works erklärt:

»Was da gestern im Internet in Österreich los war, ist so, als würde man ein ganzes Hochhaus oder Einkaufszentrum sperren, weil in einem Geschäft etwas geklaut wurde.«

Der Verband der Internet Service Provider Austria (ISPA) zeigte sich bestätigt. ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger sagte:

»Das ist genau das, wovor die ISPA seit Jahren gewarnt hat. Dabei haben die Internetanbieter überhaupt kein Interesse daran, Netzinhalte zu sperren. Im Gegenteil, gerade die österreichischen Provider haben im Interesse der Nutzer*innen immer wieder gegen überschießende Maßnahmen geklagt.«

Bereits im vergangenen Jahr hatte die ISPA vorgeschlagen, Sperren vor ihrer Umsetzung durch eine Telekom-Control-Kommission (TKK) auf ihre Rechts- und Verhältnismäßigkeit prüfen zu lassen. Ebenberger ergänzt:

»Es gab einen solchen Vorschlag bereits bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes 2021. Der wurde aber von derselben Verwertungsgesellschaft, die jetzt die Sperraufforderungen verschickt hat, kategorisch abgelehnt, noch bevor eine Diskussion entstehen konnte.«

Seiner Ansicht nach ist nun der österreichische Gesetzgeber am Zug.

»Dass völlig legale Inhalte blockiert werden, ist unverhältnismäßig und eine Gefahr für Meinungsfreiheit sowie die Rechte von deren Inhabern.«

Auch in Deutschland werden die DNS-Sperren von Bürgerrechtlern als Bedrohung der Grundrechte angesehen.

Das Schweizerische Bundesgericht hat erst vor kurzem die grundsätzliche Zulässigkeit von Netzsperren bejaht (Urteile vom 18. Mai 2022 – Az. 2C 336/2021, 2C 337/2021, 2C 338/2021). Das »Overblocking«-Risiko bei DNS-Sperren geht nach Ansicht des Gerichts weniger weit als bei anderen Methoden der Sperrung. In Deutschland hält der BGH Netzsperren grundsätzlich für möglich; sie sollen aber auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Mit dieser Tendenz schloss der Bundesgerichtshof am 23. Juni 2022 eine mündliche Verhandlung, in der um die Verpflichtung der Deutschen Telekom zur Einrichtung von Sperren für Webseiten gestritten wurde. Die Entscheidung soll hier am 13. Oktober 2022 verkündet werden.

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