Im Streit um die Domain kino.to kann nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts einem Internetprovider aufgegeben werden, den Zugang zu einer Urheberrechte verletzenden Website zu sperren (Az. C-314/12). Eine Entscheidung des EuGH steht aber noch aus.
Seinen Anfang nahm der Rechtsstreit im Jahr 2010. Drei Filmproduzenten hatten sich an mehrere österreichische Internetprovider gewandt und verlangt, den Domain-Namen kino.to zu sperren, da dort in urheberrechtswidriger Weise Kinofilme abgerufen werden konnten. In einem Musterprozess erwirkten die WEGA Filmproduktionsges.m.b.h. und Constantin Film Verleih GmbH im Wege der einstweiligen Verfügung eine Entscheidung, wonach es der UPC Telekabel Wien GmbH untersagt wurde, ihren Kunden Zugang zu kino.to zu gewähren. UPC steht dabei in keiner Rechtsbeziehung zu den Betreibern von kino.to und stellt ihnen weder Internetzugang noch Speicherplatz zur Verfügung. Der österreichische Oberste Gerichtshof will nun im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchen vom EuGH wissen, ob auch der Provider, der nur den Nutzern einer rechtswidrigen Website Internetzugang verschafft, als Vermittler im unionsrechtlichen Sinne zu betrachten ist, dessen Dienste von einem Dritten – wie dem Betreiber einer rechtswidrigen Website – zur Verletzung eines Urheberrechts genutzt werden, so dass auch ihm gegenüber eine gerichtliche Anordnung erwirkt werden kann.
Zumindest Generalanwalt Pedro Cruz Villalón vertrat in seinen Schlussanträgen nun die Ansicht, dass auch der Internetprovider als Adressat einer gerichtlichen Anordnung in Betracht komme. Nach der unionsrechtlichen Regelung in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Rechteinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden. Zwar erkennt er an, dass Sperrungen von Webseiten durch Provider technisch nicht unproblematisch sind; erwähnt werden sowohl die Möglichkeit einer IP-Blockade als auch einer DNS-Sperre. Dennoch sei auch der Internetprovider als ein Vermittler anzusehen; dies ergebe sich aus Wortlaut, Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung. Einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Vermittler und der Person, die das Urheberrecht verletzt, bedürfe es nicht. Oftmals seien Provider selbst am besten in der Lage, Verstössen ein Ende zu setzen. Und schließlich gelte es, ein hohes Schutzniveau des Urheberrechts mit rigorosen und wirksamen Regeln zu gewährleisten. Eine gerichtliche Anordnung müsse jedoch konkrete Sperrmaßnahmen bezeichnen und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den sich gegenüberstehenden, grundrechtlich geschützten Interessen sicherstellen.
Scharfe Kritik an der Rechtsansicht des Generalanwalts kam bereits von eco, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft eV. »Die Verpflichtung von Access-Providern zur Einrichtung von Netzsperren, mit denen der Zugang zu rechtsverletzenden Angeboten erschwert werden soll, ist mit deutschem Recht nicht vereinbar. Provider sind Kommunikationsdienstleister, die keinen Einfluss auf rechtsverletzende Angebote nehmen können und sollen.«, so Oliver Süme, Vorstand Politik & Recht im eco Verband. »Jede Form von Netzsperren stellt daher nach deutschem Recht einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dar, der Zensurmaßnahmen wie in totalitären Staaten Tür und Tor öffnet.« Ob sich der EuGH dieser Ansicht abschließt, bleibt abzuwarten; mit einer Entscheidung ist im Jahr 2014 zu rechnen.