EU

Parlament fordert "Löschen statt Sperren"

Die Pläne der EU-Kommission, im Zuge der Bekämpfung kinderporanographischer Inhalte Internetsperren zu errichten, stoßen im EU-Parlament auf Widerstand: in einem Entwurf für die Stellungnahme zur sogenannten „Malmström-Richtlinie“ forderte ein Ausschuss die Umsetzung des Gebots „Löschen statt Sperren“.

Im März 2010 hatte Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Innenpolitik, den Entwurf einer EU-Richtlinie vorgestellt, die Regelungen vorsieht, um den Zugriff auf Seiten mit Kinderpornographie zu sperren. In einem von der SPD-Europaabgeordneten Petra Kammerevert vorbereiteten Entwurf zur Stellungnahme des Ausschusses für Kultur und Bildung erteilte das EU-Parlament den Zensurplänen Malmströms nun eine deutliche Absage. Es sei offensichtlich, dass die geplanten Sperrmechanismen leicht umgangen werden könnten und daher kein taugliches Mittel darstellen. Demgegenüber gebe es in der EU funktionierende Netzwerke zur Löschung kinderpornographischer Inhalte. Aktuelle Studien hätten ergeben, dass solche Inhalte in großer Zahl auf Servern in den USA, Australien, Holland und Deutschland gehostet würden; gleichwohl fehle jeder Nachweis, dass die Provider die Inhalte in jene Länder transferierten, in denen ihre Löschung nicht oder nicht binnen angemessener Zeit erfolgt. Zudem warnte Kammerevert, dass technische Sperren die Kontrolle von Kommunikationsströmen im großen Stil ermöglichten und Begehrlichkeiten hinsichtlich anderer unerwünschter Inhalte weckten. „Die Einführung einer europaweiten Zensurinfrastruktur ist daher abzulehnen“, so Kammerevert zusammenfassend.

Unterdessen wies das Bundeskriminalamt (BKA) Kritik an bisherigen Maßnahmen zur Löschung kinderpornographischer Inhalte im Internet zurück. In einer Pressemitteilung gab die Behörde bekannt, wie man das Zugangserschwerungsgesetz derzeit umsetzt: so werden zunächst während eines Zeitraums von einem Jahr keine Seiten mit kinderpornographischen Inhalten im Netz gesperrt, sondern nachdrücklich die Löschung betrieben. Bezogen auf den Betrachtungszeitraum Januar bis Juni 2010 seien jedoch durchschnittlich 40 Prozent der dem Ausland mitgeteilten Webseiten nach einem Zeitraum von einer Woche immer noch abrufbar; bezogen auf die jeweiligen Einzelmonate bewegten sich die Werte im Schwankungsbereich 14 Prozent (Januar) bis 70 Prozent (März). Im Fall von im Inland physikalisch gehosteten Inhalten geht es indes deutlich schneller: hier erfolgt im Regelfall eine Löschung werktäglich binnen weniger Stunden nach Kontaktaufnahme mit dem verantwortlichen Host-Provider. Die festgestellten Werte sind laut BKA angesichts des Umstandes, dass die Evaluation auf einen Zeitraum von einem Jahr angesetzt ist, vorläufiger Natur; verbindliches Zahlenmaterial wird daher wohl erst Anfang 2011 vorliegen.

Es liegt nun an der EU-Kommission, das Richtlinien-Vorhaben mit konkreten Zahlen zu untermauern; entsprechende Berichte sind für Herbst 2010 angekündigt. Unter Berücksichtigung der laufenden Evaluierungen des BKA dürfte sich das Schicksal des Zugangserschwerungsgesetzes damit kaum mehr in diesem Jahr entscheiden.

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