War zuletzt eigentlich nur noch die Speicherdauer streitig, hat sich die Bundesregierung in Sachen Vorratsdaten nun wieder offen für weitere Diskussionen gezeigt. Das legen Äußerungen eines Regierungssprechers nahe.
Drei Gesetzesentwürfe liegen den Abgeordneten des Bundestages zur Neuregelung der Speicherung von Vorratsdaten vor. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion »zur Verbesserung der Verbrechensaufklärung – Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen und Wiederherstellung der Funkzellenabfragemöglichkeit« (Drucksache 20/13366), der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion »zur Einführung einer Sicherungsanordnung für Verkehrsdaten in der Strafprozessordnung« (Drucksache 20/14022) und ein Gesetzentwurf des Bundesrates »zur Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen für die Bekämpfung schwerer Kriminalität« (Drucksache 20/13748). Während der FDP-Entwurf nach dem Scheitern der Ampel-Koalition kaum noch Erfolgsaussichten hat, unterscheiden sich die beiden anderen Gesetzesentwürfe im Wesentlichen in der Speicherdauer; die Länderkammer will die nationalen Regelungen der Vorratsdatenspeicherung auf eine einmonatige – statt wie die von der Union geforderte dreimonatige – Speicherung von IP-Adressen samt eventuell vergebener Port-Nummern begrenzen. Aktuell liegen die Gesetzesentwürfe in den Ausschüssen des Bundestages; dabei hat der Rechtsausschuss die Federführung inne.
Diese Position galt als gefestigt. Auf der Regierungspressekonferenz vom 30. Dezember 2024 hatte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann die »rechtssichere Speicherpflicht von IP-Adressen« betont; sie sei im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus essenziell und vom Europäischen Gerichtshof nicht nur für zulässig, sondern für erforderlich erklärt worden. Hofffmann erklärt:
Aber die Position ist, dass wir eine rechtssichere Speicherpflicht von IP-Adressen brauchen.
Die Kehrtwende folgte am 03. Januar 2025. Nach Angaben von heise.de, die sich auf den zweiten stellvertretenden Regierungssprecher Wolfgang Büchner stützen, beabsichtige die Bundesregierung »eine gute Lösung«; die Gespräche der Bundesregierung seien jedoch »offenkundig nicht abgeschlossen«. Möglicherweise war die Äußerung von Hoffmann nicht mit den Fraktionen der Regierungsparteien im Bundestag und auch nicht mit allen Ministerien abgesprochen. Welche Änderungen im Raum stehen, sagte Büchner nicht. Der Koalitionsvertrag von 2021 sah keine Pflichtspeicherung vor, die eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung bedeuten würde. Stattdessen sollte »rechtssicher, anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können.«
Derweil bekräftigte eco – Verband der Internetwirtschaft eV seine Kritik an der umstrittenen Maßnahme. eco-Vorstandsvorsitzender Oliver Süme erklärte:
Die anlasslose massenhafte Speicherung privater IP-Adressen ist grundrechtswidrig und verstößt gegen EU-Recht. Das hat der Europäische Gerichtshof bereits im Jahr 2022 entschieden und wurde vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2023 bestätigt.
Sie bringe darüber hinaus regelmäßig keinen Mehrwert bei der Strafverfolgung im Zusammenhang mit den Sachverhalten, in denen sie gebetsmühlenartig immer wieder gefordert werde. Süme weiter.
Ich empfehle der aktuellen Bundesregierung daher, sich an dieses Urteil sowie die im Koalitionsvertrag festgehaltene Position zu halten und erneute jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen und damit verbundenen Rechtsunsicherheiten so zu vermeiden.