Nach Ampel-Aus

Faeser drängt auf Vorratsspeicherung von IP-Adressen

Nach dem Scheitern der Ampel-Koalition hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ihre Forderung nach anlassloser Vorratsdatenspeicherung erneuert. Mit den Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hofft sie auf eine gesetzliche Neuregelung vor der Bundestagswahl.

Noch im Oktober 2024 war der damalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) mit dem »Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Sicherungsanordnung für Verkehrsdaten in der Strafprozessordnung« vorgeprescht, der das von ihm bevorzugte »Quick-Freeze«-Verfahren etablieren sollte. In einem neu gefassten § 100g Abs. 6 StPO sollte das Ermittlungsinstrument einer Sicherungsanordnung bereits vorhandener und künftig anfallender Verkehrsdaten eingeführt werden. Die Maßnahme sollte im Grundsatz nur auf Anordnung eines Richters zulässig sein; damit werde die Menge der zu speichernden Daten auf das notwendige Maß begrenzt, da nur die bei den Anbietern von Telekommunikationsdiensten für betriebliche Zwecke ohnehin bereits vorhandenen und künftig anfallenden Verkehrsdaten gesichert werden dürfen (»Einfrieren«). Diese Daten sollen den Strafverfolgungsbehörden für eine begrenzte Zeit für eine spätere Erhebung und Auswertung zur Verfügung stehen; dies hätte einer erneuten richterlichen Anordnung bedurft (»Auftauen«). Doch dazu wird es voraussichtlich nicht mehr kommen: nachdem Buschmann mit dem Scheitern der Ampel-Koalition auf sein Verlangen hin aus dem Amt entlassen wurde, hat nunmehr Volker Wissing das Bundesjustizministerium bis zu den nächsten Wahlen, die voraussichtlich im Februar 2025 stattfinden, übernommen.

Prompt drängt Faeser neuerlich darauf, künftig IP-Adressen wieder auf Vorrat zu speichern. Anlässlich der BKA-Herbsttagung 2024 sagte sie am 20. November 2024:

Im internationalen Vergleich müssen wir allerdings feststellen, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden in technischer Hinsicht nicht auf der Höhe der Zeit sind, was ihre Befugnisse angeht. Wir bleiben an vielen Stellen hinter unseren Möglichkeiten zurück. Ich nenne hier nur exemplarisch das Thema IP-Adressenspeicherung. Ich bin da glasklar in meiner Haltung: Wir brauchen diese Daten.

Das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof hätten Korridore aufgezeigt, welche Möglichkeiten man nutzen könne. In der analogen Welt habe die Polizei Zugriff auf das Melderegister; im digitalen Raum sei das ohne IP-Adressenspeicherung nicht der Fall. Und, so Faeser mit einer Spitze Richtung FDP und Buschmann, weiter:

Trotzdem war es in dieser Wahlperiode insbesondere wegen eines Koalitionspartners leider nicht möglich, Einigungen auf nötige Verbesserungen zu erzielen. Verbesserungen, die sogar der EuGH mittlerweile für dringend geboten hält. Wäre es nach mir gegangen, hätten wir die verpflichtende Speicherung längst umgesetzt. Verhindert haben das andere.

Nach Angaben von heise.de führt Faeser derzeit Gespräche mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, offenbar um die notwendigen Mehrheiten für die anlasslose Vorratsdatenspeicherung zu bekommen; dort hat man erst im Oktober 2024 (Drucksache 20/13225) wieder gefordert, die Mindestspeicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Kriminalität gemäß der Rechtsprechung des EuGH zu regeln.

Der EuGH hatte mit Urteil vom 20. September 2022 seine Rechtsprechung bestätigt, wonach die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung unvereinbar mit EU-Recht sind, da das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten wie zum Beispiel IP-Adressen entgegensteht. Diese Rechtsprechung hat der EuGH in Sachen »La Quadrature du Net« wegen französischer Regelungen zum Schutz von geistigem Eigentum im Internet nach eigenen Angaben präzisiert, im Ergebnis aber gelockert. Mit Urteil vom 30. April 2024 (Az. C‑470/21) entschied der EuGH, dass die allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von IP-Adressen nicht zwangsläufig einen schweren Eingriff in die Grundrechte darstellt. Danach ist die Vorratsdatenspeicherung zulässig, wenn die nationale Regelung Speichermodalitäten vorschreibt, die eine wirksame strikte Trennung der verschiedenen Kategorien personenbezogener Daten gewährleistet und es damit ausschließt, dass genaue Schlüsse auf das Privatleben der betreffenden Person gezogen werden können.

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