Netzpolitik

Prof. Kleinwächter warnt vor Angriffen und der Spaltung der Internet-Infrastruktur

Wolfgang Kleinwächter, emeritierter Professor für Internet-Politik und Regulierung an der Universität Aarhus, hat Alarm geschlagen: in einem Beitrag für »BRINK News« warnt Kleinwächter vor Angriffen auf die Infrastruktur des Internets.

Als Mitglied der »Global Commission on the Stability of Cyberspace« und ehemaliges Mitglied des ICANN-Direktoriums zählt Kleinwächter zu den renommiertesten Experten für Internet-Governance. Umso mehr lässt ein Artikel aufhorchen, den er unter dem Titel »Bad Actors Want To Target the Internet’s Infrastructure. If That Happens, We’re in Trouble.« am 16. Mai 2019 bei »BRINK News« veröffentlicht hat. Probleme wie Cyberwar und Cybercrime, Zensur oder Überwachung kratzen für ihn lediglich an der digitalen Oberfläche des Gesamtkörpers Internet. Die darunter liegenden Organe, das Netzwerk an Servern und Routern, laufe erstaunlich reibungslos. Noch, denn das könnte sich nach Einschätzung von Kleinwächter bald ändern. Dies macht er an drei aktuellen Vorgängen fest.

So wurde Mitte Januar 2019 bekannt, dass eine Entführungswelle auf das DNS zurollt. Dabei wurden die zu einer Domain gehörende IP-Adresse ersetzt und die Nutzer umgeleitet. Betroffen waren vor allem Regierungen und Unternehmen aus dem Libanon und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wobei die Hacker Log-InInformationen erbeuten konnten, so dass in der Lage waren, DNS-Server zu kontrollieren und Traffic umzuleiten. Im April 2019 beschloss das russische Parlament zudem ein Gesetz, wonach der Internetverkehr im eigenen Land nur noch über russische Server laufen soll. Zur Begründung führt man an, das Internet vor Einflüssen von außen schützen zu wollen. Dieses russische Internet habe Präsident Putin jedoch auch schon den BRIC-Staaten Brasilien, Indien, China und Südafrika angeboten, so dass es zu einem ICANN/IANA-Internet und einem BRICS-Internet kommen könnte. Zuletzt sei bekannt geworden, dass die palästinensische Hamas Cyberangriffe gegen die kritische Internetinfrastruktur Israels gestartet habe; Israel habe dies mit mit einem Angriff auf die mutmaßliche Zentrale der Hamas-Hacker erwidert. All diesen Angriffen ist gemein, dass sie sich gegen die technische Infrastruktur des Netzes richten. ICANN habe in diesem Ökosystem lediglich eine beratende Funktion.

Um solche Angriffe zu verhindern, hat die Global Commission on the Stability of Cyberspace schon im Jahr 2017 einen Standard vorgeschlagen, der den Kern des Internets schützt. Er untersagt es sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Akteuren, Komponenten wie das Domain Name System, IP-Adressen, Internet-Protokolle, Server, Router, Kabel und Satelliten anzugreifen. Diese Idee hat in der Reform der Cybersicherheit in Europa Anklang gefunden und wurde in den »Pariser Appell für Vertrauen und Sicherheit im Cyberspace« vom 12. November 2018 aufgenommen. Doch den haben weder China, Russland noch die USA unterzeichnet, auch Unternehmen wie Alibaba, Baidu, Tencent und Huawei verweigern sich. Es sei zwar noch nicht zu spät, meint Kleinwächter; doch der Ansatz des »Schauens und Abwartens« sei immer schwerer zu rechtfertigen: »Time is running out«, so Kleinwächter.

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