ITU

Die Mitgliedsstaaten wählen Doreen Bogdan-Martin (USA) zur ITU-Generalsekretärin

Die International Telecommunication Union (ITU) hat ihre Spitzenposition neu besetzt: mit Doreen Bogdan-Martin (USA) wurde erstmals eine Frau zur Generalsekretärin gewählt. Die USA und die EU konnten ihren Einfluss auf die UN-Organisation ausbauen.

Gegründet im Jahr 1865, ist die ITU mit Sitz in Genf die einzige völkerrechtlich verankerte internationale Organisation, disich offiziell und weltweit mit technischen Aspekten der Telekommunikation beschäftigt. Unter ihrem Dach arbeiten Staatsregierungen, Unternehmen des privaten Sektors und regionale wie nationale Organisationen zusammen, wobei der staatliche / politische Einfluss dominiert. Damit steht die ITU seit vielen Jahren in einem Spannungsverhältnis zur Internet-Verwaltung ICANN, die den Multi-Stakeholder-Ansatz betont, der Vertretern aller Interessengruppen ein Sprachrohr bietet. Demgemäß beobachtet ICANN die Entwicklungen bei der ITU mit Argusaugen und hat im Vorfeld der ITU-Vollversammlung (Plenipotentiary Conference), die vom 26. September bis 14. Oktober 2022 stattfand, ungewöhnlich deutlich Position bezogen. So kritisierte ICANN-CEO Göran Marby die Bewerbung des Russen Rashid Ismailov um das Amt des ITU-Generalsekretärs scharf und warnte vor dessen Ziel eines multilateral verwalteten Internets. Er sagte beim ICANN-Meeting in Kuala Lumpur:

»What we do is like fighting for peace. You don’t fight for peace when war has broken out, you fight for peace before. We have to continue to work for the multistakeholder model now before it’s challenged too much.«

Mit Erleichterung dürfte das Board of Directors von ICANN deshalb die Meldung aufgenommen haben, dass die US-Amerikanerin Doreen Bogdan-Martin mit 139 von 172 Stimmen als erste Frau in der Geschichte der ITU die Wahl zur Generalsekretärin in Budapest gewonnen hat. Bogdan-Martin, die auf den Chinesen Houlin Zhao folgt und ihr Amt am 01. Januar 2023 antreten wird, begann ihre berufliche Laufbahn als Telekommunikationsspezialistin im Jahr 1989 bei der National Telecommunications and Information Administration (NTIA), die dem US-Wirtschaftsministerium untergeordnet ist. Zu ihren Zielen hat sie mitgeteilt:

»to continue driving this institution to be innovative and increasingly relevant for our Member States, better positioning all of us to embrace the digital environment and make progress on achieving UN Sustainable Development Goals and connecting the unconnected.«

Dabei weiss sie um die Unterstützung des US-Präsidenten Joe Biden, der im Vorfeld der Wahl ausdrücklich für sie geworben hatte:

»Ms. Bogdan-Martin possesses the integrity, experience, and vision necessary to transform the digital landscape.«

Die US-Politik hofft, dass sich Bogdan-Martin verstärkt für ein freies und offenes Internet einsetzt – Prinzipien, die von Russland und China zuletzt herausgefordert wurden. Das ließ auch Marby in einem Begrüssungsschreiben anklingen:

»Our organizations share many goals, including the aim to bring the next billion Internet users online and I look forward to continuing to work with you to achieve that goal. Like you, we believe that for the Internet to be truly interoperable, it must be open to anyone, anywhere, and at any time.«

Für diese Hoffnung spricht, dass der Lette Tomas Lamanauskas zum stellvertretenden Generalsekretär gewählt wurde. Er verfügt unter anderem über einen Abschluss an der Harvard University und gilt als diplomatisch. Damit wird die ITU künftig von einen US-EU-Duo angeführt. Ihnen als Directors of the Bureaux zur Seite stehen Mario Maniewicz (Uruguay), Seizo Onoe (Japan) und Cosmas Zavazava (Simbabwe). Die Sorgen um ein »Splinternet«, also die Aufteilung des Internets nach nationalen, politischen, kommerziellen oder technologischen Gesichtspunkten ist damit zwar nicht vom Tisch; sie dürften aber kleiner geworden sein.

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