Ron Jackson, Betreiber des Branchenblogs dnjournal.com, fragte – wie alle Jahre – Experten aus der Domain Name Industry nach deren Beurteilung von 2019 und was 2020 zu erwarten steht. Die DSGVO und ihre Folgen waren auch für 2019 noch Thema, aber alles überschattend steht der Verkauf von PIR (.org) im Raum. Im Jahr 2019 spürten alle eine Stabilisierung des Marktes und blicken optimistisch auf 2020.
Ron Jacksons dnjournal.com widmet sich ganz dem Handel von Internetdomains, listet wöchentlich die Preise von verkauften Domains und berichtet darüber hinaus täglich, was in der Domain-Industrie vor sich geht. Die Befragung von mehreren Experten zum Stand der Industrie nimmt Jackson seit 16 Jahren zu Anfang eines jeden Jahres vor. Die diesjährige 17. Befragung von diesmal 22 ExpertInnen spricht von einem positiven Jahr 2019 sowie einer weiteren Verbesserung des Marktes in 2020 und darüber hinaus. Beinahe jede*r der Angesprochenen sprach den Verkauf der .org-Verwaltung PIR an den Finanzinvestor Ethos Capital an und sieht diesen als problematisch. Michael Castello sieht diesen Verkauf als Beispiel dafür, dass einige das System der Domain-Industrie ausspielen, auf Kosten der Mehrheit. Für Bill Sweetman wirft die Affäre, die in den allgemeinen Medien Widerhall findet, leider ein schlechtes Licht auf die Industrie. Und für Marco Hoffman (InternetX.com) bringt der PIR-Verkauf eine Menge Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Preisentwicklung. Dazu tragen auch die Änderungen im .com-Verwaltervertrag von VeriSign bei, die Preiserhöhungen wieder zulassen.
Rick Schwartz sieht ein sehr gutes Jahr voraus: Der Verkauf von voice.com zum Preis von US$ 30 Mio. im letzten Jahr öffne die Tore für zukünftige achtstellige Domain-Verkäufe. Diese würden bald die Normalität von siebenstellige Verkäufe erlangen. Er bleibt bei seinem Mantra: nur .com zählt, das Interesse an neuen Endungen gehe zurück. Viele Endkunden, die mit einer nTLD als Unternehmensdomain gestartet sind, würden jetzt auf .com-Domains umsteigen, was die Preise nach oben treiben werde. Ähnlich sehen das auch andere wie James Booth (Phenom .com) und Georg Hong (Guta.com): Ein-Wort-.com-Domains würden weiter im Preis steigen, genauso wie Super-Premium-Domains. Auch Zwei-Wort-.com-Domains würden immer interessanter. Alle anderen verlieren. Weitestgehend einig ist man sich auch im Hinblick auf die Konsolidierung der Registries und Registrare. Schwierig ist die Aussage von Frederick Schiwek (Zonat S.A.), der im Zuge dieser Konsolidierung die Diversität abhandenkommen sieht, aber zugleich erklärt, das eigene Unternehmen werde in diesem Jahr weitere Hostinganbieter aufkaufen, um schneller zu wachsen. Joe Uddeme (NameExperts.com) sieht wie seine BranchenkollegInnen ein fantastisches Jahr für den Zweitmarkt, mit Wachstum bei .com und langsamen Abstieg von nTLDs. Tess Diaz erwartet für dieses Jahr den ersten Schritt zu einem universellen Domain-Bewertungsprozess (univeral appraisal process), auf den im Grunde alle warten, Investoren, Unternehmen, Berater, Broker und andere. Paul Nicks (Aftermarket, GoDaddy.com) erwartet unter anderem auch die positive Entwicklung von industriespezifischen ccTLDs wie etwa .gg (Guernsey) bei eSports, oder – wie 2019 bereits deutlich wurde und auch Michael Robrock (Sedo.com) bestätigt – .io und .ai. Marco Hoffman (InterNetX.com) stellt fest, dass die Industrie wächst, mit immer mehr Wettbewerbern, so dass sich die Industrie beschleunigt, und weil jeder seinen Anteil haben möchte, werde die Konkurrenz unter den Registraren härter. Für die neuen Endungen sprach Sandeep Ramchandani (Radix), der 2019 Wachstum bei ccTLD-Verkäufen von 33 % ausmachte und auch einen Anstieg der Renewal-Einnahmen um 45 % verzeichnet. Premium-Domains seien von 2019 an gestiegen und würden auch zukünftig ansteigen. Für Radix sei es jetzt wichtig, die eigenen Endungen wie .tech, .store, .online und .site zu branden, damit sie fester Bestandteil der TLD-Szenerie werden, und sie nicht einfach mit kurzfristigem Aktionismus auf den Markt zu drücken.
Auf alle Stimmen dieser Befragung durch Ron Jackson können wir hier nicht eingehen. »The State of the Industry 2020« macht jedoch deutlich, dass die Befragten sich mit ihren Antworten weitestgehend auf ihrem Arbeitsfeld bewegten, und dass eine insgesamt positive Zuversicht für die Entwicklungen im Jahr 2020 vorherrscht.