Um die Übernahme der weltgrößten nTLD-Registry Donuts Inc. ist erneut Streit entbrannt: die Nichtregierungsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) sieht durch den Finanzinvestor Ethos Capital die Meinungsfreiheit bedroht.
Im Februar 2021 veröffentlichte Ethos Capital eine dürre Erklärung auf der eigenen Website, wonach man die Gesellschaftsanteile von Donuts Inc. übernommen habe. Am 31. März 2021 folgte nun eine Pressemitteilung, in der man den Vollzug des Kaufvertrages bestätigt hat. Zur Höhe des Kaufpreises gibt es bis heute keine öffentlichen Angaben. Donuts ist mit aktuell 239 verwalteten Top Level Domains unter neuer Endung die größte nTLD-Registry, allerdings kommt die zahlenmäßig stärkste nTLD .live auf weniger als 500.000 registrierte Domains. Da Donuts im Dezember 2020 die .info-Verwalterin Afilias Inc. übernommen hat, kontrolliert Ethos Capital mittelbar aber auch eine der wichtigsten generischen Endungen der Welt. Unklar ist, warum die Internet-Verwaltung ICANN beiden Übernahmen zugestimmt hat, obwohl man wenige Monate zuvor Ethos Capital abblitzen ließ, als der Finanzinvestor die .org-Verwalterin Public Interest Registry übernehmen wollte. Licht ins Dunkel des Afilias-Deals sollte ein Documentary Information Disclosure Process (DIDP) bringen, den Dot Hotel Limited und Domain Ventures Partners PCC Limited angestossen hatten. Beide blieben erfolglos; ICANN wies nur darauf hin, alle notwendigen Informationen schon im Internet veröffentlicht zu haben:
ICANN org has already published all materials for the 17 December 2020 Board meeting.
Jetzt formiert sich jedoch an anderer Stelle Widerstand zumindest gegen die Donuts-Übernahme durch Ethos Capital. Die EFF veröffentlichte am 01. April 2021 eine Erklärung, in der man vor »increased censorship-for-profit« warnt. Konkret fürchtet man »suspending or transferring domain names against the wishes of the user at the request of powerful corporations or governments«. Daher sei man bei ICANN vorstellig geworden und habe Änderungen an den Registry-Verträgen von Donuts gefordert, um das Recht auf Meinungsfreiheit zu schützen. Beispielhaft verweist die EFF auf eine Regelung, die es Donuts ermöglicht, Domains auf Betreiben von US-Filmstudios zu suspendieren; wie genau dieser Mechanismus funktioniere, lege Donuts nicht offen. Zudem stört sich die EFF an dem »DPML Plus«-Verfahren, das es Markeninhabern erlaubt, einzelne Domains quer über alle von Donuts verwalteten Domain-Endungen zu registrieren. Und dieser Kurs werde durch die Ethos-Übernahme fortgesetzt:
Controlled by Ethos, we can expect Donuts to increase and expand the services it provides to non-registrant third parties, and potentially including the censorship of domains at the request of powerful industries or governments.
Ein formales Recht, den Vertrag rückgängig zu machen, steht weder ICANN noch der EFF zu. Unmittelbare praktische Auswirkungen auf Registry-Verträge wird der Vorstoß also vorerst nicht haben. Allerdings hat die EFF eine Diskussion angestossen, die ICANN noch verfolgen wird. Und die das Risiko in sich birgt, dass Registries künftig auch für die Inhalte zur Verantwortung gezogen werden, die unter einer Domain angeboten werden.