LG Berlin

Merchant wehrt sich gegen Klickbetrug

Das Landgericht Berlin bekam einen Rechtsstreit wegen eines Missbrauchs des Partnerprogramms durch den Affiliate auf den Tisch, bei dem es dem Merchant zwar in der Sache Recht gab, doch die einstweilige Verfügung wegen fehlender Dringlichkeit nicht erließ (Urteil des LG Berlin vom 23.10.2008, Az 32 O 501/08). Das wenig beackerte Rechtsgebiet des Affiliatemarketing erhält mit dieser Entscheidung eine neue Variante hinzu.

Der klagende Merchant, ein Unternehmen mit Sitz in den USA, das Reisen im Internet vermittelt, hatte über unterschiedliche Affiliate-Netzwerke den Affiliate, ein Reisebüro mit Sitz in Berlin, akzeptiert. Die Mitarbeiter des Affiliate buchten über die Werbebanner des Merchant auf der Internetpräsenz des Affiliate Reisen für sich, bei denen die Provision höher war als der Buchungswert der Reise. Die Reisen selbst traten die Mitarbeiter des Affiliate nicht an. Der Merchant mahnte den Affiliate mit Schreiben vom 02. September 2008 ab und begehrte eine Unterlassungserklärung. Dieser wies die Ansprüche zurück. Am 28. August 2008 kündigte das eine Affiliate-Netzwerk, am 04. September 2008 das andere Affiliate-Netzwerk den Vertrag mit dem Affiliate. Beide verwehrten ihm damit den Zugang zu ihren Partnerprogrammen.

Der Merchant wandte sich an das Gericht und vertritt die Auffassung, der Affiliate habe sich systematisch und planmäßig in vertrags- und rechtswidriger Weise durch Eigenbuchungen anstatt der Vermittlung von Buchungen Dritter Provisionsleistungen zu ihren Lasten erschlichen. Die Buchungen erfolgten über einen längeren Zeitraum mit Betriebsmitteln des Affiliate, unter anderem über eine Kreditkarte, so dass die Geschäftsleitung um diese Buchungen wissen musste. Der Merchant verlangte die Unterlassung solcher Buchungen durch den Affiliate.

Das Landgericht Berlin gab dem Antrag jedoch nicht statt, da aufgrund der erklärten Kündigung durch die Affiliate-Netzwerke kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass der einstweiligen Verfügung bestand. In der Sache bezog das Gericht ebenso deutlich Position: es setzte sich ausführlich mit den unterschiedlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Merchant und des Affiliate-Netzwerks auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass letzten Endes ein Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) seitens des Affiliate vorliegt. Dass die Mitarbeiter des Affiliate die provisionsauslösenden Aktionen vornahmen, läuft der Geschäftsidee der Netzwerkvermittlung grob zuwider. Die provisionierte Leistung ist die Herstellung des Kontakts über die Internetpräsenz des Affiliate zwischen seinen Kunden zum Merchant. Hier erfolgten die Buchungen durch Mitarbeiter des Affiliate, damit letzterer dann den Provisionsanspruch geltend machen konnte. Der Merchant irrte hier über den Umstand, dass die Buchungen durch Dritte erfolgten. Diesen Irrtum erhielt der Affiliate aufrecht. Die Provisionsleistungen stellen im Rahmen des Betrugstatbestandes die Vermögensverfügung jedenfalls in der Höhe der Differenz zum Buchungswert dar.

Insgesamt kannte man bisher lediglich Fälle des so genannten Klickbetrugs. Diese Entscheidung eröffnet ein ganz neues Feld des Netzwerkmarketingrechts. Merchants, die an solchen Programmen teilnehmen, sollten zukünftig in jedem Falle für klare Allgemeine Geschäftsbedingungen sorgen. Im Falle des hier klagenden Merchants war der vom Affiliate praktizierte Missbrauch in den AGBs nicht geregelt. Nur über die allgemeinen Prinzipien des Netzwerkmarketings konnte dem Affiliate ein Vorwurf gemacht werden. Inwieweit der Merchant nun in der Sache gerichtlich weiter gegen den Affilate vorgeht, ist nicht bekannt. Auf Basis dieses Urteils sollten sich aber zivilrechtliche Ansprüche ergeben.

Die Entscheidung ist nicht veröffentlicht.

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