URS-Provider

ICANN bricht Vertragsversprechen

ICANN teilte bei ihrem Meeting in Durban auf Anfrage der Internet Commerce Association (ICA) mit, keine ordentlichen Verträge mit den URS-Providern zu schließen, sondern es wie gewohnt bei Absichtserklärungen zu belassen. Das widerspricht früheren Aussagen von ICANN und bringt die ICA in Rage. Ob dies Auswirkungen für Domainer und Markeninhaber haben wird, ist die Frage.

Die Internet Commerce Association (ICA) ist eine gemeinnützige Handelsorganisation, die Domainer, Webseitenentwickler und andere im Jahr 2006 gegründet haben, um ihre Interessen zu stärken. Die Interessen liegen unter anderem auch darin, in Verfahren nach der UDRP nicht einfach deswegen zu unterliegen, weil man Inhaber einiger tausend Domains-Namen ist; die Organisation will Rechtssicherheit. Unter anderem aus diesem Grunde fragten Vertreter der Organisation im April diesen Jahres anlässlich des Bejing-Meetings bei ICANN an, ob denn mit Einführung der Uniform Rapid Suspension (URS) für die neuen Domain-Endungen mit den URS-Providern ordentliche Verträge geschlossen würden, oder ob es wie bei den UDRP-Providern lediglich Absichtserklärungen (Memorandum of Understanding – MoU) geben werde, die letztlich nicht justitiabel sind. Seinerzeit, am 10. Mai 2013, bestätigte der vorsitzender Direktor des ICANN-Boards Stephen Crocker, dass gerade ein Vertrag entwickelt werde.

Jetzt, beim ICANN-Meeting in Durban, teilte ICANN auf Anfrage von ICA anlässlich einer Vorführung am 17. Juli 2013 vom ersten URS-Provider National Arbitration Forum (NAF) zur URS mit, es werde keine Verträge mit den URS-Providern geben; man belasse es bei Absichtserklärungen. Die ICA, die mit der Session und den Entwicklungen des NAF bei der Umsetzung der URS in ein automatisiertes System beeindruckt und zufrieden ist, wirft ICANN vor, die Internetgemeinschaft hinters Licht zu führen und unaufrichtig zu sein. Kurz nach dem Statement der ICA veröffentlichte ICANN am 19. Juli 2013 eine Stellungnahme zu den Erfahrungen mit UDRP-Providern, in der deutlich wird, dass Verträge zur Vereinheitlichung der Verfahren bei den einzelnen Providern unnötig sind. ICANN sieht in den UDRP-Regeln und der Policy als solcher ausreichende Normen, innerhalb derer sich die UDRP-Provider bewegen müssen. Providereigene Verfahrensregeln, die sich im Rahmen der Vorgaben bewegen müssen, werden ICANN vorgelegt und geprüft; bisher gab es da keine Probleme. Die URS sei zwar etwas anders als die UDRP, aber im Prinzip sei das vergleichbar: ICANN liefere mit dem Applicant Guidebook (AGB) und der URS einen Rahmen, innerhalb dessen URS-Provider Verfahrensregeln etablieren dürfen, die nicht im Widerspruch zu den Rahmennormen stehen – warum also die gewohnten guten Erfahrungen mit einem Vertrag belasten? Auch das Argument des sogenannten »forum shoppings«, bei dem sich der Antragsteller den ihm angenehmeren URS-Provider aussuchen kann, ziehe nicht, denn die Möglichkeit bestünde auch bei ordentlichen Verträgen mit den Providern. Und gerade das Wahlrecht mache die Qualität des ganzen aus, weil so auch nach geographischen und sprachlichen Gesichtspunkten der angemessene Provider ausgewählt werden könne. Darüber hinaus gibt es zwar Beschwerden wegen UDRP-Provider, die sich immer mehr von den Regeln der UDRP entfernen. Doch die Beschwerden sind gering und nicht gravierend und reichten bisher nicht aus, dass ein UDRP-Provider wegen Nichteinhaltung der Regeln gemaßregelt werden musste. Im Falle eines Falles schrecke man nicht davor zurück, einem Provider die Akkreditierung zu nehmen. Eines Vertrages bedürfe es da nicht.

Mit keinem Wort ging ICANN in seiner Stellungnahme auf den konkreten Vorwurf von ICA ein, dass eine frühere öffentliche Zusage nicht eingehalten werde. Dass sie so zeitnah auf diesen folgte, ist beredt genug. Doch was heißt das für Domainer und Markeninhaber? Alles wird laufen wie bisher. Und das ist gar nicht so schlecht. Die Kritik gegenüber UDRP-Providern, wonach sie eher für als gegen Markeninhaber entscheiden, auch weil die Panelisten oft Markenanwälte sind, die natürlich auch als Vertreter von Markeninhabern auftreten, ist bekannt, aber hat sich nicht wirklich bestätigt. Schaut man sich die UDRP-Entscheidungen an, so findet sich allenfalls eine Minderzahl von bedenklichen Entscheidungen. In der Regel wird ein Markeninhaber aktiv, wenn tatsächlich seine Markenrechte durch eine Domain verletzt werden. Die Kritik an problematischen Entscheidungen verbreitet sich denn auch immer sehr schnell unter den interessierten Kreisen. Sie ist immer publik. Im Hinblick darauf besteht eine gewisse Kontrolle. Immer wieder findet Kritik aber auch auf Seiten der Markenlobby statt, da Markeninhaber tatsächlich in vermeintlich eindeutigen UDRP-Verfahren scheitern – etwa wegen Verwirkung des Anspruchs.

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