WIPO

Zwei eindeutige Markenverletzungen durch Domains bringen erfolgreiche UDRP-Verfahren

Gleich zwei aktuelle UDRP-Entscheidungen zeigen, auf was für Domains man als Markenunternehmen sein Augenmerk richten muss. Philip Morris erstritt sich die irre Domain iiiiiiiiiitehraniqosiiiiiiiiii.com, und Boehringer Ingelheim errang die intelligente boehringer-ingelheim.ai.

iiiiiiiiiitehraniqosiiiiiiiiii.com
Im ersten Streit ging die in der Schweiz ansässige Philip Morris Products S.A. gegen den im Iran sitzenden Saeed Farahani, Persian ART vor, der die Domain iiiiiiiiiitehraniqosiiiiiiiiii.com am 14. Januar 2023 registrierte. Philip Morris ist seit 2014 Inhaber eines umfangreichen Marken-Portfolios zu „IQOS“ und vertreibt seine Tabakprodukte in 71 Ländern, allerdings nicht im Iran. Der Gegner hatte bis zum UDRP-Verfahren unter der Domain iiiiiiiiiitehraniqosiiiiiiiiii.com eine arabischsprachige Website geschaltet, auf der IQOS-Produkte und urheberrechtlich geschütztes Marketingmaterial sowie Konkurrenzprodukte Dritter für den iranischen Markt angeboten wurden. Im UDRP-Verfahren meldete sich der Gegner nicht. Als Entscheider kam der australische Rechtsanwalt Nicholas J.T. Smith zum Zuge, der der Beschwerde stattgab (WIPO Case No. D2023-2861).

Smith befand, dass die Marke „IQOS“ im Domain-Namen vollständig enthalten ist und die vielen »I«s und das Wort »tehran« eine Verwechslungsgefahr nicht verhindern. Das vom Gegner betriebene Geschäft sei nicht legitimiert gewesen, da es keine gutgläubige Nutzung der Domain darstelle. Smith führte den Oki Data Test durch, bei dem Voraussetzungen zu prüfen sind, deren Vorliegen oder Fehlen zeigen, ob eine berechtigte Nutzung der die Marke enthaltenden Domain durch Anbieten von den von der Marke bezeichneten Produkten vorliegt. Da der Gegner aber auf der Website nicht sein – nicht bestehendes – Verhältnis zur Beschwerdeführerin deutlich machte und auch Konkurrenzprodukte anbot, lagen die Voraussetzungen des »Oki Data Test« nicht vor und die Nutzung der Domain erwies sich als unberechtigt. Auch die Bösgläubigkeit bei Registrierung und Nutzung der Domain konnte Smith bestätigen, weshalb er der Beschwerdeführerin Recht gab und auf Transfer der Domain entschied.

boehringer-ingelheim.ai
Im Streit der deutschen Boehringer Ingelheim Pharma Gmbh & Co. KG gegen den Inhaber der Domain boehringer-ingelheim.ai war die Rechtslage klar. Boehringer Ingelheim besteht seit 1885 und ist spätestens seit 1959 Inhaberin zahlreicher Marken »Boehringer Ingelheim«, zudem seit 1995 Inhaberin der Domain boehringer-ingleheim.com. Der Gegner, der die Domain boehringer-ingelheim.ai am 18. April 2023 registrierte und im UDRP-Verfahren vor der WIPO nicht Stellung nahm, blieb aufgrund eines Privacy-Dienstes unbekannt. Die Domain verwies auf eine GoDaddy-Platzhalterseite, auf der sie zum Kauf angeboten wurde. Als Entscheider kam der australisch-neuseeländisch-irische Rechtsanwalt Alistair Payne zum Zuge.

Payne bestätigte die Beschwerde und entschied auf Transfer der Domain (WIPO Case No. DAI2023-0009). In zwei Sätzen stellte Payne die Identität von Marke und Domain fest. Er sah auch problemlos den Anscheinsbeweis seitens der Beschwerdeführerin geführt, da sie weltweit sehr bekannt ist, der Gegner unter dem Namen jedoch nicht, und die Beschwerdeführerin ihm die Nutzung ihrer Marke nicht erlaubt hat. Bei der Frage der Bösgläubigkeit ging Payne auf die Voraussetzung eines bösgläubigen passiven Haltens der Domain ein. Er bestätigte, dass die Marke der Beschwerdeführerin eine hohe Unterscheidungskraft besitzt; der Gegner habe sich nicht gemeldet und nutze einen Privacy-Service, bei dem nicht einmal die Anfrage der WIPO Klarheit schaffen konnte. Aufgrund all dieser Umstände und der hohen Bekanntheit der Marke sei es nicht vorstellbar, dass der Gegner die Domain zu einem redlichen Gebrauch nutzen könnte. Es sei höchstwahrscheinlich, dass er die Domain registriert habe, um sie teuer zu verkaufen. Damit stand die Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain fest. Die Voraussetzungen der UDRP waren erfüllt, und Payne entschied auf Transfer der Domain.

Beide Fälle zeigen, wie Marken durch unbefugte Dritte für Domains mißbraucht werden und dabei einerseits auch abseitigste Abwandlungen und Verschleierungen des Markenbegriffs instrumentalisiert werden, oder eben einfach aktuelle Trends auf dem allgemeinen Markt, wie der zu .ai-Domains, wegen des Hypes um LLMs und KI-Systeme. Marken- und Domain-Beauftragte innerhalb von Unternehmen und Dienstleister für Unternehmen könnten zumindest im zweiten Fall frühzeitig Domains unter relevanten Endungen registrieren, um solche UDRP-Verfahren – und damit Kosten – zu vermeiden.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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