WIPO

UDRP-Vortrag muss vollständig sein

In einem UDRP-Verfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO) zeigt der Fachmann Matthew S. Harris im Detail, dass ein Beschwerdeführer auch für ihn nachteilige Tatsachen vortragen muss, um sich nicht dem Verdacht des »Reverse Domain Name Hijacking« auszusetzen.

Beschwerdeführerin ist ein 2000 gegründetes niederländisches Unternehmen, dass unter der Domain emazing.nl im Internet vertreten ist. Seit 2000 ist es Inhaberin einer Wort-/Bildmarke, die als Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, und seit 2003 ist sie auch Inhaberin einer entsprechenden Wortmarke. Beschwerdegegner ist der Inhaber der Domain emazing.com. Die Domain ist seit 1997 registriert und wechselte mehrfach den Inhaber, wobei der jetzige Inhaber immer bei den Unternehmungen, die Inhaber waren, angestellt oder an ihnen beteiligt war. Auch die Angebote unter der Domain änderten sich über die Jahre. Zuletzt findet sich unter der Domain nur noch ein stilistisch aufwändiges »E«, und der Domain-Inhaber und seine Familie nutzen die Domain für eMail. Eine früher beim US-Markenamt eingetragene Marke, die der Antragsgegner ebenfalls übernommen hatte, existiert seit Februar 2012 nicht mehr. In seiner Replik auf den WIPO-Antrag der Beschwerdeführerin macht der Domain-Inhaber deutlich, dass er bereits 2003 vom Anwalt der Beschwerdeführerin angemailt wurde. Seinerzeit bestand auch noch die US-Marke, und er teilte als CEO der damaligen Domain-Inhaberin Outfitter Inc. in seiner Antwortmail mit, dass man gerne Domain und Marke an die Beschwerdeführerin verkaufe, sofern diese einen substanziellen Preis aufrufe. Am 20. Juli 2015 reichte die Beschwerdeführerin die Beschwerde bei WIPO ein und verlangte die Übertragung der Domain. Der Beschwerdegegner sieht darin Reverse Domain Name Hijacking.

Als Panelist wurde Matthew S. Harris ausgewählt, der die Beschwerde zurückwies und einen Fall von Reverse Domain Name Hijacking feststellte (WIPO Case No. D2015-1252). An der Identität von Marke der Beschwerdeführerin und Domain des Gegners gab es keine Zweifel. Hinsichtlich der Berechtigung des Gegners an der Nutzung der Domain hielt sich Harris eher zurück, stellt aber fest, die Nutzung einer Domain für eMail sei allenthalben als legitim anerkannt. Harris vertiefte sich in die Frage nach der Bösgläubigkeit des Beschwerdegegners, wobei er feststellte, dass anerkanntermaßen mit Übertragung einer Domain auf einen Dritten die Uhr für den Zeitpunkt der Beurteilung neu zu ticken beginnt. Die Frage sei allerdings, wer Dritter ist. Der aktuelle Inhaber sei ja immer irgendwie bei den früheren Inhabern aktiv gewesen. Doch nach Harris‘ Ansicht ist der Inhaberwechsel zu einem anderen rechtlichen Subjekt, auch wenn die neue Inhaberin sehr eng mit der vorausgegangenen verbunden ist, ein Wechsel, bei dem die Bösgläubigkeit erneut zu prüfen ist. Doch obgleich der jetzige Domain-Inhaber von dem eMail-Kontakt im Jahr 2003 wusste, sieht es aus Sicht des Panelisten in diesem Fall nicht nach Bösgläubigkeit auf Seiten des Beschwerdegegners aus, selbst wenn er die Domain mit dem Gedanken übernommen hatte, sie gegebenenfalls an die Beschwerdeführerin zu verkaufen.

Schließlich prüfte Harris die Frage des Reverse Domain Name Hijacking und bestätigte dies. Als die Beschwerdeführerin gegründet wurde, wusste sie unter anderem, dass die Domain emazing.com bereits vergeben war. In ihrer Beschwerde hätte sie zudem darauf eingehen müssen, dass die Domain mehrfach den Inhaber wechselte, aber der Beschwerdegegner immer involviert war. Weiter wusste sie auch von der Korrespondenz in 2003, erwähnte diese aber mit keinem Wort. Sie wusste um die Nutzung des Begriffs »emazing« von einer US-amerikanischen Unternehmung, bevor sie selbst diesen Begriff nutzte. Dies alles sind Punkte, die sie von sich aus im Hinblick auf die Bösgläubigkeit des Beschwerdegegners hätte ansprechen müssen, auch wenn diese nicht zu ihren Gunsten gesprochen hätten. Da sie das aber von sich aus nicht tat und keinerlei Entschuldigung dafür lieferte, sie nicht vorgetragen zu haben, geht Harris von ihrer Bösgläubigkeit im Hinblick auf die Nutzung des UDRP-Verfahrens aus.

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