UDRP

Wortkargheit der Parteien im Streit um orwo.studio führt zur Abweisung

Der Fotodienstleister ORWO Net aus Bitterfeld sieht seine Rechte durch die in den USA registrierte Domain orwo.studio verletzt. Was gibt es also besseres, als ein UDRP-Verfahren zu starten, um die Markenverletzung zu unterbinden? Leider geht damit auch eine ordentliche Vorbereitung und das Belegen von Behauptungen einher. Dazu scheint das Unternehmen keine rechte Lust gehabt zu haben – genauso wie der Gegner. Der Entscheider des UDRP-Verfahrens raufte sich während seiner Fahrt durch die Informationswüste ordentlich die Haare.

Die deutsche ORWO Net GmbH sieht ihre Markenrechte durch die Domain orwo.studio verletzt. Sie startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Hier trug sie vor, Inhaberin mehrerer »ORWO«-Marken zu sein, darunter eine 2002 eingetragene EU-Marke. Die Domain orwo.studio gäbe die Marke vollständig wieder und sei identisch. Auf der Website unter der Domain zeige der Inhaber ein ORWO-Logo, welches dem eigenen entspreche. Folglich lege der Gegner es auf eine Verwechslung an. Ohne irgend dazu berechtigt zu sein, leite der Gegner Internetnutzer auf sein Angebot und täusche sie dabei hinsichtlich einer Verbindung zwischen ihm und der ORWO Net GmbH. Der Gegner hielt kurz entgegen, er nutze seit vier Jahren »Orwo« in den USA für seine Filmstudio-Aktivitäten. Zuvor habe er bei der Filmotec Germany und diese bei der Orwo.net Germany nachgefragt, ob er das Zeichen »Orwo« für sein Filmstudio nutzen dürfe. Beide erlaubten die Nutzung. Die Filmtätigkeit sei von dem Schutz der »ORWO«-Marke der Beschwerdeführerin nicht umfasst, insoweit liege keine Markenrechtsverletzung vor. Zudem habe er mit ORWO North America (Campbell Representation Inc.) die Nutzung der aktiven US-Marke »ORWO« vereinbart. Das auf der Website genutzte ORWO-Logo sehe anders aus als das der Beschwerdeführerin, und er habe es von Campbell Representation Inc. lizenziert. Schließlich seien seine Filmstudio-Dienstleistungen etwas anderes als die photochemikalischen Dienstleistungen, die die Beschwerdeführerin anbietet. Als Entscheider kam der britische Jurist Nick J. Gardner zum Zuge.

Gardner war mit der Gesamtsituation unzufrieden und brachte dies in seiner Entscheidung mehrfach deutlich zum Ausdruck. Er hatte die Parteien um weitere Aufklärung gebeten, doch gaben diese keine erhellenden Rückmeldungen. Der Sachverhalt und die Hintergründe des UDRP-Verfahrens blieben für Gardner unklar. Er informierte sich über die Beteiligten durch mehrere Internetsuchen und brachte so etwas Licht in das Dunkel, jedoch sah er es letzten Endes nicht als seine Aufgabe an, den Sachverhalt aufzuklären, sondern die der Beschwerdeführerin:

It is for the Complainant to prove, on the balance of probabilities, the necessary elements it has to show if the Complaint is to succeed.

Zu den Vorwürfen der Beschwerdeführerin, der Gegner sei daran gescheitert, die Marke »ORWO« zu kaufen, weshalb er sie einfach unrechtmäßig nutze, habe sie keine Belege eingereicht. Desgleichen bei dem ORWO-Logo, für das sie keinen Beleg für eine Markenregistrierung oder gar eine Nutzung auf ihrer Seite eingereicht habe. Die Verknüpfung mit der Sache und die Geschäftsfelder der von den Parteien verschiedentlich genannten Unternehmen blieben ebenfalls im Dunkeln. An die Parteien gerichtete Fragen blieben offen, und gegenseitige Behauptungen blieben unwidersprochen, so dass der wenig informative Sachverhalt widersprüchlich blieb. Gardner kam zu dem Ergebnis seiner Vorprüfung, dass sich hinter dem Streit jede Menge unklarer Verwicklungen versteckten, die die Sache eigentlich zu komplex für ein UDRP-Verfahren machen und es eigentlich vor den US-Gerichten verhandelt werden sollte. Doch habe er ausreichend Material, um das UDRP-Verfahren zu entscheiden.

Alsdann stellte Gardner kurz fest, dass Marke und Domain identisch sind, weshalb die Beschwerdeführerin das erste Element der UDRP erfüllt habe. Allerdings scheiterte sie bei der Frage nach dem fehlenden Recht oder berechtigten Interesse des Gegners an der Nutzung der Domain orwo.studio. Der nutze die Domain vermutlich seit ihrer Registrierung im Februar 2019 für sein Filmstudio. Ob er dabei auch das Zeichen »ORWO« berechtigterweise nutzt, bleibt unklar. Er greife klar auf die Tradition des Begriffes »ORWO« von den Vorgängerunternehmen der Beschwerdeführerin zurück. Doch der Gegner berufe sich auch auf die Lizenzierung durch Orwo North America. Die Beschwerdeführerin hat dem nichts entgegengehalten. Unter diesen Umständen lägen keine ausreichenden Informationen vor, die den Schluss zuließen, dass der Gegner nicht gutgläubig agiere. Damit habe die Beschwerdeführerin das zweite Element der UDRP nicht erfüllt. Die Frage der Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners erübrige sich damit. Folglich wies Gardner die Beschwerde der ORWO Net GmbH ab (WIPO Case No. D2021-2607).

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