UDRP

Wahl Clipper scheitert beim durch Wahl GmbH geführten Streit um wahl.shop

Die deutsche Wahl GmbH führte für den US-amerikanischen Haarschneidemaschinenhersteller Wahl Clipper Corporation ein UDRP-Verfahren um die Domain wahl.shop vor der WIPO. Der Entscheider John Swinson befasste sich in diesem komplexen Fall ausführlich mit der Frage, ob ein gutgläubiges Angebot von Waren und Dienstleistungen vorliegt, wenn der Domain-Inhaber möglicherweise unberechtigt eine Marke nutzt, um ausschließlich Produkte dieser Marke anzubieten.

Der US-amerikanische Hersteller von Haarschneidemaschinen Wahl sah seine Rechte durch die Domain wahl.shop verletzt, über die ausschließlich seine Produkte durch die niederländische Domain-Inhaberin T. Lanzaat angeboten werden. Das 1919 gegründete Unternehmen Wahl Clipper Corporation mit Sitz in Sterling, Illinois (USA), ist Inhaberin zahlreicher Marken in mehr als 80 Jurisdiktionen, unter anderem in den USA seit 1950 und in Europa. Vertreten durch die deutsche Tochter Wahl GmbH, erhob Wahl ein UDRP-Verfahren vor der WIPO und trug unter anderem vor, dass die Marke „WAHL“ und die Domain wahl.shop identisch seien, die Gegnerin nicht Inhaberin einer entsprechenden Marke sei und die Webseite wie eine offizielle Seite von Wahl aussehen lasse. Sie nutze die Marke unerlaubt. Der auf der Webseite befindliche Begriff »Premium Wahl Reseller« befinde sich in unmittelbarer Nähe zu den Worten »Tondeuse Shop«, aber der Gegner gebe dort keinen Hinweis darauf, dass es sich nicht um eine offizielle Seite von Wahl handele. Wahl verlangt die Übertragung der Domain wahl.shop. Die Gegnerin stellte die Identität von Marke und Domain nicht in Abrede, doch hielt sie unter anderem entgegen, dass sie seit zwölf Jahren Weiterverkäufer der Produkte von Wahl sei. Ursprünglicher Vertragspartner sei die Kapershandel BV gewesen, die aber in »Tondeuse Lanzaat« umbenannt wurde. Zudem habe man im November 2016 bei der Wahl Nederland BV nachgefragt, ob man die Domain wahl.shop für einen Shop mit ausschließlich Wahl-Produkten nutzen dürfe. Der unter anderem angeschriebene Sales-Director von Wahl in den Niederlanden war von Wahl autorisiert gewesen und in die Entwicklung dieses Webshops miteingebunden. Auf der Webseite werde deutlich gemacht, dass man lediglich ein Weiterverkäufer der Wahl-Produkte sei. Schließlich habe man lediglich diese eine Domain registriert, und nicht zahlreiche »Wahl«-Domains. Zum Entscheider wurde der australische Rechtsanwalt John Swinson bestimmt.

Swinson wies nach langen Erwägungen diese Beschwerde letztlich ab, da der Gegner nachweisen konnte, dass er den Domain-Namen wahl.shop für ein gutgläubiges »bona fide«-Angebot von Waren und Dienstleistungen nutzt (WIPO-Case No. D2018-0877). Bevor Swinson sich der Sache widmete, konnte er sich aber die Anmerkung nicht verkneifen, dass die Parteien zahlreiche weitere Stellungnahmen eingesandt hätte, die ausschweifend und völlig unnötig waren. Sodann widmete sich Swinson der rechtlichen Prüfung und stellte die Identität von Marke und Domain fest, wobei er darauf aufmerksam machte, dass einige der neuen Endungen unter Umständen eine Rolle bei der Feststellung einer Ähnlichkeit spielen könnten, .shop als generischer Begriff dabei allerdings vernachlässigt werden könne. Umfassend beschäftigte sich Swinson mit der Frage eines Rechts oder legitimen Interesses der Gegnerin an der Domain wahl.shop, die mit dem gutgläubigen Betreiben eines Angebots von Waren und Dienstleistungen steht und fällt. Die Gegnerin verkaufe über ihren Shop ausschließlich Wahl-Produkte. Es sei aber unklar, welche Übereinkunft hinsichtlich der Markennutzung zwischen den Parteien bestehe. Die Gegnerin hatte mitgeteilt, dass der Geschäftsführer von Wahl Nederland BV mitgeteilt hatte, die verantwortlichen Personen der Wahl-Group zu informieren und sich dann wieder zu melden. Aber die Gegnerin legte keinen Nachweis dafür vor, dass Wahl Nederland BV das Angebot hinsichtlich wahl.shop angenommen habe. Davon abgesehen sei unklar, ob Wahl Nederland BV überhaupt berechtigt gewesen wäre, die Nutzung der Marke »WAHL« durch die Gegnerin genehmigen zu können. Dies alles bleibe unklar. Allerdings sei es allgemein anerkannt, dass die Nutzung einer Marke in einem Domain-Namen von einem Wiederverkäufer als gutgläubig angesehen wird, wenn der Gegner unter dieser Domain ausschließlich Produkte des Markeninhabers vertreibe, die Seite die Verbindung zum Markeninhaber offenlege und er nicht alle relevanten Domains für sich registriert habe. Swinson sah diese Voraussetzungen, die im »Oki Data«-Streit (WIPO-Case No. D2001-0903) entwickelt wurden, im vorliegenden Falle erfüllt. Einer genaueren Prüfung unterzog er dabei die Offenlegung der geschäftlichen Verbindung der Parteien.

Da man auf allen Webseiten von wahl.shop den Hinweis »WAHL PRODUCT RESELLER« über den Worte »TONDEUSE.SHOP« findet, meinte Swinson, dass Nutzer dies eher als Hinweis wahrnehmen würden, dass die Gegnerin nicht mit der Beschwerdeführerin identisch ist. Jedoch dürfte es einige verwirren, zumal unter »About us«, wie die Beschwerdeführerin vorgetragen habe, eine von deren eigener Website kopierte Geschichte der Firma Wahl zu finden sei. Zudem gibt es die Ansicht, dass die Identität von Marke und Domain das Risiko der Annahme, dass eine Geschäftsverbindung besteht, erhöhe. Da die Second Level Domain »wahl« identisch mit der Marke »WAHL« ist, könnten Nutzer meinen, die Gegnerin sei die Beschwerdeführerin – und das, noch bevor sie sich auf der Seite befinden. Doch aus Swinsons Sicht ist das nicht der die Entscheidung bestimmende Faktor. Swinson glaubt, wenn Marke und Domain identisch sind, müssten die »Oki Data«-Voraussetzungen anders betrachtet werden, sobald eine der neuen Endungen im Spiel ist. Die neuen Endungen ergänzten Markennamen auf der Top Level Domain-Ebene, was früher noch, wie im »Oki Data«-Fall, auf der zweiten Ebene üblich war. Darum sei dieser Fall etwas anders zu bewerten als der »Oki Data«-Fall. Es sei zu berücksichtigen, dass die UDRP gegen Cybersquatter entwickelt wurde. Die Gegnerin entspreche aber nicht dem üblichen Bild eines Cybersquatters. Sie betreibe ein gutgläubiges Angebot von Waren und Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie die ausdrückliche Erlaubnis der Beschwerdeführerin zur Markennutzung habe oder nicht. Wie es um diese Erlaubnis steht, könne er dabei nicht klären; dazu müssten die Parteien ein ordentliches Gericht anrufen. Im vorliegenden Falle sei es jedenfalls so, dass die Gegnerin sich selbst auf allen Seiten ihres Angebots als »Reseller« (Wiederverkäufer) bezeichne. Wie immer das von Nutzern wahrgenommen werde, sie habe damit ihre Beziehung zur Beschwerdeführerin offengelegt. Damit würden die im »Oki Data«-Fall entwickelten Voraussetzungen trotz Identität von Marke und Domain erfüllt, so dass die Gegnerin ein gutgläubiges Angebot im Sinne der UDRP führe. Damit scheiterte die Beschwerdeführerin an der zweiten Voraussetzung der UDRP. Swinson sah folglich auch keinen Grund, die Frage der Bösgläubigkeit zu erörtern. Er wies die Beschwerde von Wahl zurück, die streitige Domain wahl.shop blieb somit in Händen der Gegnerin.

Die Entscheidung von Swinson macht noch einmal deutlich, dass die neuen Endungen Einfluss auf die Einschätzungen der Markenverletzung in Streitbeilegungsverfahren haben können. Und zwar nicht nur einfach bei der Frage von Identität oder Ähnlichkeit von Marke und Domain, sondern auch bei der tiefergehenden Prüfung von durch die UDRP-Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, in dem Falle denen des »Oki Data«-Falles.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top