UDRP

uline.net bleibt bei stillem Finnen

In einem aktuellen UDRP-Verfahren gelingt es der US-amerikanischen Beschwerdeführerin und Markeninhaberin nicht, vom schweigenden finnischen Gegner die Domain uline.net zu erlangen.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin zweier Marken ULINE, die 2011 und 2013 beim US-Patent- und Markenamt eingetragen wurden. Über ihren Domain-Namen uline.com vertreibt sie unter anderem Verpackungs- und Ladematerialien. Sie sieht ihre Marken durch die nicht genutzte Domain uline.net verletzt. Der finnische Inhaber der 1998 registrierten Domain reagierte auf das UDRP-Verfahren nicht. Die Domain ist über einen finnischen Registrar registriert. Die Beschwerdeführerin verwies darauf, dass keine Verwirkung vorliegt, da sie von der streitigen Domain erst kürzlich erfahren haben. Sie machte das UDRP-Verfahren bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) anhängig, wo Tony Willoughby als Panelist ausgewählt wurde.

Willoughby wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Transfer der Domain uline.net zurück, da sie viel früher registriert wurde als die Marken der Beschwerdeführerin eingetragen wurden, und nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdegegner Kenntnis von dem Kennzeichen der Beschwerdeführerin hätte haben können. Bevor Willoughby richtig in die Sache einstieg, prüfte er zunächst die Folgen des Schweigens des Beschwerdegegners und die Wahl der Verfahrenssprache. Eine nachdrückliche Prüfung der möglichen Folgen, dass der Gegner keine Stellung im Verfahren nimmt, findet man selten: Willoughby stellt allerdings unter Verweis auf § 4.6 des WIPO Overview 2.0 klar, dass die – hier fehlenden – Tatsachenbehauptungen des Gegners nicht automatisch zum Vorteil des Beschwerdeführers gereichen, sondern dieser im Verfahren die drei Tatsbestandsmerkmale nachweisen muss. Maßgebend für die Verfahrenssprache ist die Sprache, in der der Registrierungsvertrag geschlossen wurde, was hier Finnisch ist. Die Beschwerde erfolgte allerdings in Englisch. Willoughby begründet ausführlich, warum das Verfahren in Englisch durchzuführen sei: weil der Beschwerdegegner sich nicht beklagt hat und kein Interesse am Verfahren zeigt, die Beschwerdeführerin kein Finnisch kann und die Übersetzungen zeit- und kostenintensiv wären, die Domain eine Kombination aus dem Buchstaben »u« und dem englischen Wort »line« zu sein scheint und er aufgrund dessen vermutet, der Domain-Inhaber verstehe Englisch. Zuletzt meinte er, nicht Englisch als Verfahrenssprache zu wählen, würde die Kosten hochtreiben und das Verfahren ausserdem verzögern. Willoughby erschien es deshalb nur fair, bei Englisch zu bleiben.

Danach ging Willoughby in die Prüfung der Tatbestandsmerkmale und stellte fest, dass Marken und Domain bis auf die Endung .net identisch sind und nicht ersichtlich ist, dass der Domain-Inhaber irgendwelche eigenen Rechte oder ein rechtliches Interesse am Begriff »uline« hat. Bei der Frage nach der Bösgläubigkeit des Beschwerdegegners stellte Willoughby allerdings fest, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Hinweise gegeben hat, wonach der Beschwerdegegner 1998, als er die Domain registrierte, von ihr hätte wissen können. Vor 2011 beziehungsweise 2013, als die Marken eingetragen wurden, konnte er nichts von der Beschwerdeführerin und ihren Rechten wissen. Dass er die Domain nicht nutzt, kann man nicht zu seinem Nachteil auslegen. Am meisten spricht zu Gunsten der Beschwerdeführerin, dass »uline« ein Kunstname ist. Doch hilft ihr das nicht, da es keinen Hinweis darauf gibt, dass der Begriff 1998 bereits bekannt war und der Beschwerdegegner gerade deshalb die Domain registrierte. Dass der Beschwerdegegner die Domain bösgläubig registriert hatte und nutzt, war damit nicht nachgewiesen. Die Tatbestandsmerkmale waren so nicht erfüllt, und Willoughby wies die Beschwerde zurück.

Diese Entscheidung geht auf zwei Punkte ein, die sonst kaum Erwähnung erfahren: einerseits der essentielle Umstand, dass das Schweigen und aber auch Äußerungen des Beschwerdegegners den Beschwerdeführer nicht von seiner originären Pflicht enthebt, die Tatbestandsvoraussetzungen der UDRP nachzuweisen: die Identität oder Ähnlichkeit von Marke und Domain, fehlende Rechte oder rechtliches Interesse des Gegners an dem Kennzeichen und die Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain. Andererseits stellte sich die Frage nach der Verfahrenssprache, die erst kürzlich Panelist Prof. Dr. Lambert Grosskopf im Streit um die Domain nanotemper.com ausführlich behandelt hat. Ob die Erwägungen von Tony Willoughby in diesem Fall Englisch als Verfahrenssprache gelten zu lassen rechtfertigen, darf man durchaus bestreiten. Aber effizienter war es allemal.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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