UDRP

Taktisches Schweigen im Streit um valhallan.com führte zu einer RDNH-Entscheidung

Im Streit um die Domain vallhallan.com hielt sich die Beschwerdeführerin mit Behauptungen und Nachweisen zurück und erhielt dafür die Quittung: Das den Streit entscheidende Panel fühlte sich kleingehalten, wies die Beschwerde ab und stellte ausserdem Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) fest.

Beschwerdeführerin ist die US-amerikanische Valhallan LLC, die unter der Domain valhallan.com eSport-Trainings anbietet. Im Rahmen des von ihr gestarteten UDRP-Verfahrens vor der WIPO trug sie lediglich vor, sie habe eindeutig bewiesen, ein gewohnheitsrechtliches Markenrecht für die USA zu haben. Der Anlage zu ihrer Beschwerde lagen Unterlagen bei, denen sich entnehmen ließ, dass sie am 21. Januar 2022 die US-Marke »VALHALLAN« beantragt hatte, und am 11. April 2022 die am 08. Februar 2022 beantragte, gleichlautende UK-Marke eingetragen wurde. Der Gegner, Casey Strattan aus den USA, hatte die streitige Domain vallhallan.com am 18. Februar 2022 registriert. Unter ihr hat er unter dem Titel „VALHALLAN FRANCHISE REVIEW“ eine Website eingerichtet, auf der er Kritik an Valhallan und deren Geschäftsführer übt, wobei er betont, dass er lediglich seine Meinung wiedergibt. Im UDRP-Verfahren trägt Strattan unter anderem vor, dass er zuvor mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als Franchisenehmer geschäftlichen Kontakt hatte. Im Vorfeld des UDRP-Verfahrens habe die Beschwerdeführerin angeboten, die Domain zu kaufen. Auf sein Gegenangebot von US$ 10.000,- sei sie aber nicht eingegangen. Weiter teilt der Gegner mit, dass der Markenantrag vom US-Markenamt abgewiesen wurde. Der Gegner beantragte neben der Abweisung der Beschwerde auch die Feststellung von RDNH.

Der als Entscheider eingesetzte Rechtsanwalt und Politikwissenschaftler Robert A. Badgley aus Chicago wies die Beschwerde ab und stellte RDNH fest, da kein Fall von Cybersquatting vorlag, sondern vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht wurde (WIPO Case No. D2023-0977). Allerdings stellte Badgley zunächst fest, dass entgegen der Feststellung der Beschwerdeführerin, sie habe

»clearly demonstrated a right to a common law trademark in the U.S,«

er diese bloße und unbelegte Behauptung nicht akzeptiere. Doch das Bestehen der britischen Marke und die Ähnlichkeit der Domain vallhallan.com mit ihr bestätigte Badgley, wobei er auf die falsche Schreibweise aufgrund des zusätzlichen „l“ besonders hinwies. Bei der Frage nach einem Recht oder berechtigten Interesse des Gegners an der streitigen Domain stellte Badgley gleich klar, dass die Beschwerdeführerin nicht erfolgreich war. Der Gegner mache auf der Website seiner Domain so klar wie möglich, dass er kein Fan des Inhabers der Beschwerdeführerin ist. Zugleich werde deutlich, dass keine geschäftliche Beziehung zur Beschwerdeführerin besteht. Der Vollständigkeit halber stellte Badgley auch fest, dass es sich hier nicht um einen Fall handele, bei dem die im Streit befindliche Domain mit der Marke identisch ist, vielmehr handele es sich um eine Vertipper-Domain. Badgley ist der Ansicht, die Kritik des Gegners an der Beschwerdeführerin und ihrem Inhaber durch freie Meinungsäußerung und unter Verwendung einer Vertipper-Domain sei echt und stelle keinen Vorwand dar. Auf die Frage der Bösgläubigkeit ging Badgley dann – unter Verweis darauf, dass es sich hier nicht um Cybersquatting, sondern um freie Meinungsäußerung handele – nicht mehr ein, sondern wandte sich gleich der Prüfung des RDNH zu.

Badgley stellte Reverse Domain Name Hijacking fest. Erstens, weil die Beschwerdeführerin keine Nachweise für ihre Behauptung, sie habe eindeutig bewiesen, ein gewohnheitsrechtliches Markenrecht für die USA zu haben, vorlegte. Gerade weil ihr Markenantrag vom US-Markenamt abgewiesen wurde, hätte man mehr Aufwand erwartet, dieses Recht zu belegen. Den Schwerpunkt bei der Feststellung des RDNH legte Badgley allerdings auf den zweiten Punkt: die Beschwerdeführerin hat die Ablehnung der Markenanmeldung in ihrem Schriftsatz nicht erwähnt und die Anmeldung sogar als »noch anhängig« bezeichnet. Für Badgley war das: »to put it most gently, highly misleading« (sehr vorsichtig ausgedrückt, höchst irreführend). Der Vertreter der Beschwerdeführerin müsse ja nicht den Prozess des Gegners führen, so Badgley, aber ein Mindestmaß an Offenheit sei schon erforderlich. Und der Vertreter der Beschwerdeführerin sei auch derjenige gewesen, dem die Ablehnung der Markenanmeldung zugegangen ist. Die Beschwerdeführerin habe das UDRP-Verfahren missbraucht, indem sie den Status der Markenanmeldung beim US-Markenamt verheimlicht hat. Hätte der Gegner das nicht aufgeklärt, so wäre eine Entscheidung unter dem falschen Eindruck ergangen, dass die Markenanmeldung geschmeidig und ohne Widerstand auf dem Weg ist. Drittens stützte Badgley seine RDNH-Entscheidung auf dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Verkaufsverhandlungen hinsichtlich der Domain nicht erwähnte, bei denen der Gegner drei Angebote der Beschwerdeführerin zurückwies. Das Fehlen dieses Vortrags unterstrich nochmals die Strategie der Beschwerdeführerin, das Entscheidungsgremium auf einer »need to know«-Basis zu halten. Damit bestätigte Badgley das Vorliegen des RDNH und wies die Beschwerde ab.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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