UDRP

Streit um magna.co – per »catch-all« empfangene eMails sind Indiz für Bösgläubigkeit

Das Automotive-Unternehmen Magna musste sich mit dem Inhaber der kolumbianischen Domain magna.co herumschlagen. Dieser hatte aufgrund einer »catch-all«-Funktion der streitigen Domain Zugriff auf fehlgeleitete Geschäfts-eMails und meinte so, gute Argumente für den Verkauf der Domain an Magna zu haben.

Der weltweit agierende Automobilzulieferer Magna International Inc., Inhaber hunderter Marken unter dem Zeichen „MAGNA“ sowie unter anderem der Domain magna.com, sah seine Rechte durch die Domain unter kolumbianischer Endung magna.co verletzt. Deren Inhaber Ahmed Salamah aus Saudi-Arabien hatte die Domain magna .co 2017 gekauft und von da an für US$ 5.400,– zum Verkauf angeboten. Er richtete für die Domain ein »catch-all«-eMail-Postfach ein und sprach Magna im August 2020 via LinkedIn an. Er fragte, ob Magna Kaufinteresse habe; er erhalte, seit er für magna.co eine eMail-Adresse eingerichtet habe, zahlreiche an Magna gerichtete Geschäfts-eMails. Magna lehnte dieses erste Kaufangebot ab. Der Domain-Inhaber meldete sich abermals via LinkedIn bei Magna und meinte diesmal, er habe in den vergangenen 3 Wochen mehr als 350 eMails erhalten, die den Magna-Konzern beträfen; es sei doch besser, sie kauften die Domain. Man solle sich mal vorstellen, wenn diese Domain einem Wettbewerber gehörte wie […]. Hier listete der Domain-Inhaber mehrere Konkurrenzunternehmen zu Magna auf und fuhr fort, wenn die Domain erstmal an einen Endnutzer verkauft ist, würde es schwierig und teuer, noch an die Domain zu gelangen; man möge doch bitte ein Angebot abgeben. Nach dem Scheitern der Verhandlungen erhöhte der Domain-Inhaber den Preis der Domain magna.co auf US$ 49.500,–. Magna startete daraufhin ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Dabei berief man sich auf Typosquatting, insbesondere unter Nutzung der „catch-all“-Funktion, zum Einsammeln von an das Unternehmen gerichteten Nachrichten. Er nutze die Nachrichten, um Druck auf Magna auszuüben, damit der Konzern die Domain erwirbt. Der Gegner hingegen meinte, er habe die Domain nicht gekauft, um eMails abzufangen und mit diesen Magna zu bedrohen, damit man die Domain kaufe. Als er die Domain gekauft habe, wußte er nichts von Magna. Er wollte unter der Domain ein digitales Werbegeschäft aufbauen. Als Entscheider wurde der US-amerikanische Rechtsanwalt Evan D. Brown benannt.

Brown bestätigte die Beschwerde von Magna und entschied auf Übertragung der Domain magna.co auf diese (WIPO Case No. DCO20 20-0094). In einem Absatz stellte er fest, dass die Domain mag na.co und die Magna-Marken identisch sind. Alsdann bestätigte er den der Beschwerdeführerin Magna gegebenen Anscheinsbeweis, wonach diese unter anderem erklärte, sie wisse nichts von irgendeinem legalen Geschäft des Gegners mit der Domain; es scheine vielmehr der eigentliche Grund, die streitige Domain zu registrieren, sei, diese an Magna hochpreisig zu verkaufen. Es lägen keine Nachweise vor, dass der Gegner unter magna.co allgemein bekannt sei, und es sei nicht ersichtlich, dass er die Domain in erlaubter Weise nichtkommerziell oder fair nutze. Dem Argument des Gegners, er wolle ein Marketinggeschäft unter magna.co aufbauen, fehle es, so Brown, allerdings an Nachweisen, etwa Korrespondenzen oder Dokumente oder anderes, dem UDRP-Verfahren vorgelagertes Material, das irgendwie auf Aktivitäten in 2017 weist und Vorbereitungen zur Gründung eines Geschäfts unter der Domain magna.co erkennen lasse. Damit habe die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis erbracht, während der Gegner dem nichts entgegengehalten habe, das den Beweis widerlege. Bei der Frage der Bösgläubigkeit unterstrich Brown nun deutlich das Argument der eMail-Nutzung. Er fand es wahrscheinlicher, dass der Gegner die Einstellung »catch-all« für das eMail-Postfach in der Hoffnung nutzte, dass an die Beschwerdeführerin gerichtete eMails eingehen würden und er mit diesen unangemessenen Einfluss und darüber hinaus in unzulässiger Weise sensible Informationen, die für die Beschwerdeführerin bestimmt sind, zu erlangen. Als diese eMails irgendwann in 2020 oder früher eingingen, scheine der Gegner einen Plan parat gehabt zu haben, wie er sein Angebot am besten gegenüber der Beschwerdeführerin verkaufen könne. Schon in seinem ersten Satz an diese drohte er auch mit dem Verkauf der Domain an Dritte:

I own Magna.co domain name and I am reaching out to few companies to explore possible sale of the domain name.

Später verstärkte er seine Drohung, indem er eine Liste von Wettbewerbern der Beschwerdeführerin aufführte, die er nach ausgefeilter Recherche zusammengestellt haben dürfte. Darüber hinaus verzehnfachte er den Preis für die Domain in den folgenden Wochen. Dieses Verhalten widerspreche dem behaupteten »größtmöglichen Treu und Glauben«, mit dem er die Beschwerdeführerin auf die fehlgeleiteten eMails aufmerksam gemacht habe. Das widerspreche auch der Behauptung des Gegners, wonach er unter der Domain ein legales Geschäft aufbauen wollte. Stattdessen zeige sich ein sich steigerndes Drohungsmuster, das man nur als »bösgläubig« im Sinne der UDRP bezeichnen könne. Das alles spreche auch dafür, dass der Gegner von Anfang an die Domain registriert habe, um sie teuer an Magna zu verkaufen. Brown fasst es abschließend zusammen: die dem Panel vorliegenden Beweise lassen es wahrscheinlicher erscheinen, dass der Gegner die Domain magna.co registrierte, um in böser Absicht von ihrer Verbindung mit der Marke, der eMail-Adresse der Beschwerdeführerin und den fehlgeleiteten eMails zu profitieren, von denen er wahrscheinlich wusste, dass er sie von dem unter magna.co eingerichteten »catch-all«-eMail-Postfach erhalten würde. Damit lag für Brown auch die Bösgläubigkeit des Gegners auf der Hand, und er entschied auf Transfer der Domain magna.co auf Magna.

Grundsätzlich sprach nichts dagegen, die Domain magna.co innezuhaben, da es sich bei »magna« um einen allgemeinen Begriff handelt. Wie Brown darstellt, sprechen aber die Indizien dafür, dass der Inhaber von magna.co von Anbeginn böse Absichten hegte. An der Entscheidung ist nichts auszusetzen. Doch sieht Domain-Investor Elliot Silver in der Entscheidung eine Warnung für alle Domainer, keine solchen »catch-all«-eMail-Postfächer einzurichten: das könne ihnen negativ ausgelegt werden. Davon abgesehen, kommt man ohne, gegebenenfalls auch fehlgeleitete, Geschäfts-eMails auf keine dummen Gedanken, einen betroffenen Rechteinhaber anzusprechen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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