Im UDRP-Streit um die Domain beirutcitycenter.com scheiterte eine Unternehmensgruppe, die im großen Stil Shoppingmalls baut und betreibt, an der Komplexität der Sache: Es galt, eine verwirrende Variante des Henne-Ei-Prinzips zu lösen, das auch den Panelisten vor einer ordentlichen Entscheidung kapitulieren ließ.
Die Unternehmensgruppe Majid Al Futtaim mit Sitz in Dubai sah ihre Rechte durch die Domain beirutcitycenter.com verletzt. Majid entwickelt, besitzt und verwaltet Shoppingmalls, Hotels sowie Gemeinschaften überall im Mittleren Osten und in der Region Nordafrika. Von der Eröffnung ihres ersten City-Centers im Jahr 1995 in Dubai ab, das mittlerweile 22 Millionen Besucher jährlich aufweist, eröffnete sie bis 2016 zwölf weitere City-Center in unterschiedlichen Städten. Im Jahr 2013 folgte das »Beirut City Centre«, das sie später in »City Centre Beirut« umbenannte. Sie ist zudem Inhaberin verschiedener Marken »Beirut City Centre« und »City Centre Beirut«, die bis in das Jahr 1998 zurückreichen. Sie selbst ist Inhaberin der Domain city centremallbeirut.com. Inhaberin der streitigen Domain beirutcitycentre.com ist Solidere mit Sitz in Beirut. Es handelt sich dabei um eine unter speziellem libanesischem Recht 1991 gegründete Entität, die das libanesische Parlament 1992 bestätigte und 1994 offiziell im Beiruter Handelsregister eingetragen wurde. Die in Streit befindliche Domain beirutcitycentre.com wurde im Januar 2000 registriert; zum Beginn des UDRP-Verfahrens löste die darunter erreichbare Webseite auf ein Pay-per-Click-Angebot auf. Die Beschwerdeführerin Majid Al Futtaim startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO.
Der Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte Warwick A. Rothnie urteilte als Einzelpanelist über die Streitigkeit. Er wies die Beschwerde zurück (WIPO-Case No. D2018-0004). Zunächst stellte Rothnie fest, dass die Domain beirutcitycentre.com mit zwei Marken der Beschwerdeführerin identisch sei. Dann nahm er die Beschwerde bei der Frage nach Rechten oder legitimen Interessen der Gegnerin an der Nutzung der Domain in den Fokus: Die Beschwerdeführerin Majid Al Futtaim hatte vorgetragen, ihre Marken seien älter als die Domain beirutcitycentre.com und die Domain löse auf eine Pay-per-Click Seite auf, was keine legitime Nutzung im Sinne der UDRP sei. Dies vorangestellt, legte Rothnie sein Augenmerk auf die Chronologie der Vorgänge und unter anderem auf die Nutzung des Begriffs „City Center“ im Zusammenhang mit „Beirut“ durch die Parteien. Die Gegnerin gab ihren offiziellen Namen, den sie seit 1994 nutzt, übersetzt mit »the Lebanese Company for the Development and the Reconstruction of Beirut City Center« an. Aus Sicht der Beschwerdeführerin laute die korrekte Übersetzung »The Lebanese Company for the Development and Reconstruction of Beirut Central District s.a.l.« Für Rothnie aber könnte die Übersetzung des französischen »Centre Ville« ins Englische auch »Town Center« lauten, womit die Bezeichnung »Beirut City Centre« als Kurzform der übersetzten offiziellen Bezeichnung der Gegnerin tatsächlich nicht abwegig sei. Der von der Gegnerin genutzte Begriff »City Centre« sei dabei rein beschreibend und könne sich auf Vielerlei beziehen, das nichts mit der Beschwerdeführerin zu tun hat. Die Beschwerdeführerin andererseits habe den Begriff »City Center« für die Bezeichnung von ihren Shoppingmalls in Deira und Ajman bereits genutzt, bevor die Gegnerin die Domain registriert hatte. Auch ihre Marke »Beirut City Center« habe sie eingetragen gehabt, ehe die Gegnerin die Domain registriert hatte. Bei der Marke »Beirut City Centre« handele es sich jedoch um eine Wort-/Bild-Marke: Zu den stilisierten Worten gäbe es auch grafische Zusätze, ein Bild, um das sie arrangiert seien. Damit sei das Markenzeichen der Beschwerdeführerin sehr eng gefasst und erfordere eine große Ähnlichkeit mit der Marke als solcher, ehe eine Markenverletzung eintrete. Weiter eröffnete die Beschwerdeführerin ihre Shoppingmall in Beirut erst 2013, also viele Jahre, nachdem die Gegnerin ihre Domain registriert hatte. Zudem registrierte die Beschwerdeführerin ihre Marke erst Jahre nachdem die Gegnerin ihren Namen nutzte und mit der Umgestaltung der Beiruter City begonnen hatte. Unter diesen Umständen sah sich Rothnie nicht in der Lage, das Tatbestandsmerkmal eines fehlenden Rechts oder fehlender rechtlicher Interessen auf Seiten der Gegnerin festzustellen. Er sah sich auch nicht veranlasst, die Bösgläubigkeit seitens der Gegnerin zu prüfen. Letztlich erklärte Rothnie, die Angelegenheit sei zu komplex für die Möglichkeiten, die die UDRP eröffne. Soweit man über die Sache entscheiden könne, möge das unter den üblichen Markenrechtsprinzipien außerhalb der UDRP geschehen. Damit wies Rothnie die Beschwerde ab.
Hier haben wir also wieder eine UDRP-Entscheidung, bei der der Panelist einer Entscheidung in der Sache ausweicht. Die Sache ist sicher sehr komplex, aber UDRP-Panelisten sind eigentlich aufgefordert, die einschlägigen Markenrechtsregelungen für ihre Entscheidungen heranzuziehen. Warwick A. Rothnie, der schon außergewöhliche UDRP-Entscheidungen getroffen hat, trauen wir eigentlich zu, einen solchen Fall, auch wenn er komplexer als üblich ist, ordentlich zu Ende bringt. Davon aber abgesehen ist es verwunderlich, dass die Markeninhaberin, eine im großen Stil operierende Unternehmensgruppe, die Domain, die derzeit zum Preis von US$ 2.095,– bei HugeDomains angeboten wird, nicht schon längst erworben hat.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.