Ein russischer Social-Media Anbieter sah seine Marken durch eine .app-Domain verletzt. Der Domain-Inhaber wollte vk.app nicht mit der Marke im Sinn registriert haben, bot aber die Domain der Markeninhaberin zum Preis von US$ 100.000,– zum Kauf an. Die Markeninhaberin leitete ein UDRP-Verfahren ein, in dem der Gegner erklärte, berechtigter Domain-Investor zu sein, und bot ihr die Domain gleich nochmals zum Kauf an.
Die in Petersburg ansässige »V Kontakte« LLC wurde 2006 gegründet und ist Betreiberin des mittlerweile populären, weltweit agierenden Social-Media- und Messaging-Dienstes »VK« mit 500 Millionen Nutzeraccounts und 97 Millionen aktiven Nutzern monatlich. Sie nutzt unter anderem die Domain-Namen vk.com und vkontakte.ru, und ist seit 2012 Inhaberin zahlreicher „VK“-Marken. Ihre Website steht auf Platz 18 im Alexa-Ranking. Sie sieht ihre Marken durch die Domain vk.app verletzt und startete im Dezember 2018 ein UDRP-Verfahren vor der WIPO gegen den Inhaber von vk.app. Sie trägt vor, zwischen ihnen bestehe keine Beziehung und der Gegner sei nicht autorisiert, die Marke »VK« zu nutzen. Zudem sei der Gegner unter der Domain vk.app nicht bekannt, er nutze sie nicht wirklich, sondern biete sie zum Kauf an. Er habe die Domain im Hinblick auf »V Kontakte« LLC registriert, um sie an diese teuer verkaufen zu können. So habe er ihr die Domain zum Preis von US$ 100.000,– angeboten, wobei er bei seinem Verkaufsangebot auch auf die Marke der Beschwerdeführerin verwies, die mit der Domain vk.app korrespondiere. Im Laufe des Verfahrens teilte die Beschwerdeführerin weiter mit, dass am 18. und 19. Januar 2019 der Gegner die Domain ihr nochmals, diesmal zum Preis von US$ 50.000,–, angeboten habe. Der Gegner hielt entgegen, er habe bei Registrierung der Domain die Beschwerdeführerin nicht im Sinn gehabt; vielmehr handele es sich bei vk.app um eine in sich wertvolle Zwei-Zeichen-Domain. Er sei Domain-Investor und habe gleichzeitig über 50 weitere .app-Domains, bestehend aus allgemeinen Begriffen oder kurzen Buchstabenfolgen registriert. Gerade Domain-Namen bestehend aus zwei Zeichen seien gut zu erinnern und hätten viele mögliche Bedeutungen, die nicht von einem einzelnen ausschließlich für sich reklamiert werden könnten. Er ziele bei der Domain-Registrierung nicht auf Marken. Als US-Bürger, der in den USA lebt und arbeitet, habe er die Domain vk.app nicht im Hinblick auf die Beschwerdeführerin registriert. Eine Domain zum Verkauf anzubieten, sei kein Hinweis auf Bösgläubigkeit.
Die Entscheidung in dem WIPO-Verfahren fällte ein Dreier-Gremium bestehend aus dem bulgarischen Rechtsanwalt Assen Alexiev als Vorsitzendem, der irischen IT-Rechtspezialistin mit Sitz in Hong Kong Gabriela Kennedy und dem australischen Juristen und Mediator Neil Anthony Brown QC als Beisitzer. Diese gaben der Beschwerde statt und entschieden auf eine Übertragung der Domain auf die »V Kontakte« LLC (WIPO Case No. D2018-2939). Im Hinblick auf das Bestehen der Marke »VK« und die Ähnlichkeit zur Domain vk.app war die Sache schnell geklärt, zumal der Gegner nicht dagegen argumentiert hatte: Das Gremium bestätigte, dass die Domain vk.app mit der Marke der Beschwerdeführerin zum Verwechseln ähnlich sei. Weiter habe die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis dafür erbracht, dass der Gegner keine Rechte oder berechtigten Interessen an der Domain habe, und er mit ihrer Registrierung auf ihre Marke zielte, weshalb er sie ihr auch zum Kauf angeboten habe. Die Argumente des Gegners, jeder habe das Recht, Domain-Namen zu registrieren, die aus kurzen Buchstabenkombinationen bestehen, an denen keine exklusiven Rechte bestünden, solange man damit nicht auf einen bekannten Markeninhaber ziele, und er habe die Marke der Beschwerdeführerin bei Registrierung der Domain nicht gekannt, verfingen beim Entscheidungsgremium nicht. Zwar habe der Gegner grundsätzlich Recht mit seinen Ausführungen darüber, dass Domain-Investoren berechtigt seien, kurze oder Zwei-Zeichen-Domains zu registrieren, soweit er dabei nicht Marken Dritter im Sinn habe. Und er habe ja nicht nur vk.app, sondern auch ein paar andere Zwei-Zeichen-Domain registriert. Aber in diesem Fall sei es unwahrscheinlich, dass er nicht zuvor die mögliche Marktfähigkeit der Domain vk.app überprüft habe und dabei nicht auf die Beschwerdeführerin gestoßen sei. Das Gremium war nicht überzeugt, dass er die Domain zufällig registriert habe. Dies werde dadurch unterstützt, dass er die Beschwerdeführerin vor dem Verfahren kontaktierte und ihr die Domain mit den Worten angeboten hatte, er biete ihr die Domain vk.app zum Kauf an, da sie mit ihrer Domain vk.com übereinstimme und sie bestens im Hinblick auf ihr Social-Media-Angebot ergänze.
Auf den Vortrag der Beschwerdeführerin, hinsichtlich des Verkaufsangebots, hatte der Gegner nichts entgegnet, was dem Gremium zeige, dass dem Gegner die Beschwerdeführerin und ihr Social-Media-Geschäft bekannt war. Es sähe so aus, als sei die Beschwerdeführerin auch der erste Ansprechpartner beim Verkauf der Domain vk.app gewesen. Inhalt und Zeitpunkt des Verkaufsangebots sprachen aus Sicht des Gremiums für die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner die Domain vk.app registrierte, um sie zu einem hohen Preis an die Beschwerdeführerin zu verkaufen. Dass er die Domain im laufenden Verfahren der Beschwerdeführerin nochmals anbot, sei entlarvend. Für das Gremium erfolgte das Verhalten des Beklagten in Bezug auf die streitige Domain nicht in gutem Glauben und begründete keine Rechte und berechtigte Interessen an ihr. So blieb noch die Frage der Bösgläubigkeit, die das Gremium mit Verweis auf die vorangegangenen Ausführungen kurzer Hand bestätigte und somit der Beschwerde der Beschwerdeführerin stattgab und auf Übertragung der Domain entschied.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.