UDRP

Smart Robotics B.V. scheitert im Streit um smart-robotics.com

Eine niederländische Unternehmung ließ sich von einer spezialisierten Anwaltsfirma im Streit um die Domain smart-robotics .com unterstützen. Und obgleich die Gegnerin sich nicht meldete, mündete die Sache in einem Reverse Domain Name Hijacking (RDNH). Der Panelist Tony Willoughby ging dabei ausführlich auf Fragen der Anwendung der UDRP auf Wort-/Bild-Marken und andere grundsätzliche Fragen des Verfahrens ein.

Die niederländische Smart Robotics B.V., gegründet 2015, ist Inhaberin mehrerer umfangreicher Wort-/Bild-Marken, die 2018 als EU-Marken eingetragen wurden. Sie bestehen aus einem stilisierten »S« und einem zweizeiligen Text: »SMART ROBOTICS« heißt es in grauen, großgeschriebenen Buchstaben in der ersten Zeile, in der zweiten Zeile finden sich in kleinerer, blauer Font die Worte »MASTERS IN FLEXIBLE AUTOMATION«. Die Unternehmung ist Inhaberin der Domain smart-robotics.nl und interessiert sich für die im Februar 2009 registrierte Domain smartrobotics.com, deren Inhaberin die US-Amerikanerin Mary Anne Wehland ist. Die Domain smart-robotics.com ist geparkt und zeigt werbliche Links mit Titeln wie »Robot Kids«, »I Robot Vacuums« und »Robotics«. Die Rechtsvertreter des niederländischen Unternehmens versuchten die Domain-Inhaberin über deren Privacy-Service zu erreichen und über den Verkauf der Domain zu verhandeln, erhielten aber auch nach mehreren Rückfragen keine Antwort. So entschloss sie sich zu einem UDRP-Verfahren vor der WIPO. Die Domain-Inhaberin reagierte auf das Beschwerdeverfahren nicht. Als Entscheider wurde der walisische Jurist, Berater und Mediator Tony Willoughby aufgerufen.

Willoughby wies die Beschwerde der Smart Robotics B.V. ab und entschied auf RDNH, da die Beschwerdeführerin weder das Fehlen eines Rechts oder berechtigten Interesses der Gegnerin an der Nutzung, noch deren Bösgläubigkeit bei Registrierung und Nutzung der Domain nachweisen konnte, und zudem um die Erfolglosigkeit des Verfahrens hätte wissen müssen (WIPO Case No. D2021-2259). Im Rahmen einer Vorprüfung machte Willoughby unter Verweis auf Sektion 4.3 des WIPO Overview 3.0 deutlich, dass, nur weil die Gegnerin sich in der Sache nicht geäußert hat, sei nicht anzunehmen, dass die Vorwürfe der Beschwerdeführerin wahr seien und sie im Streit obsiegen müsse. Weiter setzte sich Willoughby sehr ausführlich mit den Punkten Markenrecht und RDNH auseinander. Dass ein Markenrecht der Beschwerdeführerin bestehe, war unproblematisch. Allerdings schaute sich Willoughby genau an, inwieweit die Wort-/Bild-Marke der Beschwerdeführerin im Rahmen des UDRP-Verfahrens zu berücksichtigen sei. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Textelemente der Wort-/Bild-Marke, entsprechend Sektion 1.10 des WIPO Overview 3.0, über die ausreichende Prominenz innerhalb der Markengestaltung verfügten, um Berücksichtigung zu finden. Doch dann stellte sich die Frage nach der Qualität der Wortelemente. Dass der Text »SMART ROBOTICS MASTERS IN FLEXIBLE AUTOMATION« in zwei Teile geteilt sei, und »SMART ROBOTICS« das dominierende sei, komme der Beschwerdeführerin zugute. Die Domain smart-robotics.com umfasse zwar nicht alle Textteile der Marke der Beschwerdeführerin, aber eben das dominierende Textelement, weshalb Willoughby eine Verwechslungsgefahr annahm und das erste Element der UDRP zu Gunsten der Beschwerdeführerin bestätigte. Doch stellte er weiter heraus, was sich aus den Gegebenheiten dieser Marke in der weiteren Prüfung aufdränge: erstens sei klar, dass die fehlende Priorität der Marke im Rahmen der Prüfung der Identität oder Ähnlichkeit von Marke und Domain nicht von Bedeutung sei. Zweitens sei die Beschwerdeführerin mit Sektion 1.10 des WIPO Overview 3.0 gewarnt worden, dass Wort-/Bild-Marken, die aus allgemeinen Begriffen gebildet sind, einen negativen Effekt bei der Prüfung des 2. und 3. Elements der UDRP haben. Drittens stellte er fest, dass die Beschwerdeführerin keinen Versuch unternommen habe, ein nicht eingetragenes Gewohnheitsmarkenrecht geltend zu machen.

Punkt 2 griff Willoughby dann auch gleich bei der Frage nach einem Recht oder berechtigten Interesse an der Nutzung der Domain durch die Gegnerin auf und verwies auf die Regeln im WIPO Overview 3.0.: PPC-Nutzung der Domain wird danach nur dann akzeptiert, wenn die einer Marke gleiche oder ähnliche Domain aus allgemeinen Begriffen besteht. Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrer Beschwerde auf den Fall mit der Marke »ROTH’S« gestützt, doch der sei anders gelagert als der vorliegende, so Willoughby, weil es sich da um einen erfundenen Begriff handele, während die Marke der Beschwerdeführerin eine Bedeutung aufweise. Es handele sich um mehrere zusammenhängende englischsprachige Worte. Zudem seien hier Domain und Marke, anders als im Fall »ROTH’S«, nicht identisch. Hätte die Beschwerdeführerin Gewohnheitsrechte für den Begriff »Smart Robotics« geltend gemacht, sähe die Sache vielleicht anders aus. Der Fall »ROTH’S« sei hier jedenfalls keine Hilfe und zeige die Fehlerhaftigkeit der Beschwerde. Denn so wie es aussähe, habe die Beschwerdeführerin, die sich auf Sektion 2.9 des WIPO Overview 3.0 bezieht, geflissentlich deren dritten Absatz übersehen, in dem klargestellt wird, dass Domains, die aus ordentlichen Wörtern bestehen und mit PPC-Links genutzt werden, die der Bedeutung der Worte entsprechen, gerade erlaubt sind. Nachdem Willoughby ein weiteres Argument der Beschwerdeführerin zurückweist, stellte er fest, dass die Beschwerdeführerin das 2. Element des UDRP-Verfahrens nicht erfüllt hat. Hier hätte Willoughby die Prüfung abbrechen und die Beschwerde abweisen können. Um aber final ein RDNH feststellen zu können, schaute er sich auch die Bögläubigkeit an, wobei klar war, dass, da die Domain Jahre vor Gründung des Unternehmens Smart Robotics B.V. und der Markenregistrierung bereits von der Gegnerin registriert und entsprechend genutzt wurde, die Beschwerdeführerin keine validen Argumente zur Bösgläubigkeit der Gegnerin vorgebracht hatte.

Schließlich überprüfte Willoughby das Bestehen eines RDNH und bestätigte dieses. Es sei für ihn unvorstellbar, dass die für die Abfassung der Beschwerde verantwortliche Anwaltsfirma, die Expertise genau in diesem Rechtsbereich für sich reklamiert, sich nicht der potenziell unüberwindbaren Probleme des Falles bewusst war. Die Probleme ergeben sich daraus, dass die Domain smart-robotics.com aus allgemeinen Begriffen besteht und Jahre vor Erlangung von Markenrechten durch die Beschwerdeführerin registriert wurde. Sie habe dennoch keinen Versuch unternommen, eines dieser Probleme zu lösen. Sie bringe diese Fragen in ihrem Vortrag nicht einmal zur Sprache. Unter diesen Umständen ging Willoughby von einem Missbrauch des Verfahrens aus, entschied auf RDNH und darauf, dass die Domain in Händen der Inhaberin verbleibt.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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