UDRP

Schatten im Streit um die Internetdomain thesun.com

Die britische Verlegerin der Boulevardzeitung »The Sun«“ wollte nach knapp 18 Jahren des Wartens unbedingt die Domain thesun.com haben und wagte einen anonymen Ankauf. Als der am Preis scheiterte, nahm sie den Weg eines Verfahrens nach der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy.

Die in London ansässige News Group Newspapers Limited, die unter anderem das Boulevardblatt »The Sun« herausgibt und Inhaberin zahlreicher Marken »SUN« und »THE SUN« ist, sah ihre Rechte durch die Domain thesun.com verletzt. Sie versuchte zuerst, die Domain anonym zu erwerben: ihre Angebote über US$ 300.000,– und US$ 600.000,– lehnte die Domain-Inhaberin ab. Die verlangte zunächst mindestens US$ 700.000,– und später, als sie wusste, wer das Kaufangebot unterbreitete, mindestens US$ 2,5 Mio. Schließlich startete die News Group ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Sie trug vor, seit 1996 Inhaberin zahlreicher britischer und EU-Marken zu sein. Der Inhaber von thesun.com habe die Domain nie richtig genutzt, sondern lediglich geparkt. Die Seite liefere Pay-per-Click Links aus, die kein ordentliches Geschäft darstellten, sondern vielmehr geschäftliche Vorteile aus der Marke zögen. Zahlreiche Nutzer kämen auf die Webseite, weil sie das Internetangebot von »The Sun« suchten. Dass der Inhaber von thesun.com mit einem Verkaufspreis von mindestens US$ 2,5 Mio. für die Popularität von »The Sun« im Grunde ein Lösegeld fordere, spreche für seine Böswilligkeit. Auch wenn durch sein Handeln heute keine Rechte der News Group verletzt würden, so die Beschwerdeführerin, bestehe doch das Risiko, dass ihre Rechte zukünftig verletzt würden. Das käme der Böswilligkeit bei passivem Halten der Domain gleich.

Die Domain-Inhaberin akzeptierte den Umstand, dass die Beschwerdeführerin zahlreiche Marken hält, meinte aber, diese habe keine exklusiven Rechte an dem Begriff »the sun« und habe solche auch nicht dargestellt. Man habe die Domain 2001 nicht mit den Marken der Beschwerdeführerin im Kopf registriert, sondern weil es sich um einen allgemeinen Begriff handele, bei dem man davon ausgehen konnte, dass niemand exklusive Rechte geltend machen könne. Man habe selbst über die letzten zwanzig Jahre zehntausende generischer Domain-Namen registriert, was für ein berechtigtes Interesse an der Domain thesun.com spreche. Auch die Schaltung von Pay-per-Click Werbung sei als berechtigtes Interesse anerkannt. Hinweise auf Böswilligkeit ergäben sich nicht, da man lediglich einen allgemein beschreibenden Begriff vermarkte, den man registriert hatte, als der Vorinhaber die Domain-Registrierung auslaufen ließ. Man habe the sun.com zusammen mit vielen anderen allgemeinen und beschreibenden Domain-Namen mit der Absicht registriert, sie wegen des ihnen inneliegenden Wertes an willige Käufer zu verkaufen. Schließlich hielt die Gegnerin entgegen, dass die Beschwerde einen Übertragungsanspruch verwirkt habe (»laches«), da sie jetzt erst, nach 18 Jahren, mit der Beschwerde ankomme. Das alles sehe vielmehr nach Reverse Domain Name Hijacking aus. Über die Sache entschied ein Dreier-Gremium bestehend aus dem schweizer Rechtsanwalt Tobias Zuberbühler als Vorsitzendem, dem britischen Rechtsanwalt Clive Duncan Thorne sowie dem australischen Juristen und Mediator Neil Anthony Brown QC als Beisitzer.

Das Dreier-Gremium wies die Beschwerde zurück und stellte ausserdem Reverse Domain Name Hijacking fest (WIPO Case No. D20190084). Zunächst schaute sich das Gremium die Frage der Verwirkung genau an und stellte unter Verweis auf den WIPO Overview 3.0 (4.17) fest, dass die Anwendung dieses Rechtsinstituts auf UDRP-Verfahren umstritten ist. Überwiegend werde die Verwirkung bei UDRP-Fällen abgelehnt, da die UDRP nur einen begrenzten Rechtsbehelf biete, wobei Ziel des Verfahrens ist, Verwirrung auf dem „Markt“ für die Zukunft zu vermeiden. Deshalb stehe der Rechtseinwand der Verwirkung in der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy nicht zur Verfügung. Gleichwohl fände er in bestimmten Konstellation doch immer wieder Anwendung. Um einer Entscheidung über die Frage der Verwirkung auszuweichen, orientierte sich das Gremium an dem Verfahren über die Domain utv.com, an der Brown beteiligt war. In diesem Fall, der ähnlich gelagert war wie der Streit um thesun.com, hatten die Entscheider nicht auf Verwirkung zurückgriffen, weil sie die Beschwerde an einem anderen Punkt scheitern lassen konnten. Damit war der Weg frei und das Gremium stellte mit einem Satz die Verwechslungsgefahr von Marke und Domain fest.

Alsdann widmete es sich der Rechte und berechtigten Interessen der Gegnerin und verwies dabei darauf, dass die Beschwerdeführerin schon gute Argumente anzuführen habe, um zu rechtfertigen, warum sie 18 Jahre brauchte, um die Beschwerde zu erheben. Irgendwelche überzeugenden Nachweise für die Böswilligkeit des Domain-Inhabers habe sie nicht vorgetragen. Im Gegenteil habe die Gegnerin deutlich gemacht, man habe die Domain registriert, weil sie den Stern bezeichnet, um den unser Planet kreist und weil sie glaubte, dass niemand exklusive Rechte am Wort »sun« habe. Die Chancen, dass die Gegnerin die Domain wegen der Beschwerdeführerin registriert habe, seien unter diesen Umständen höchst unwahrscheinlich, meinte das Panel. Selbst wenn die Gegnerin über die Marke der Beschwerdeführerin Bescheid gewusst hätte, so hatte die Beschwerdeführerin doch zunächst ein anonymes Kaufangebot über US$ 300.000,– abgegeben und dieses erst verdoppelt, nachdem herausgekommen war, dass sie die Domain kaufen wollte. Das aber zeige: sie war sich darüber im klaren, dass der Gegner ein berechtigtes Interesse an der Domain thesun.com habe. Folglich scheitere die Beschwerdeführerin bereits am zweiten Element der UDRP-Prüfung. Aus denselben Gründen bescheinigte das Gremium auch, dass keine Böswilligkeit der Gegnerin vorlag und wies damit die Beschwerde ganz zurück. Es stellte stattdessen den Verbleib der Domain bei der Gegnerin fest.

Zuletzt widmete es sich noch dem Vorwurf des Reverse Domain Name Hijacking (RDNH), der greift, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer der Beschwerdeführer wusste, dass das von ihm eingeleitete UDRP-Verfahren nicht erfolgreich sein kann oder wenn der Beschwerdeführer anhand der bis zur Beantragung der Beschwerde vorliegenden Tatsachen hätte wissen müssen, dass die Sache bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erfolg hat. Hier, so das Gremium, liege es auf der Hand, dass die Beschwerdeführerin die Beschwerde missbräuchlich eingereicht habe, um die Domain thesun.com der Kontrolle der Gegnerin zu entziehen, nachdem die Verhandlungen über den Erwerb der Domain zu einem angemessenen Marktpreis gescheitert waren. Damit stellte das Gremium RDNH fest.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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