UDRP

Rosetta Stone Ltd. erlangt im UDRP-Verfahren die Domain rosettastone.app, aber es bestehen Zweifel an der Entscheidung

In einer Umfangreichen UDRP-Entscheidung um die Domain rosettastone.app kam das Dreiergremium nicht zu einer einhelligen Meinung. Nichtsdestotrotz bekam die Rosetta Stone Ltd. Recht.

Die Rosetta Stone Ltd. aus den USA ist Inhaberin der erstmals 2003 beim US-Markenamt eintragen Marke »Rosetta Stone«. Sie ist Anbieter der Übersetzungs- und Sprachenlernsoftware »Rosetta Stone« für iOS und Adroid und sieht ihre diversen Marken durch die Domain rosettastone.app verletzt. Die Beschwerdeführerin schrieb den Inhaber der Domain per »cease-and-desist letter« an. Der reagierte aber nicht, weshalb sie ein UDRP-Verfahren vor der WPO startete. Sie wirft dem Gegner unter anderem vor, ihm sei bei Registrierung der Domain bewusst gewesen, dass die Marke der Beschwerdeführerin besteht, da sie im Trademark Clearinghouse eingetragen sei und ihm vor Registrierung angezeigt wurde. Die im Mai 2018 registrierte Domain leite auf eine Seite ohne Inhalte; mithin habe der Inhaber versäumt, die Domain ordentlich zu nutzen und nichts spreche dafür, dass er sie zukünftig ordentlich nutzen werde. Stuart Thomas, ein Brite mit Sitz in Los Angeles, Kalifornien (USA), und Inhaber der Domain rosettastone.app erklärte, die Beschwerdeführerin habe keine exklusiven Rechte an dem Begriff »Rosetta Stone«, der den ägyptischen Stein bezeichnet, der zur Entzifferung der Hieroplyphen beitrug. Er sei Softwareentwickler und Taucher und arbeite an einer Software, die unter anderem beim Auffinden von interessanten Tauchplätzen im ägyptischen Mittelmeer und der Verbindung von Tauchern mit Booten zum sicheren Tauchen in diesen Gebieten verhelfe. Seine Firma Beyond Connect, LLC, entwickle Taucher relevante Software und böte bereits ein App mit Namen BLU, doch die Domain blu.app sei bereits vergeben gewesen, weshalb er auf rosettastone.app zurückgegriffen hätte, wobei er die Bedeutung des Rosetta Stones und dessen Bezug auf das eigene Angebot im Kopf hatte. Die geplante App nebst dem damit verbundenen Dienstleistungsangebot befinde sich noch in der Finanzierungs- und Umbennenungsphase. Er habe damit eine wertvolle Domain registriert, ohne damit der Beschwerdeführerin auf die Füße treten zu wollen, die ihrerseits die Möglichkiet hatte, die Domain bereits in der Sunrise Periode bei Einführung der Endung ».app« zu registrieren. Das Entscheidungsgremium wurde mit drei Fachleuten besetzt: dem bulgarischen Rechtsanwalt Assen Alexiev als Vorsitzendem, sowie dem italienischen Markenanwalt Luca Barbero und dem australischen Juristen und Mediator Neil Anthony Brown QC als Beisitzer.

Das Dreiergremium kam in diesem Verfahren zu keiner einheitlichen Entscheidung, nichtsdestotrotz wurde der Beschwerdeführerin die Domain rosettastone.app zugesprochen (WIPO Case No. D2018-2322). Bei der Frage nach Ähnlichkeit oder Identität von Marke und Domain waren sich die drei fachleute noch einig: auch die neuen Endungen seien als technische Ergänzung zu sehen und seien zur Beurteilung der Ähnlichkeit oder Identität nicht zu berücksichtigen. Damit entspreche der Domain-Name der Marke und das erste Element des Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy-Verfahrens sei gegeben. Bei der Frage, nach einem Recht oder berechtigtem Interesses des Gegners an der Domain gingen die Meinungen allerdings auseinander. Einig war man sich noch, dass die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis erbracht habe, dass der Gegner nicht von ihr legitimiert sei und unter der Domain nicht bekannt sei. Doch Alexiev und Barbero fanden, dass der Gegner keine validen Nachweise für sein Projekt vorgelegt habe. Sie nahmen an, dass ein solches Projekt im Vorfeld für zahlreiche Dokumente sorgen würde, Marketingkonzepte, Geschäftspläne, Finanzierungspläne oder einfach interne Korrespondenz dazu. Doch solches habe der Gegner nicht vorgelegt. Was er nachgewiesen habe, sei seine existierende App, die den Namen BLU trage; aber eine Verbindung zur neuen Rosetta Stone-App ergäbe sich daraus nicht. Alexiev und Barbero fragten sich deshalb, was die wahren Motive des Gegners bei der Registrierung der Domain seien, wo die vorgebrachten Erklärungen nicht überzeugten. Das Interesse für die Domain unter .app sei nachvollziehbar, aber andererseits sei klar, dass die Beschwerdeführerin unter Google Play und im Apple App Store ihre »Rotetta Stone«-App anbiete. Der Gegner streite auch nicht ab, dass ihm das und die Marke der Beschwerdeführerin bekannt gewesen seien, als er die Domain registrierte. Auch wenn für ihn die Marke der Beschwerdeführerin nicht das Ziel war, so fragt sich doch, ob er sich als professioneller Softwareentwickler, der an einer App arbeitet, die er Rosetta Stone nennen und unter der Domain rosettastone.app und auf den App-Stores von Google und Apple vertreiben wolle, nicht der hohen Verwechslungsgefahr und des möglichen unfairen Wettbewerbs bewusst war. Das alles sah für Alexiev und Barbero nicht nach gutgläubigen Handeln aus, weshalb sie ihm ein Recht oder legitimes Interesse an der Domain absprachen. Alle diese Gründe führten die beiden Entscheider auch als Hinweis auf die Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung der Domain an. Man könne nicht ausschließen, so Alexiev und Barbero, dass der Gegner sich dagegen entschieden habe, seine wahren Beweggründe zu offenbaren, da diese seine Position im Verfahren verschlechtert hätten. All diese Gesichtspunkte ließen Alexiev und Barbero annehmen, der Gegner habe keine Nachweis für eine gutgläubige Nutzung der Domain erbracht, weshalb sie von der bösgläubigen Nutzung ausgingen. Sie sahen damit alle Voraussetzungen der UDRP erfüllt und sprachen sich für die Übertragung der Domain rosettastone.app auf die Beschwerdeführerin aus.

Dem schloss sich Neil Anthony Brown nicht an. Stattdessen beklagte er sich über die schlechte Arbeit der Kollegen, prüfte die Sache komplett selbst und legte dar, warum er die Beschwerde zurückweisen würde. Den Ausgangspunkt nimmt er am Begriff »Rosetta Stone« selbst, der in den allgemeinen Sprachgebrauch jeder Sprache falle und allen gehöre. Dabei sei zwischen der Bedeutung und dem tatsächlichen Rosetta Stone zu unterscheiden. Die Erklärung, die der Gegner vorgebracht habe, falle leichthin in den allgemeinen Bedeutungsrahmen des Domain-Namens. Die Mehrheit des Gremiums habe sich dennoch entschieden, dem Gegner seine Domain zu nehmen, aber nicht aufgrund von Rechtsverletzungen, oder weil jemand fehlgeleitet oder irregeführt wurde. Begründet wurde das sogar ausdrücklich damit, dass es keinen direkten Beweis für solche Ziele des Gegners gäbe. Das hätte die Mehrheit des Gremiums aber beim Worte nehmen müssen: wenn es keinen direkten Beweis für rechtswidrige Ziele gibt, so meint das, es gibt keinen Beweis dafür. Die Entscheidung der Mehrheit des Gremiums fuße, so Brown sinngemäß, allein auf Vermutungen. Aber nichts davon seien Beweise.

Brown kommt zu dem Schluss, die Beschwerdeführerin sei Inhaberin einer Marke und die Domain des Gegners mit dieser identisch, er sei aber der Meinung, aufgrund der vorliegenden Beweise sei der Gegner berechtigter Inhaber der Domain rosettastone.app und er habe sie weder bösgläubig registriert noch genutzt. Die Marke der Beschwerdeführerin schütze sie lediglich vor der Nutzung des Begriffs in der von ihr genutzten Bedeutung. Sie unterbinde jedoch nicht andere Verwendungen desselben Ausdrucks, insbesondere nicht, wenn jemand anderes nachweist, ein Recht oder ein berechtigtes Interesse an der Domain zu haben, wie der Gegner. Im Hinblick auf seine Berechtigung an der Domain rosettastone.app reiche seine Erklärung, an einer App zu arbeiten, die Tauchern helfe, das Unbekannte des Ozeans aufzudecken und ihnen ermögliche, Tauchgänge sicher und richtig zu lokalisieren, zu überwachen und zu planen, als Nachweis aus. Man könne zwar nicht 100-prozentig sicher sein, aber sein Vortrag sei nachvollziehbar und das reiche völlig aus. Es sei nachvollziehbar, das der Gegner, ein professioneller Taucher, an einem solchen Projekt arbeite und dieses durch moderne Kommunikationsmittel zu unterstützen versuche. Dieses Projekt lasse sich leicht unter die allgemeine Bedeutung des Ausdrucks »Rosetta Stone« einordnen. Der Vorläufer dieses Projekts sei bereits aktiv und liste 7.000 Geschäfte in der entsprechenden App. Irgendwelche bösen Absichten gegen die Beschwerdeführerin oder eine Irreführung der Gemeinschaft seitens des Gegners seien nicht ersichtlich. All diese Aktivitäten und die Nutzungsabsicht des Gegner halten sich im Rahmen der Bedeutung des Ausdrucks »Rosetta Stone« und anderer Verwendungen desselben, ohne die Grenzen der Aktivitäten der Beschwerdeführerin zu überschreiten. Der Gegner nutze die Domain nicht für Übersetzungs- und Sprachlernsoftware und zeige auch keine Anzeichen dafür, sie so nutzen zu wollen. Damit ging Brown von einem berechtigen Interesse des Gegners an der Domain rosettastone.app aus. Auch im Hinblick auf die Bösgläubigkeit vermochte Brown der Mehrheit des Gremiums nicht zu folgen, berief sich auf das bereits vorher schon von ihm festgestellt und unterstrich, dass, da der Gegner berechtigt war, die Domain zu registrieren, er sie gar nicht bösgläubig registrieren konnte. Zudem spräche alles dafür, dass er die Domain aktiv zu einem rechtmäßigen Zweck nutzen wolle. Aus diesen Gründen liege also auch keine Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners vor.

Brown erwies sich einmal mehr als scharfer Beobachter und streitbarer Entscheider. Im Rahmen seiner Gegendarstellung verwies er gleich noch auf einen aktuellen Artikel von Domain-Anwalt Gerald M. Levine, der sich dem Thema »Allgemeine Begriffe und Domain« widmet unter dem Titel: »Dictionary Words Alone or Combined Functioning as Trademarks Are No Less Dictionary Words«. Etwas überrascht über den Ausgang des Verfahrens kann man zudem sein, da Assen Alexiev von Domain-Anwalt Howard Neu eigentlich als »gegnerfreundlich« eingeschätzt wird.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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