UDRP

Reverse Domain Name Hijacking gegen OBO Bettermann im Streit um obo.com

Die deutsche OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG ging gegen den Inhaber der Domain obo.com vor der WIPO vor. Im Verfahren wurde deutlich, dass der Gegner die Domain knapp 20 Jahre ordentlich nutzte und bei einer Anfrage von Mitarbeitern der OBO Bettermann den Verkauf der Domain obo.com ablehnte. Am Ende bestätigte das mit drei Fachleuten besetzte WIPO-Panel ein Reverse Domain Name Hijacking.

Die OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG ist eine Unternehmensgruppe, die im Bereich der Elektro- und Gebäudeinstallationstechnik tätig und Inhaberin zahlreicher Marken »OBO« ist, darunter eine EU-Marke und einer US-Marke, die beide 1999 eingetragen wurden. Der Konzern nutzt vornehmlich die Domains obo.de und obo-bettermann.com. In seiner Beschwerdeschrift teilt er gegenüber WIPO allerdings mit, vornehmlich im B2B-Bereich tätig zu sein, weshalb man erst jetzt erkannt hätte, dass die Domain obo.com existiert. Diese werde nicht genutzt, der Gegner, der sich eines Privacy Service bediene, um seine Identität zu verschleiern, müsse die Domain in Kenntnis der OBO-Marken registriert haben, um sie an den Konzern zu verkaufen. Gegner ist der US-Amerikaner Darren Dittrich, der zugleich President von sell.com ist. Er erklärt, die Domain im April 2000 registriert zu haben; die Marke und der Beschwerdeführer sei ihm gänzlich unbekannt gewesen. Er habe die Domain als Akronym von »Or Best Offer« registriert und sie von 2002 an bis Anfang 2021 zur Weiterleitung auf das Angebot sell.com genutzt. Danach habe man die Domain behalten, weil sie als Drei-Zeichen-Domain und Akronym für sich attraktiv und vielseitig einsetzbar ist. 2017 hätten sich zwei Mitarbeiter des Beschwerdeführers gemeldet, die die Domain obo.com kaufen wollten. Diesen habe man mitgeteilt, die Domain stehe grundsätzlich nicht zum Verkauf, aber wenn sie ein angemessenes Angebot im 6- bis 7-stelligen US-Dollar Bereich abgäben, würde man sich das überlegen. Darauf wäre keine Antwort mehr gekommen. Er beantragte ein Reverse Domain Name Hijacking festzustellen. In einer Replik teilte der Beschwerdeführer mit, die beiden Angestellten hätten die Anfrage zum Kauf der Domain selbständig ohne Direktive und Wissen der Geschäftsleitung gestellt.

Das WIPO Panel war besetzt mit dem italienischen Juristen und Lehrbeauftragten Edoardo Fano als Vorsitzenden und Prof. Dr. Thomas Hoeren und dem britischen Juristen Nick J. Gardner als Beisitzer. Das Trio wies die Beschwerde von OBO Bettermann ab und bestätigte das Vorliegen eines Reverse Domain Name Hijacking (WIPO Case No. D2023-3915). Die Ähnlichkeit von Marke und Domain bestätigte das Panel. An der Frage, ob ein Recht oder berechtigtes Interesse des Gegners an der Domain besteht, scheiterte der Beschwerdeführer. Schon beim Vortrag des Beschwerdeführers hinsichtlich des Anscheinsbeweises war das Panel skeptisch. Der Vortrag des Gegners überzeugte hingegen: Dass die Wahl auf die Domain obo.com wegen des Akronyms für »Or Best Offer« fiel und die Domain zig Jahre tatsächlich für ein ordentliches Angebot von Waren und Dienstleistungen genutzt wurde; dass die Domain darüber hinaus ihres Wertes als attrackive Drei-Zeichen-Domain und nicht etwa wegen der Marken des Beschwerdeführers genutzt wurde und registriert gehalten wird. Bei alle dem verwies das Panel jeweils auf Regeln im WIPO Overview 3.0. Das Panel stellte schließlich fest, das keine Nachweise darauf hindeuten, dass der Gegner mit der Domain auf den Beschwerdeführer zielte. Auch bei der Frage der Bösgläubigkeit des Gegners fand das Panel nichts, was gegen ihn spricht. Die vom Beschwerdeführer angesprochenen Anzeichen für die Bösgläubigkeit: Nutzung eines Privacy Services, fehlende derzeitige Nutzung der Domain und Registrierung nur, um sie zu verkaufen, fand das Panel nicht bestätigt. Der Gegner habe überzeugend vorgetragen, dass er die Marke des Beschwerdeführers bei Domain-Registrierung im Jahr 2000 nicht kannte. Das werde vom Vortrag des Beschwerdeführers unterstützt, der selbst erklärte, vor dem Versuch 2017, die Domain zu kaufen, habe das Internet für ihn kaum eine Rolle gespielt, da man ausschließlich im B2B Bereich tätig sei. Weiter spreche nichts dafür, dass der Gegner mit der Domain darauf zielte, Gewinne aus der Marke des Beschwerdeführers zu ziehen oder sie auszunutzen. Er benutze die Domain beinahe 20 Jahre ausschließlich im Zusammenhang mit einem Onlinemarktplatz für Kleinanzeigen. Als 2017 die Kaufanfrage vom Beschwerdeführer kam, erklärte der Gegner, dass die Domain nicht zum Verkauf stehe, dass er aber unter Umständen, bei einem 6 bis 7-stelligen Angebot, dieses überdenken werde. Bösgläubigkeit sei damit auf Seiten des Gegners nicht erkennbar, weshalb der Beschwerdeführer auch in diesem Punkt der UDRP nicht erfüllt habe.

Daraufhin prüfte das Panel Reverse Domain Name Hijacking (RDNH), was es bestätigte. Der Beschwerdeführer wußte oder hätte wissen müssen, dass es keine Beweise für die Bösgläubigkeit des Gegners gegenüber dem Beschwerdeführer gab, was den Vorwurf, der Gegner ziele gegen den Beschwerdeführer hochgradig unwahrscheinlich mache. Außerdem erhöht sich die Bestätigung eines RDNH-Vorwurfs, wenn der Versuch, eine Domain zu kaufen scheitert, und man sie in der Folge über ein UDRP-Verfahren zu erlangen versucht. Genau so stellte sich hier das Vorgehen des Beschwerdeführers dar, weshalb das Panel das RDNH bestätigte. In der Folge wies es die Beschwerde ab und bestätigte, dass die Domain obo.com beim Gegner verbleibt.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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