UDRP

MX Technologies Inc. unterliegt im Streit um die Transliterations-Domain ᴍx.com

Ein US-amerikanischer Finanzdienstleister sah seine Markenrechte durch eine »transliterarisierte« Domain verletzt. Die Domain ᴍx.com (xn--x-x6l.com) sah der Marke »MX« und der Domain mx.com zum Verwechseln ähnlich. In einem UDRP-Verfahren scheiterte der Finanzdienstleister allerdings.

Die MX Technologies Inc. aus den USA sah ihre Rechte durch die internationalisierte Domain ᴍx.com (xn--x-x6l.com) verletzt. MX ist ein Technologieunternehmen, das Finanzinstituten und Finanztechnologieunternehmen Software und Backend-Softwaredienstleistungen zur Verfügung stellt, um ihren Endnutzern dabei zu helfen, ihre jeweiligen Transaktionen zu budgetieren, zu verwalten und persönliche Schulden zurückzuzahlen. Früher nannte es sich MoneyDesktop, 2014 firmierte es in MX um. Das Unternehmen ist Inhaberin einer 1994 und einer 2016 (in anderen Markenklassen) eingetragenen US-Marke »MX«. In einem vor der WIPO gestarteten UDRP-Verfahren trägt sie unter anderem vor, sie nutze die eigene Domain mx.com seit September 2014; sie habe 1.800 Klienten und über 26 Millionen Nutzer, die ihre Geldangelegenheiten auf ihrer Plattform abwickelten. Die im März 2019 registrierte Domain ᴍx.com stelle eine Transliteration ihrer Marke in einen Zeichensatz dar, der nicht aus ASCII-Zeichen oder lateinischen Buchstaben bestehe, aber ihre Marke und ihre Domain mx.com kopiere. Im März 2019 habe ein Kunde in einem Sicherheitsscan das Potenzial der Domain für verdächtige Aktivitäten bemerkt und sie darüber informiert. Daraufhin habe man gleich den Inhaber, einen Privacy-Anbieter, per eMail kontaktiert, jedoch keine Antwort erhalten. Die Domain könne zum Zwecke des Missbrauchs, der Ausnutzung und Zerstörung ihres Geschäftsmodells genutzt werden; dafür spreche unter anderem die Nutzung eines Privacy-Services. Der Gegner, auf den die Domain im Mai 2019 übertragen wurde, nahm nicht offiziell zur Sache Stellung, sandte aber eine eMail, in der er auf Spanisch erklärte, dass er nicht mehr Inhaber der Domain sei und seine Kreditkarte, mit der er für die Domain bezahlt habe, gekündigt worden sei. Später teilte er – wieder auf Spanisch – mit, der Registrar habe ihm geschrieben, dass er keine Erlaubnis mehr habe, die Domain zu nutzen. WIPO setzte den brasilianischen Rechtsanwalt Wilson Pinheiro Jabur als Entscheider ein.

Jabur kam zu dem Ergebnis, dass derzeit kein Anzeichen für ein bösgläubiges Verhalten des Gegners des UDRP-Verfahren ersichtlich sei und wies die Beschwerde von MX zurück (WIPO Case No. D2019-1241). Unter Verweis auf die WIPO Jurisprudential Overview 3.0, Section 1.14, in der das Thema »Transliteration« abgehandelt wird, stellte Jabur die Identität von Marke und Domain fest. Bei einer Transliteration handelt es sich um eine buchstabengetreue Übertragung von Wörtern aus einer Schrift in eine andere. Im WIPO-Overview heißt es sinngemäß: Ein Domain-Name, der aus einer Übersetzung oder Transliteration einer Marke besteht oder diese beinhaltet, wird in der Regel als identisch oder verwirrend ähnlich zur Marke angesehen, soweit diese – oder ihre Variante – erkennbar ist. Jabur verwies in dem Fall auf die optische Ähnlichkeit.

Ein Recht oder berechtigtes Interesse des Gegners an der Nutzung der Domain ᴍx.com vermochte Jabur nicht festzustellen: Formell habe der Gegner keine Stellung bezogen. In seiner informellen eMail erkläre er nicht die Wahl der Domain und die Zwecke, für die er sie einsetzen wollte, sondern beschreibe den Verlust der Domain und seiner Kreditkarte, was angesichts des Umstands, dass die Beschwerdeführerin ein Finanztechnologieunternehmen und ein potentielles Ziel für betrügerische Aktionen sei, fasziniere. Davon abgesehen helfe dem Gegner auch die über die Domain erreichbare Website nicht weiter: auf der seien Charaktere und Sternzeichen dargestellt; sie unterstreiche jedoch nicht, dass er ein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain habe.

Schließlich wandte sich Jabur der Frage der Bösgläubigkeit zu und stellte fest: Die Beschwerdeführerin stütze sich auf die eMail eines Kunden, der eine »suspicious email domain« (verdächtige eMail-Domain) erkannt habe, und verweise auf bekannte, ähnlich gelagerte Fälle, bei denen solche Domains für betrügerische Rechnungen oder zu „Social Engineering“ missbraucht wurden. Aus Jaburs Sicht seien das lediglich mögliche Risiken; aber daraus ergäben sich für die Domain aktuell keine Hinweise, dass sie derzeit zu solchen zwielichtigen Zwecken genutzt werde. Der Gegner habe zwar keinen Nachweis dafür erbracht, dass er die Domain aktuell oder zukünftig berechtigterweise nutzt oder nutzen werde. Zudem bestünden andere Punkte, die gegen den Gegner sprächen, wie die Nutzung eines Privacy-Service, die Behauptung, die Domain nicht mehr unter Kontrolle zu haben, die gekündigte Kreditkarte und die Möglichkeit, die Domain gegen die Beschwerdeführerin als Ziel für Betrugsaktionen zu nutzen. Jedoch gäbe es zur Zeit keinen Nachweis, dass der Gegner einen Markeninhaber wie die Beschwerdeführerin bei der Registrierung der Domain ins Auge gefasst hatte, noch gäbe es Beweise für einen aktuelles Betrugsszenario, das mit der Domain ausgeführt werde und die Beschwerdeführerin zum Ziel hätte. Damit habe die Beschwerdeführerin keinen Nachweis für die Bösgläubigkeit des Gegners erbracht, weshalb sie das 3. Element des UDRP-Verfahrens nicht erfüllt habe. Aus diesem Grund wies Jabur die Beschwerde zurück, räumte aber ein, sollten sich Betrugsaktionen im Zusammenhang mit der Domain ᴍx.com (xn--x-x6l.com) ergeben, könne ein neues UDRP-Verfahren gestartet werden.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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