UDRP

Missbrauch einer eMail-Adresse hilft nicht beim Streit um die Domain visasdept.com

Die VFS Global Services PLC wagte sich an ein UDRP-Verfahren nicht etwa, weil die Domain visasdept.com ihrer Marke zum Verwechseln ähnlich wäre, sondern wegen einer unter der Domain genutzten eMail-Adresse.

Das britische Unternehmen VFS Global Services PLC gehört zur VFS Group, die ursprünglich auf der 2001 gegründeten »Fastrac Visa Facilitation Services Pvt Ltd« beruht. Diese weltweit agierende Unternehmensgruppe ist spezialisiert auf die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einreichung und Bearbeitung von Visumsanträgen. Sie verfügt über enge Kontakte mit 66 Regierungen in 144 Ländern und betreibt mehr als 3.500 Visa-Antragszentren. Online ist sie unter der 2005 registrierten Domain vfsglobal.com zu finden. Die VFS Group ist Inhaberin zahlreicher Wort- und Wort-/Bild-Marken wie »VFS«, »VFS GLOBAL« und »VFS.GLOBAL EST. 2001«. Gegner ist der US-Amerikaner David Killam, der die Domain visasdept.com im März 2022 registrierte. Die Domain löst zu keiner Website auf. Die VFS Global Services PLC wandte sich an die WIPO und startete ein UDRP-Verfahren, da der Gegner die Domain visasdept.com nutzt, um unter der Adresse vfsglobal@visasdept.com betrügerische eMails zu versenden, um Visums-Gebühren einzutreiben. Der Gegner schwieg sich im Rahmen des UDRP-Verfahrens aus.

Als Entscheider kam der australische Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte Warwick A. Rothnie zum Zug, der die Beschwerde bereits bei der ersten Voraussetzung scheitern lassen musste (WIPO Case No. D2022-3969). Er ging umfänglich auf die Frage der Ähnlichkeit oder Identität von Marke und Domain ein. Er stellte in der ersten Stufe der Prüfung fest, dass die Beschwerdeführerin nachgewiesen habe, Inhaberin der Marken »VFS GLOBAL« und »VFS.GLOBAL EST. 2001« zu sein. Aufgrund der Nutzung ihrer Domain vfsglobal.com ergäbe sich zudem, dass sie diese als unregistrierte Marke etabliert habe. Die zweite Stufe der Prüfung erfordere lediglich einen visuellen und akustischen Vergleich des strittigen Domain-Namens mit den nachgewiesenen Marken. Diese Prüfung sei enger gefasst als die Frage der Verwechslungsgefahr im Markenrecht, und unterscheide sich von dieser. Daher seien Fragen wie der Umfang der Markenrechte, der geographische Standort der jeweiligen Partei und andere Erwägungen, die für die Beurteilung einer Markenrechtsverletzung von Bedeutung sein können, in diesem Stadium nicht relevant. Die Beschwerdeführerin behauptet, die eMail-Adresse vfsglobal@visasdept.com des Gegners stifte Verwirrung und werde mit ihr in Verbindung gebracht. Weiter behauptet die Beschwerdeführerin, der Gegner nutze die Domain visasdept.com zusammen mit dem eMail-Postfach »vfsglobal« für betrügerische eMails, womit sie der Domain vfsglobal.com zum Verwechseln ähnlich ist. Rothnie erkannte die naheliegende Verwechslung der eMail-Adresse des Gegners mit einer möglichen eMail-Adresse der Beschwerdeführerin an und akzeptierte, dass es so aussieht, als nutze der Gegner die eMail-Adresse für betrügerische Zwecke. Leider aber, so Rothnie, betreffe die UDRP missbräuchliche Domain-Registrierungen und nicht eMail-Adressen. Die strittige Domain visasdept.com müsse den Marken der Beschwerdeführerin zumindest zum Verwechseln ähnlich sein. Auch wenn man die Endung .com außer Acht lasse, sei es im Streitfall unmöglich, die Marken der Beschwerdeführerin im Zeichen »visasdept« zu erkennen; weder sieht es so aus, noch klingt es wie »VFS Global«.

Rothnie führt weiter aus, dass in vergleichbaren Fällen wie im Streit der »Bank for International Settlements« um die Domain bisonlinedept.com (WIPO Case No. D2003-0987) es immer nur um die Ähnlichkeit der Domain mit der Marke ging. Auch sei er sich bewusst – unter Verweis auf WIPO Overview 3.0 (dort Ziffer 1.15.) –, dass es in Zweifelsfällen legitim sein könne, auf die Website des Beschwerdegegners zu verweisen, um festzustellen, ob der Gegner die Marke der Beschwerdeführerin angreife. Doch auch in solchen Fällen ging es um Domains, die Ähnlichkeit mit der jeweiligen Marke aufwiesen. Dass sei hier nicht der Fall, mit Ausnahme des Buchstabens »v« in den Marken der Beschwerdeführerin, der für den Begriff »visa« stehe. Die Beschwerdeführerin mache auch geltend, Rechte an der Bezeichnung „visa department“ oder »visas department« zu haben. Aber selbst wenn man den offensichtlich betrügerischen Charakter der eMail-Adresse des Gegners berücksichtige, sei »visa department« oder »visas department« ein beschreibender Begriff, für den die Beweise der Beschwerdeführerin nicht belegen, dass sie dafür Verkehrsgeltung (»secondary meaning«) erlangt hat. Rothnie stellt – wie er schreibt – mit großer Zurückhaltung fest, dass die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen habe, dass die strittige Domain ihren Markenrechten zum Verwechseln ähnlich ist. Aus diesem Grunde müsse die Beschwerde scheitern. Rothnie wies damit die Beschwerde ab.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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