UDRP

Kurioser Streit eines Crossfit-Unternehmens um f45.com

WIPO-Panelist Tony Willoughby hatte dieses Mal einen besonderen UDRP-Fall vorliegen: Ein australischer Crossfit-Studio-Konzern ging gegen den ukrainischen Inhaber von f45.com vor, nachdem dieser darum gebeten hatte. Sein kurioser Vorschlag: ich melde mich nicht im Verfahren und ihr zahlt US$ 10.000,–, wenn ihr erfolgreich seid.

Die F45 Training Pty Ltd mit Sitz in Australien und vier weitere F45-Tochterunternehmen aus USA, Singapur, Irland und Kanada, die zu einem Fitnessstudio-Franchise gehören, sind alle Inhaber entsprechender »F45«-Marken. Sie wandten sich an den Inhaber der Domain f45.com, einem Ukrainer, der die Domain vermutlich im Frühjahr 2017 von einem Dritten erworben hat. Auf eine Kaufanfrage vom Mai 2017 erklärte dieser, er verkaufe die Domain für US$ 15.000,–. F45 Training bot sodann in einer eMail vom 21. Mai 2017 US$ 12.500,– für die Domain. Ende Mai meldete sich F45 Training wieder beim Domain-Inhaber und zeigte sich mit US$ 15.000,– einverstanden. Seitens des Domain-Inhabers erfolgte keine Reaktion, so dass sich F45 Training im Juni nochmals bei ihm erkundigte. Er meldete sich am 15. Juni 2017 und erklärte, er habe zur Zeit keinen Zugriff auf seine Domains bei seinem Registrar. Er müsse einen Anwalt einschalten, um das zu klären, habe aber nicht ausreichend Geld, weshalb er F45 Training bat, ein UDRP-Verfahren um die Domain f45.com zu führen. Wenn dieses erfolgreich sei, gebe er die Domain für US$ 10.000,– ab. Am Ende seiner eMail gestand er ein, das sei eine verrückte Idee, aber das sei, was er zur Zeit anbieten könne, ehe er nicht Zugriff auf seinen Domain-Account habe. Gerne lege er seinen Pass vor und unterzeichne einen entsprechenden Vertrag. Daraufhin schoben die F45-Unternehmen ein UDRP-Verfahren bei der World Intellectual Property Organization (WIPO) an und trugen diese Vorgeschichte vor. Zudem erklärten sie, die Domain sei ihrer Marke zum Verwechseln ähnlich, der Gegner habe kein Recht und kein berechtigtes Interesse an der Domain f45.com, und er habe sie bösgläubig registriert und genutzt. Der Gegner nahm zur Sache nicht Stellung. Als UDRP-Entscheider wurde der walisische Jurist, Berater und Mediator Tony Willoughby benannt.

Willoughby prüfte die Sache ausgiebig und wies die Beschwerde der F45 Training zurück, vermochte jedoch auch kein Reverse Domain Name Hijacking festzustellen (WIPO-Case No. D2017-1592). Willoughby zeigte kein Verständnis dafür, dass gleich alle fünf F45-Unternehmen diese Beschwerde eingereicht hatten. Er bezog sich in seiner Entscheidung lediglich auf das australische Mutterunternehmen. Dass Domain und Marke sich zum Verwechseln ähnlich sind, stand außer Frage. Die Beschwerdeführerin habe versucht, herauszufinden, ob der Domain-Inhaber Rechte an der Domain oder berechtigte Interessen an ihr habe, jedoch habe sie keine gefunden. Er habe die Domain f45.com weiter nicht genutzt und sei unter ihrem Namen auch nicht bekannt. Für Willoughby sprach alles dafür, dass der Gegner ein Domainer ist, auch wenn er lediglich 15 Domains hielt. Doch keine der Domains nutze er wirklich; es gäbe keinen Hinweis darauf, zu welchem Zwecke er die Domain f45.com, die der Marke der Beschwerdeführerin gleiche, gekauft habe. Unter diesen Umständen und weil der Gegner nicht Stellung genommen habe, ging Willoughby davon aus, dass der Gegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain f45.com hat.

Bei der Frage der Bösgläubigkeit kam Willoughby indes zur Überzeugung, dass der Gegner, der in der Urkaine lebt, die Marke der Beschwerdeführerin nicht gekannt hat. Die Beschwerdeführerin sitzt in Australien und hat 698 Fitness-Studios in 13 Ländern, darunter die USA, Kanada und Großbritannien. In Großbritannien gibt es 25 Standorte und obgleich Willoughby dort lebt, war ihm die Marke nicht bekannt. Aus Sicht von Willoughby überbewerte die Beschwerdeführerin ihre Bekanntheit. In der Ukraine hat F45 keinen Standort. Es spreche nichts dafür, dass der Gegner von der Beschwerdeführerin und ihrer Marke wusste, als er die Domain f45.com kaufte. Die Beschwerdeführerin vermute, der Gegner habe sicher eine Suchmaschinenabfrage hinsichtlich »F45« gemacht und darum von ihr gewusst. Jedenfalls für Großbritannien bestätigte Willoughby, dass diese Suche zu einem Ergebnis führt, in dem auch die Beschwerdeführerin angezeigt wird; doch wie das Suchergebnis in der Ukraine aussehe, könne er nicht beurteilen. Auch der Vorwurf, der Gegner habe die Endung .com und nicht die ukrainische Länderendung .ua für die Domain gewählt, was den überzeugenden Schluss auf seine Bösgläubigkeit zuließe, verfing bei Willoughby nicht. Die Domain habe bereits existiert, also kaufte der Gegner sie vom Vorinhaber und schuf nicht eine neue Domain. Und allein von der Domain-Endung auf die Bösgläubigkeit zu schließen, sei gänzlich abwegig. Als der Gegner die Domain kaufte, dürfte ihm klar gewesen sein, dass er sie von einem Photografen erwarb, der sie über Jahre problemlos genutzt hatte und dass f45.com auf ein Merkmal von Kameras verweist und nicht notwendigerweise auf die Beschwerdeführerin. Vielmehr dürfte es sehr viele Verweise geben, die sich aus dem Zeichen »F45« ableiten lassen. Die Unterscheidungskraft der Marke der Beschwerdeführerin reiche zudem nicht aus, die Nutzung des Zeichens durch Fotografen oder Pharmaunternehmen zu unterbinden. Auch der Vorwurf, der Gegner habe die Domain allein dazu registriert, um sie an die Beschwerdeführerin zu verkaufen, greife nicht. Die Beschwerdeführerin will ein bestimmtes Muster erkannt haben, demnach der Gegner seine 15 Domains registriert habe, um sie an australische Markeninhaber zu verkaufen. Für Willoughby war ein solches Muster aber nicht erkennbar, genausowenig wie, dass die Domains zum Verkauf stünden. Es sei auch nicht erkennbar, dass sie Marken entsprechen. Dass der Gegner auf die Verkaufsanfrage der Beschwerdeführerin eingegangen ist, spreche auch nicht gegen ihn. Die Beschwerdeführerin habe in der Korrespondenz mit dem Gegner nie irgendwelche Rechtsverletzungen geltend gemacht oder dass der Gegner die Domain unberechtigterweise registriert halte. Der geforderte Preis von US$ 15.000,– sei für eine Drei-Zeichen-Domain auch keineswegs überzogen. Weiter gebe das Verhalten der Beschwerdeführerin keinen Hinweis darauf, dass sie als Markeninhaberin mit einem Cybersquatter verhandelte. Schließlich gebe der Vorschlag des Gegners, ein UDRP-Verfahren einzuleiten und dann für die erfolgreiche Übertragung der Domain US$ 10.000,– zu erhalten, keinen Hinweis darauf, warum die Beschwerdeführerin tatsächlich das UDRP-Verfahren führt. Sie könnte auch unabhängig von diesem Vorschlag das Verfahren angestrengt haben. Nach alle dem habe die Beschwerdeführerin, nach Willoughbys Verständnis, nicht bewiesen, dass der Gegner bei Registrierung und Nutzung der Domain f45.com bösgläubig gehandelt habe.

Die Umstände ließen Willoughby jedoch noch prüfen, ob nicht ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking vorliegt. Doch konnte er hier keine Anhaltspunkte für den Missbrauch des UDRP-Verfahrens durch die Beschwerdeführerin erkennen. Somit entschied er, dass die Domain f45.com beim Inhaber verbleibt.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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