UDRP

Infineon scheitert im Streit um yinfineom.com an der Wahl der Verfahrenssprache

Infineon startete ein UDRP-Verfahren vor dem National Arbitration Forum (NAF) wegen zweier Vertipper-Domains, die ein Chinese bei chinesischen Registraren registriert hat. Das Verfahren sollte auf Wunsch von Infineon in Englisch geführt werden, jedoch reichten die Gründe dafür nicht aus, ein faires Verfahren zu begründen. Das Panel wies die Beschwerde zurück.

Die Infineon Technologies AG sah ihre Markenrechte an der Marke »Infineon« durch die Domains yinfineom.com und infineom.com verletzt. Sie startete ein UDRP-Verfahren vor dem NAF und beantragte neben der Übertragung der Domains auf sich auch, dass das Verfahren in englischer Sprache geführt werde. Die beiden Domains sind auf Grundlage von chinesischsprachigen Registrierungsverträgen jeweils über chinesische Registrare registriert. Zur Begründung führte die Beschwerdeführerin an, der Gegner sei zumindest soweit mit der englischen Sprache vertraut, als er die Marke »Infineon« für die Registrierung zweier Vertipper-Domains leicht abändern konnte. Zudem würde sich das Verfahren deutlich verzögern und andernfalls unnötige Kosten verursacht werden, da die Beschwerdeführerin kein Chinesisch spreche. Der Gegner meldete sich nicht zur Sache. Als Panelist wurde Charles A. Kuechenmeister berufen.

Kuechenmeister sorgte für eine schnelle und kurze Entscheidung: schon beim Antrag auf die Wahl der englischen Sprache ließ er das Verfahren enden und wies die Beschwerde von Infineon zurück (NAF Claim Number: FA1909001860700). Kuechenmeister stellte fest, dass beiden Domains Registrierungsverträge und –bedingungen in chinesischer Sprache zugrunde liegen. Grundsätzlich sei ein UDRP-Verfahren in der Sprache des Registrierungsvertrages zu führen. Ausnahmen sind möglich, wenn vertretbare Gründe vorliegen. Hier beantragte die Beschwerdeführerin Englisch als Verfahrenssprache, weil die registrierten Domains Vertipper der englischsprachigen Marke der Beschwerdeführerin darstellen. Das verleitete sie zur Annahme, der Gegner verfüge über ausreichend Englischkenntnissen, und der Umstand, das man selber kein Chinesisch spreche, reichten als Gründe für ein Verfahren in englischer Sprache aus. Andere Panels haben, so Kuechenmeister, für die Entscheidung der Sprachwahl als wesentliche Faktoren herangezogen, ob der Gegner die andere Sprache versteht, die Sprache des Domain-Namens und des Inhalts der Website, frühere Korrespondenz zwischen den Parteien und mögliche Unfairness oder ungerechtfertigte Verzögerung durch die Pflicht der Beschwerdeführerin zur Übersetzung. Die Entscheidung hinsichtlich der Verfahrenssprache dürfe jedenfalls keine der Parteien benachteiligen, so Kuechenmeister. Er fährt fort, Bequemlichkeit und Kosten seien wichtige Faktoren bei der Entscheidung über die Verfahrenssprache, doch von überragender Bedeutung sei die grundsätzliche Fairness. Von einer Partei zu verlangen, ein Verfahren in einer Sprache zu führen, die sie nicht ausreichend beherrscht, um gegen Vorwürfe zu argumentieren und sich angemessen zu verteidigen, sei einfach nicht fair. Hier seien die Registrierungsverträge auf Chinesisch geschlossen, und ohne gute Gründe, die dagegen sprechen, sollte das Verfahren auf Chinesisch geführt werden. Die Beschwerdeführerin habe zur Begründung der Sprachwahl lediglich vorgetragen, der Gegner sei in der Lage gewesen, Vertipper-Domains mit subtiler Abweichung von ihrer Marke zu registrieren. Der Text der Website, die beide Domains öffnen, sei beinahe ausschließlich auf Chinesisch verfasst, bis auf gängige Marken und Unternehmensnamen wie Mitsubishi, SanRex, Fijitsu und ein paar arabische Zahlen. Es gäbe keine weiteren Hinweise auf Englischkenntnisse beim Gegner. Die Fähigkeit, ein einzelnes Wort in leicht abweichenden Versionen zu verändern, sei kein Beweis für ausreichende Sprachkenntnisse, die die Partei dazu befähige, an einem solchen Verfahren sinnvoll und effektiv teilzunehmen. Der Gegner habe den Hinweis auf das Verfahren in englischer und chinesischer Sprache übersandt bekommen, aber das reiche alles in allem nicht aus, das gesamte Verfahren auf Englisch fortzuführen. Aus diesen Gründen entschied Kuechenmeister, die Beschwerdeführerin sei beim Antrag auf die Verfahrenssprache in Englisch gescheitert. Damit wies Kuechenmeister die Beschwerde von Infineon zurück, ließ dem Unternehmen aber die Option offen, im Falle, es liefere weitere Gründe für ein Verfahren auf Englisch, oder es starte das Verfahren auf Chinesisch, ein neues Verfahren anzustrengen.

Die Frage der Sprachwahl hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Doch eine solche Entscheidung, bei der das UDRP-Verfahren bereits an diesem Antrag scheiterte, sehen wir zum ersten Mal. Das ist ein neues, beachtenswertes Merkmal für zukünftige Beschwerden. Da immer mehr Entscheidungen sich auch mit Cybersquatting vom chinesischen Markt her auseinandersetzen, erscheint es wichtig, für die unterschiedlichen Verfahrenssprachmöglichkeiten offen zu bleiben. Dass Infineon mittlerweile ein neues UDRP-Verfahren in der Sache gestartet hat, konnten wir nicht erkennen, aber wahrscheinlich ist es dafür noch zu früh: Die Entscheidung von Kuechenmeister trägt das Datum vom 04. Oktober 2019.

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