UDRP – Im UDRP-Verfahren im Streit um mit.gay bliebt das Phishing-Risiko ungeklärt

Das MIT konnte in einem UDRP-Verfahren vor The Forum (NAF) problemlos die Domain mit.gay erringen, die auf eine Website des MIT weiterleitete. Im Verfahren wurde allerdings nicht deutlich, welches Risiko tatsächlich von der Domain ausging.

Das 1859 gegründete Massachusetts Institute of Technology, bekannt unter dem Akronym »MIT«, startete ein UDRP-Verfahren wegen der Domain mit.gay, da es durch diese seine Rechte verletzt sieht. Inhaber der am 17. September 2022 registrierten Domain ist der US-Amerikaner Malte Brigge aus Alaska. Der leitete die Domain auf die Seite math.mit.edu der Beschwerdeführerin weiter. Die Beschwerdeführerin trug unter anderem vor, dass die Domain ihrer 1989 beim US-Patent- und Markenamt (USPTO) eingetragenen Marke „MIT“ entspricht, sie dem Gegner nicht erlaubt habe, die Marke zu nutzen, und er auch nicht unter dem Namen »MIT« bekannt sei. Sie meint, die Registrierung und Nutzung der Domain sei bösgläubig, gerade weil er die Weiterleitung zu einer Unterseite der Beschwerdeführerin eingerichtet habe. Der Gegner reagierte nicht auf das UDRP-Verfahren. Als Panel wurde der australische Rechtsanwalt Nicholas J.T. Smith berufen.

Smith gab der Beschwerdeführerin in allen Punkten Recht und entschied auf Transfer der Domain (NAF Claim Number: FA2309002060147). Die Identität von Marke und Domain sei gegeben, da die technisch notwendige Endung .gay nicht zu berücksichtigen sei. Er bestätigte, dass der Gegner unter der Bezeichnung »MIT« nicht bekannt sei und keine Erlaubnis habe, die Marke zu nutzen. Es bestünden auch keine irgendwie gearteten Verbindungen zur Beschwerdeführerin. Dass die Domain auf die Seite der Beschwerdeführerin weiterleite, spreche nicht für eine gutgläubige Nutzung; vielmehr ergäbe sich so der falsche Eindruck, der Gegner hätte mit der Beschwerdeführerin zu tun oder sei von dieser ermächtigt, die Domain zu nutzen. Als der Gegner die Domain im September 2022 registrierte, kannte er die Beschwerdeführerin und deren Marke, andernfalls hätte er nicht entsprechend zur Beschwerdeführerin verlinkt. Außerdem gäbe es keine andere vernünftige Erklärung für diese Weiterleitung, als dass jemand, der eine Domain mit der Marke der Beschwerdeführerin registriert und auf deren Seite weiterleitet, damit die falsche Vorstellung hervorrufen wolle, er sei dazu vom Rechteinhaber ermächtigt oder mit ihm assoziiert. Das spreche alles für die Bösgläubigkeit des Gegners. Damit waren alle drei Elemente der UDRP erfüllt und Smith gab der Beschwerde statt.

Es handelt sich um einen einfachen und klaren Fall, der aber doch zu diversen Kommentaren anregt. So äußert sich Domain-Anwalt Doug Isenberg (giga.law) dazu und wundert sich ein wenig, dass der Rechtsvertreter des MIT lediglich auf die Marke »MIT« aus dem Jahr 1989 verweist. Das MIT hat zahlreiche ältere Marken. Er selbst würde in solchen Fällen möglichst alle Marken aufzählen. Es handele sich zudem erst um den 8. UDRP-Streit, bei dem eine .gay-Domain involviert sei – die anderen Fälle sind roberthalf.gay, fsgbumsniffer.gay, solvay.gay, replit.gay, pinkx.gay, lockheed.gay und lovehoney.gay – und der erste, in dem eine Universität verwickelt ist. Interessant für ihn sei, dass die Weiterleitung zur Website der Mathematik-Fakultät des MIT eingerichtet gewesen sei. Eine Weiterleitung zu einer anderen Website hätte womöglich zu einem anderen Ergebnis geführt. Doch auch Isenbergs Verweis auf die Entscheidungsgründe, in denen Smith erklärt:

[T]here is no obvious explanation, nor has one been provided, for an entity to register a domain name that contains the MIT mark and use it to redirect visitors to the Complainant’s Website other than to create a false impression that the Respondent is affiliated with or authorized by Complainant.

führt zu keiner weiteren Erkenntnis, was so schlimm an der Registrierung und Weiterleitung ist.

Hier weist Ankur Raheja im wöchentlichen Newsletter der Internet Commerce Association (ICA, internetcommerce.org) auf das Risiko hin, welches mit der Domain entstanden ist. Er schaute sich nämlich die MX-Server zu mit.gay an und stellte fest, dass sie auf »ZOHO email Server« eingestellt waren. Folglich liege die Möglichkeit nahe, dass der Domain-Inhaber die Domain für Phishing nutzte, indem er mit.gay auf die offizielle Website des MIT umleitete, um bei eMail-Empfängern den Eindruck zu erwecken, dass die Domain mit der Beschwerdeführerin verbunden ist und ihr gehört. Isenberg merkt seinerseits an, dass .gay, die Endung für »LGBTQ individuals, organizations, businesses and their allies«, allen offensteht, um Domains zu registrieren. Der Streit um mit.gay gibt demnach Markeninhabern Anlass genug, die Augen offen und Domains im Blick zu halten bzw. durch Dienstleister im Blick halten zu lassen.

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