UDRP

Im Streitbeilegungsverfahren um hanit.com erhielt der deutsche Beschwerdeführer einen Rüffel

Ein Kunststoffverarbeiter aus der Nähe des Flughafens Hahn sah unter anderem seine deutsche Marke aus 1997 durch die 2001 registrierte Domain hanit.com verletzt. Nachdem ihm der Preis für einen Ankauf der Domain zu hoch war, startete er ein UDRP-Verfahren vor der WIPO.

Die Hahn Kunststoffe GmbH mit Sitz am Flughafen Hahn bei Frankfurt, ein Kunststoffrecycler, der seit dem Jahr 1993 ein High-Tech Kunststoffprodukt mit dem Namen »HANIT« produziert, sieht seine Rechte durch die Domain hanit.com verletzt. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kanada. Gegner ist ein Koreaner, der die Domain hanit.com 2001 registrierte. Die Domain öffnet zu einer Verkaufsseite des Inhabers, unter der er Domains anbietet. 2016 sprach Hahn den Inhaber der Domain wegen eines Verkaufs der Domain an. Der verlangte US$ 20.000,–. Bei nochmaliger Nachfrage im Februar 2018 verlangte der Inhaber zunächst US$ 68.000,– für die Domain, ging dann aber auf US$ 60.000,– herunter. Dies nahm Hahn zum Anlass, vor der WIPO ein UDRP-Verfahren einzuleiten. Man trug vor, der Inhaber wolle die Domain zu einem exorbitanten Preis verkaufen. Die Beschwerdeführerin sei Inhaberin einer im Jahr 1998 registrierten deutschen Marke »HANIT«, sowie seit 2005 einer internationalen und seit 2006 einer EU-Marke. Der Inhaber von hanit.com sei ein professioneller Cybersquatter. Der Domain-Inhaber hielt entgegen, er sei Domain-Investor und habe zahlreiche kurze Domains wie die im Streit befindliche registriert, mit denen er über Pay-per-Click-Seiten Geld verdient. Die IR- und die EU-Marke der Beschwerdeführerin seien erst Jahre, nachdem die Domain registriert wurde, registriert worden. Die Beschwerdeführerin habe 17 Jahre auf ihren Rechten geruht; jetzt habe sie das UDRP-Verfahren als „Plan B“ gestartet, weil sie nicht bereit sei, die Domain für den von ihm genannten Preis zu kaufen.

Über diesen Streit entschied ein Panel aus drei Fachleuten: W. Scott Blackmer als Vorsitzender sowie Enrique Ochoa und The Hon Neil Brown Q.C. als Beisitzer. Sie wiesen nicht nur die Beschwerde der Hahn Kunststoffe GmbH zurück, sondern stellten zudem ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) ihrerseits fest (WIPO-Case No. D2018-1433). Das Panel kam zum einhelligen Ergebnis, dass die Marken der Beschwerdeführerin und die Domain, abgesehen von der Endung, identisch sind. Bei der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Nutzung der Domain wichen die drei etwas aus: Die Nutzung von Pay-perClick-Seiten ohne jede Verbindung zur Bedeutung des Domain-Namens erzeuge kein berechtigtes Interesse zugunsten des Gegners. Nichtsdestotrotz sei der Gegner als Domain-Investor berechtigt, mit dem Verkauf der Domain zu spekulieren. Darauf könne sich ein legitimes Interesse stützen. Da diese Frage allerdings im Grunde dieselben Tatsachen beinhalte, die im Zusammenhang mit der Bösgläubigkeit geprüft würden, könne man, so das Panel, die Sache auch abschließend bei der Erörterung des 3. Elements der UDRP behandeln. Und so wandte sich das Trio der Frage der Bösgläubigkeit zu. Hier stellte es als Schwachpunkt der Argumentation der Beschwerdeführerin heraus, dass der koreanische Domain-Inhaber bei Registrierung der Domain 2001 mit höchster Wahrscheinlichkeit von der deutschen Unternehmung und deren Produkten nichts wußte. Es bestand seinerzeit lediglich eine deutsche Marke und keine (oder kaum eine) Geschäftsverbindung nach Asien. Die Beschwerdeführerin hatte seinerzeit keine .com-Website, sondern lediglich eine .de-Seite. Der Gegner erklärte, er habe keinerlei Kenntnis von der Beschwerdeführerin gehabt. Diese Erklärung sei bei der Faktenlage nachvollziehbar. Dann hatte er die Domain hanit.com 15 Jahre gehalten, ohne dass er die Beschwerdeführerin kontaktiert hätte. Das widerspreche dem Vorwurf, er habe die Domain vorrangig registriert, um sie an die Beschwerdeführerin zu verkaufen. Auch der Vorwurf, der Gegner sei ein Cybersquatter, verfange nicht, da er zwar zahlreiche kurze Domain-Namen habe, aber sie gründen nicht auf Markenzeichen Dritter. Schließlich ergäbe sich auch nicht, dass die Nutzung von Pay-per-Click-Seiten unter der Domain jemals auf einen Wettbewerber der Beschwerdeführerin verwiesen hätten. Aufgrund dessen wies das Panel die Beschwerde zurück.

Damit aber nicht genug, prüfte das Panel noch, ob ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking vorläge. Der Gegner hatte diesen Vorwurf nicht artikuliert, doch für das Panel lag die Prüfung nahe. Und die Umstände deuteten für das Panel dahin, dass in der Tat die Beschwerdeführerin – dem Vorwurf des Gegners gemäß – mit dem UDRP-Verfahren einen »Plan B« verfolgte, weil sie das Geld für einen Kauf der Domain hanit.com nicht ausgeben wolle. Womit sie vorsätzlich das UDRP-Verfahren missbrauche. Das Panel erklärte, es sehe einen Missbrauch des UDRP-Systems nicht als Alternative zu fehlerhaften Geschäftsentscheidungen an und bestätigte einen Fall von Reverse Domain Name Hijacking.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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