UDRP

Im Streit um samet.com schlittert Firma Samet knapp am RDNH vorbei

In einem aktuellen UDRP-Verfahren prüfte der erfahrene Entscheider umfassend die Indizien für ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) und legte seine Überlegungen Punkt für Punkt dar – und warum er gerade wegen des kleinen Schnitzers der Gegnerin keine Bösgläubigkeit der Beschwerdeführerin feststellen konnte.

Der weltweit operierende türkische Hersteller von Möbelzubehör Samet Kalıp Ve Madeni Eşya Sanayi Ve Ticaret A.Ş sieht seine Marken »S Samet« und »Samet« durch die Domain samet.com verletzt. Das Unternehmen versuchte, den Inhaber der Domain per eMail zu erreichen, um ein Kaufangebot zu unterbreiten, erhielt jedoch keine Antwort, weshalb er ein UDRP-Verfahren vor der WIPO anstrengte. Gegner ist die US-amerikanische Samet & Company Inc., die die Domain früher einmal genutzt hatte. Mittlerweile hat deren Registrar eine Parking-Seite mit Pay-Per-Click Werbung darunter geschaltet, die unter anderem Angebote von Schiebetüren und ähnlichem anzeigt. Als Entscheider kam der australische Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte Warwick A. Rothnie ins Spiel.

Rothnie wies die Beschwerde der türkischen Beschwerdeführerin ab, prüfte auch ausführlich RDNH, das er aber nicht bestätigte (WIPO-Case No. D2022-1449). Den Schwerpunkt seiner Prüfung legte Rothnie auf das mögliche RDNH, doch zuvor stellte er kurz fest, dass die Domain samet.com den Marken der Beschwerdeführerin ähnlich bzw. mit diesen identisch ist. Bei der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses der Gegnerin an der Domain ließ er die Beschwerde scheitern: Er zeigt sich verwirrt, dass die Beschwerdeführerin die Gegnerin unter anderem bezichtigt, die Website sametcpa.com einer Buchhaltungsfirma zu betreiben. Sie verweist aber auch darauf, dass die Gegnerin rund 100 Domains registriert hält, von denen einige auf Parking-Seiten leiten. Daraus leitet die Beschwerdeführerin ab, dass die Gegnerin die Domain samet.com registrierte, um einen ungerechtfertigten kommerziellen Gewinn durch den Verkauf der Domain an Dritte zu erzielen. Die Gegnerin verneint die Vorwürfe und belegte dies umfänglich. Sie legte unter anderem eine eidesstattliche Versicherung von Dr. Samet vor, der ursprünglich die Domain samet.com 1996 registriert und für unterschiedliche Projekte genutzt hatte. Er erklärte, dass er, als er die Domain seinerzeit registrierte, nichts von der Beschwerdeführerin wusste. Die war damals noch ausschließlich in der Türkei aktiv und baute ihr weltweit agierendes Unternehmen mit zahlreichen Niederlassungen erst später aus. Für Rothnie zeigte sich die Lage so, dass Dr. Samet die Gegnerin bereits gegründet hatte, bevor die Beschwerdeführerin in den USA in ihrem speziellen Bereich aktiv wurde. Damit sah Rothnie die Gegnerin berechtigt, die Domain zu nutzen und das zweite Element der UDRP nicht erfüllt. Die Prüfung der Bösgläubigkeit ersparte er sich.

Stattdessen widmete er sich der Frage des Reverse Domain Name Hijacking, dessen Prüfung die Gegnerin beantragt hatte. Aktuell, so Rothnie, öffne die Domain samet.com auf eine Parking-Seite mit »related searches« (verwandten Suchbegriffen), die danach aussehen, dass sie Einkünfte bringen. Die Gegnerin erklärte, diese Parking-Seite sei ohne ihr Wissen vom Hosting-Provider eingerichtet worden, und man habe keine Einkünfte daraus eingestrichen. Das reiche aber als Verteidigung nicht aus, solange die Gegnerin nichts unternommen habe, um eine Parking-Seite zu verhindern. Und schaue man sich die Erfahrung der Gegnerin und von Dr. Samet auf dem Gebiet an, überrasche es, dass eine Parking-Seite besteht. Rothnie stellte fest, dass, wäre hier nicht eine Parking-Seite geschaltet, er von RDNH ausgegangen wäre. Denn die Behauptungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Domain sametcpa.com, die definitiv nicht der Gegnerin gehört, ist deplatziert. Dem WHOIS-Verzeichnis sei zu entnehmen, dass Inhaber der Domain samet.com die Samet & Company Inc. ist, wobei es keine Hinweise gibt, dass die Beschwerdeführerin Anstalten gemacht habe, den Eintrag auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Zudem ergäbe sich aus den WHOIS-Daten, dass die Domain 1996 registriert wurde, und nichts weise darauf hin, dass der Gegner nicht der ursprüngliche Registrant der Domain ist. Den Vorwurf der Bösgläubigkeit, resümiert Rothnie, sollte man nicht machen, solange man zuvor die Sache nicht gründlich überprüft hat. Weiter unterstrich Rothnie, dass ein berechtigter Domain-Inhaber nicht in der Pflicht stehe, auf eine eMail mit Kaufanfrage zu antworten, und dass sich daraus dessen Bösgläubigkeit ableiten lasse. In Anbetracht dieser Tatsachen, aber auch in Anbetracht der Auflösung der Domain samet.com zu einer Parking-Seite mit »verwandten Suchanfragen«, war Rothnie mit erheblichem Zaudern der Ansicht, dass es in diesem Fall nicht angebracht sei, ein Reverse Domain Name Hijacking der Beschwerdeführerin festzustellen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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