UDRP

Im Streit um gotohale.com scheitert »Hale Law« kläglich

Im Streit um die Domain gotohale.com suchte die Beschwerdeführerin, in Kenntnis des eigenen Fehlers, sich aus der Affäre zu ziehen, indem sie den Verfahrenskostenaufschlag von US$ 500,– für ein vom Gegner bestelltes Dreiergremium verweigerte. Das kam, neben anderem, bei dem dann eingesetzten Panel nicht gut an.

Beschwerdeführerin ist die Anwaltskanzlei »Hale Law«, die am 08. Februar 2018 in Florida gegründet wurde und deren Firma sich auf den Nachnamen ihres Geschäftsführers Patrick M. Hale bezieht. Der ist seit 2014 als Anwalt tätig. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der am 28. Dezember 2021 eingetragenen US-Marke »GO TO HALE«, für die als Erstverwendungsdatum der 13. Mai 2020 angegeben ist. Die Marke wird im Internetauftritt unter halelaw.com der Beschwerdeführerin genutzt. Sie sieht ihre Markenrechte durch die im Mai 2000 registrierte Domain gotohale.com verletzt. Die Beschwerdeführerin versuchte erfolglos, den Inhaber der Domain zu erreichen. Sie startete schließlich ein UDRP-Verfahren vor der WIPO und trägt in ihrer Beschwerde vor, der Gegner nutze die Domain seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr. Der Gegner ließ sich vom Domain-Anwalt John Berryhill vertreten. Er trägt vor, unter der Domain seit 23 Jahren rechtmäßig ein IT-Sicherheitsberatungsunternehmen mit seinem Nachnamen »Hale Solutions« zu nutzen und die eMail-Adresse auch für die Abwicklung seiner persönlichen und beruflichen Geschäfte konfiguriert zu haben. Es sei offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin hier scheitern müsse, da sie einräumt, dass die Domain im Jahr 2000 von ihm registriert worden sei, also mindestens zwanzig Jahre vor der ersten Benutzung der eigenen Marke »GO TO HALE«. Er beantragte die Feststellung von Reverse Domain Name Hijacking (RDNH).

Der Gegner reichte seine Erwiderung fristgerecht ein und beantragte zudem, ein dreiköpfiges Gremium einzusetzen. Er zahlte die dafür von ihm zu entrichtende Gebühr von US$ 2.000,–. Das WIPO-Center hatte zuvor schon die Beschwerdeführerin über die Identität des Gegners, Roger Hale, informiert und bat nun um Überweisung der von ihr wegen des beantragten Dreiergremiums zu zahlenden US$ 500,–. Die Beschwerdeführerin zahlte jedoch nicht. Nach gut einem Monat fragte der Gegner nach, warum das Verfahren nicht fortgeführt werde und erhielt zur Antwort, dass keine Überweisung seitens der Beschwerdeführerin erfolge. Daraufhin überwies der Gegner den ausstehenden Betrag. Sodann wurde das Dreiergremium bestehend aus Scott R. Austin, Roderick Thompson und Sally M. Abel bestellt. Die Beschwerdeführerin versuchte nun, ihre Beschwerde zurückzuziehen. Der Gegner erhob Einspruch und verlangte, die Angelegenheit zur Entscheidung zu bringen. Das Gremium lehnte den Antrag auf Rücknahme unter Verweis auf eine andere Entscheidung ab und bestätigte die Gründe des Gegners: er habe Zeit und Kosten auf sich genommen, um eine Erwiderung gegen eine Beschwerde zu verfassen, die nach seiner Ansicht völlig unbegründet ist, so dass er Anspruch auf die Feststellung von RDNH habe. Würde darüber nicht entschieden, so stünde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu Gebote, jederzeit erneut ein Verfahren zu beginnen. Er selbst gerate so in eine nachteilige Position.

Das Dreierpanel wies die Beschwerde ab und entschied auf RDNH (WIPO Case No. D2023-0084). Bei der Frage nach Ähnlichkeit von Marke und Domain klinkte sich die US-amerikanische Juraprofessorin Abel aus. Sie meint, die Registrierung der Domain lange vor der Marke mache aus der Behauptung der Beschwerdeführerin, es bestehe eine verwirrenden Ähnlichkeit zwischen beiden, einen fatalen Fehler. Einig waren sich die drei freilich hin sichtlich eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners an der Domain, da er sie bereits seit 23 Jahren ordentlich für sein IT-Sicherheitsberatungsgeschäft nutze. Hier gelte schlichtweg »first come, first served«, wobei eine Berechtigung anerkanntermaßen auch bei Nachnamen gelte. Auch wenn die Frage der Bösgläubigkeit sich nicht mehr stellte, bestätigte das Gremium – indem es einfach eine andere Entscheidung zitierte –, dass keine Möglichkeit bestand, die Domain bösgläubig zu registrieren, da die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain noch nicht existierte.

Schließlich widmete sich das Dreiergremium der Frage des RDNH, dessen Vorliegen es bestätigte. Es verwies auf die Regeln der UDRP und frühere Entscheidungen, die klar machen, dass an den, der sich zum Führen eines UDRP-Verfahrens fachmännischer Hilfe bedient, höhere Anforderungen zu stellen sind. Da die Beschwerdeführerin offensichtlich über erfahrene Anwälte im Bereich des geistigen Eigentums verfügte, hätte sie wissen müssen, dass ihre Beschwerde unter diesen Umständen keinen Erfolg haben konnte. Dennoch verfolgte sie die Beschwerde weiter. Der Vortrag der Beschwerdeführerin enthalte keinen einzigen Hinweis auf einen UDRP-Fall und stütze sich ausschließlich auf die allgemeine, nicht belegte Behauptung, die fortwährende Registrierung und Nutzung der Domain erfolge bösgläubig und stelle eine Verletzung des Lanham Act (15 U.S.C. § 1052 et seq.), des Anticybersquatting Consumer Protection Act von 1999 (15 U.S.C. §1125) und der ICANN-Regeln dar. Zudem versuchte sie, die Beschwerde zurückzuziehen, aber nicht schon, als sie die Identität des Gegners Roger Hale erfuhr – was ein verständlicher Zeitpunkt gewesen wäre –, sondern erst, nachdem dieser eine Erwiderung eingereicht hatte. Dies sei ein Missbrauch der UDRP-Richtlinie, weshalb das Gremium feststellte, dass es sich um einen Fall von Reverse Domain Name Hijacking handelt. Damit wies das Gremium die Beschwerde ab.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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