In einem aktuellen UDRP-Verfahren ging es der Beschwerdeführerin wohl um das Prinzip: sie startete ein UDRP-Verfahren gegen den Inhaber der Domain healthyr.com, auch wenn die Parteien beim Kaufpreis für die Domain nur US$ 2.500,– auseinander lagen. Das Verfahren kam der Beschwerdeführerin teurer zu stehen.
Der Sachverhalt
Die Healthyr LLC mit Sitz in den USA sieht ihre Rechte durch die Domain healthyr.com verletzt und startete ein UDRP-Verfahren. Dem gingen Verkaufsverhandlungen voraus, bei denen die Healthyr LLC über einen GoDaddy-Broker US$ 5.000,- zum Kauf der Domain healthyr.com anbot. Der Inhaber der Domain teilte mit, er hätte gern US$ 7.500,-. Das war Healthyr zuviel, weshalb sie eine Anwaltskanzlei beauftragte, das UDRP-Verfahren einzuleiten. Vor der WIPO trug sie als Beschwerdeführerin vor, sie sei ein Online-Gesundheitsdienstleister und biete über ihre im April 2022 registrierte Domain behealthyr.com Tests für Zuhause, Tele-Gesundheits- und Apothekendienste in den USA an. Ende September 2022 beantragte sie die Marke »HEALTHYR« beim US-Markenamt (USPTO), eine Woche nachdem sie diese für ihre Dienstleistungen systematisch zu nutzen begonnen habe. Der Gegner nutze die Domain healthyr.com seit Jahren für Pay-per-Click-Werbeseiten und beabsichtige, die Domain einem Meistbietenden zu veräußern, was keine gutgläubige Nutzung darstelle. Er habe die Domain registriert, kurz bevor man das eigene Geschäft starten wollte und die Marke angemeldet habe. Die letzten fünfzehn Jahre habe er unter healthyr.com keine Inhalte hinterlegt, was für seine Bösgläubigkeit spreche.
Der Gegner, Jonathan Curd aus den USA, ließ sich vom Domain-Anwalt John Berryhill vertreten. Der verwies gleich darauf, dass die Beschwerdeführerin ihre Markenrechte nicht belegt habe, da die beantragte Marke nicht eingetragen sei und auch noch keine eigenständige Bedeutung erlangt habe, mit der Kunden die Angebote der Beschwerdeführerin identifizieren. Der Gegner habe die Domain siebzehn Jahre bevor die Beschwerdeführerin behauptet, die Marke erstmals benutzt zu haben, registriert und dabei das phonetische Äquivalent für den Begriff »healthier« (gesünder) im Auge gehabt. Seit 2008 nutze er die Domain mit Payper-Click-Seiten, die Links für Gesundheitsprodukte aufweisen. Schließlich sei das Gegenangebot von US$ 7.500,- für die Domain ein fairer Preis.
Die Entscheidungsgründe
Der als Entscheider eingesetzte Lawrence K. Nodine, lehrbeauftragter Professor an der Emory University School of Law in Atlanta (Georgia, USA), wies die Beschwerde ab, da keines der drei Elemente des UDRP-Verfahrens vorlag, und stellte ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) seitens der Beschwerdeführerin fest (WIPO Case No. D2023-1802). Für deren Marke fehle es einerseits an der Eintragung. Andererseits seien die angeführten Beweise zum Gebrauch der Marke quantitativ nicht aussagekräftig genug, um auf das Bewusstsein der Verbraucher hinsichtlich der Marke zu schließen: Die Beschwerdeführerin nutze die Marke erst seit knapp einem Jahr und das lediglich über Social Media wie LinkedIn, Instagram und Facebook. Damit habe die Beschwerdeführerin das erste Element der UDRP nicht erfüllt. Auch am zweiten Element scheiterte sie. Nodine verwies auf den WIPO Overview 3.0 (Ziffer 2.9), wonach die Nutzung einer streitbefangenen Domain für Werbeseiten dann mit den Rechten oder berechtigten Interessen des Gegners im Rahmen der UDRP übereinstimmt, wenn die Domain einem Wörterbuchbegriff entspricht, die Werbelinks sich auf die Bedeutung des Begriffs beziehen und nicht, um mit der Marke des Beschwerdeführers (oder seines Konkurrenten) zu handeln. Das sei hier zu Gunsten des Gegners der Fall.
Alsdann macht Nodine bei der Frage der Bösgläubigkeit bei Registrierung und Nutzung der Domain seitens des Gegners klar, dass auch diese nicht gegeben sei. Die Beschwerdeführerin selbst stelle falsche Behauptungen auf, indem sie erklärt, der Gegner registrierte die Domain, während sie selbst sich auf den Start ihres Unternehmens vorbereitete und kurz bevor sie ihre Marke »HEALTHYR« beantragte. Der Gegner habe die Domain bereits 17 Jahre zuvor registriert. Folglich konnte er sie nicht mit der Absicht registrieren, von der Marke der Beschwerdeführerin zu profitieren. Weiter spreche auch das Verkaufsangebot von US$ 7.500,–, selbst wenn der Preis höher liegt als die Ausgaben, die der Gegner mit der Domain hatte, nicht für seine Bösgläubigkeit. Es gebe keine Regel, die besagt, dass ein Preis, der über den Auslagen liegt, ein definitiver Beweis für die böswillige Verwendung einer Domain ist. Damit hatte die Beschwerdeführerin keines der drei Elemente der UDRP erfüllt.
Nodine bestätigte sodann noch das Vorliegen eines RDNH seitens der Beschwerdeführerin, weil sie irreführende Behauptungen und wesentliche Argumente vorbrachte, die einer nachvollziehbaren Rechtsgrundlage entbehrten. Zunächst stimme die Behauptung der Registrierung während des Starts des Unternehmens und der Beantragung der Marke der Beschwerdeführerin einfach nicht. Die Beschwerdeführerin wußte auch, dass das nicht richtig ist, zumal sie ihrerseits vortrug, die Domain sei bereits am 25. Juli 2005 registriert und über die Jahre lediglich für Pay-per-Click-Werbung genutzt worden. Und weiter habe die Beschwerdeführerin – entgegen ihrer Versicherung – unvollständig vorgetragen, indem sie einige Korrespondenz zwischen den Parteien unterschlug, die ihrer Argumentation letztlich zuwiderlief.
Resümee
Damit war das Fiasko für die Beschwerdeführerin komplett. Die Kosten, die das Verfahren und die anwaltliche Vertretung mit sich bringen, dürften um ein Vielfaches höher liegen, als die Preisdifferenz von US$ 2.500,– zwischen dem eigenen Angebot von US$ 5.000,– und dem Gegenangebot des Domain-Inhabers über US$ 7.500,– für die Domain. Der Ausgang des Verfahrens war zudem so offensichtlich und absehbar, dass der Gegner, vertreten von John Berryhill, nicht einmal ein Dreierpanel bestellte, was in solchen Fällen üblich ist, um die eigenen Chancen zu verbessern.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.