ICANN legte dieser Tage eine Zusammenfassung der Kommentare zum »Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) Status Report« (PSR) vor, der die Überarbeitung der UDRP klären soll. Die Meinungen zur UDRP und was an ihr zu ändern wäre, gehen – wie zu erwarten – deutlich auseinander.
Hintergrund für den aktuellen Summery-Report bildet der bereits im März 2016 vom Rat der Generic Names Supporting Organization (GNSO) gestartete Policy Development Process (PDP) zur Überprüfung aller von ICANN entwickelten Mechanismen zum Schutz von Rechten (Rights Protection Mechanisms, RPMs). Die erste der beiden Phasen dieses Prozesses konzentrierte sich auf die Überprüfung aller RPMs, die für das New gTLD-Programm 2012 entwickelt wurden. Diese Phase ist bereits 2021 abgeschlossen worden. Im Rahmen der zweiten Phase, die sich auf die Überprüfung des Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy-Verfahren konzentriert, lag der 84-seitige PSR bis 17. April 2022 zur Kommentierung vor. Insgesamt gingen 44 Kommentare von Institutionen, Gruppen und Individuen ein. ICANN legt nun Auszüge der Kommentare in dem 26-seitigen »Public Comment Summary Report« der Öffentlichkeit vor.
In dem Report werden Auszüge aus den eingegangenen Kommentaren zusammengetragen, die ICANN für relevant hält. Die Kommentierenden sind im Report alle aufgelistet; darunter auch die, deren Kommentare erst nach Fristablauf eingegangen sind und deren Eingaben berücksichtigt werden. Andrew Allemann (domain namewire.com), der selbst einen Kommentar abgegeben hat, sieht drei Kategorien von Kommentator:innen: die, die die UDRP, so wie sie ist, gut finden, die, die sie komplett überarbeiten lassen wollen, und die, die sie ok finden, aber doch einige Verbesserungen sehen möchten. Darunter findet sich beispielsweise die Registries Stakeholder Group (RySG), die sich mit allem, was die UDRP betrifft, sehr zufrieden zeigt:
The UDRP has functioned as an invaluable tool for handling cybersquatting disputes between trademark owners and domain registrants for over 20 years.
Ähnlich sieht es INTA, die International Trademark Association, die vermerkt:
The UDRP has been extremely effective in meeting ICANN’s Goals. […] any problems with the UDRP are outweighed by the benefits […].
Kritiker bemängeln unter anderem, dass lediglich Marken und deren Inhaber mit der UDRP geschützt werden, nicht aber Namensträger, geographische Bezeichnungen oder andere Kennzeichen. Für Lucas Gimeno liegt der Kernfehler der UDRP darin, dass Domain-Inhabern deren »generic-keyword dotcom domain name« einfach so genommen werden könne. Ted Chang findet, die UDRP sollte unverändert fortgeführt werden, aber das USR-Verfahren könne man abschaffen, denn die UDRP als solche reiche zu ihrem Zwecke völlig aus, während das sehr günstige URS-Verfahren zu Missbrauch einlade. Sara Maroun sähe gerne auch eine mündliche Anhörung im UDRP-Verfahren.
Die Kosten des UDRP-Verfahrens werden von einigen Kommentatoren angesprochen. So sollten die finanziellen Möglichkeiten der Parteien Berücksichtigung finden: Parteien aus den ärmeren südlichen Ländern könnten sich keine teueren Rechtsbeistände leisten, um ihre Rechte zu verteidigen, meint Romana Busse. WIPO ventiliert, ob die Überlegung, dass Parteien, die sich eines Reverse Domain Name Hijacking schuldig machen, eine Geldstrafe zu zahlen haben, nicht die fundamentale Frage aufreisst, ob nicht generell die unterlegene Partei alle Kosten tragen solle. Für Andrew Allemann sieht es soweit ganz gut aus, er meint:
UDRP mostly works but could use some refining.
Domain-Inhaber müssen sich teilweise mit unnötigen Verfahren rumschlagen, etwa wenn eine Marke offensichtlich später als die Domain registriert wurde. Er empfiehlt im Rahmen der Beschwerdeeinreichung eine Checkbox zur Angabe
My trademark rights predate the Respondent’s registration of the domain name.
Das würde einige Beschwerdeführer dazu bringen, ihre Beschwerde nochmal zu überdenken. Auch bekannte UDRP-Panelisten meldeten sich zu Wort, wie Alan L Limbury, der vorschlägt, neben den Anträgen auf Löschung oder Transfer einer Domain auch den auf »burial« zu stellen, bei dem die Domain solange nicht mehr registrierbar wäre, solange die Marke des Beschwerdeführers besteht. Damit müsste der nicht eine Domain registriert halten, die er gar nicht haben möchte.
ICANN stellt fest, dass die Kommentare gemischt ausfielen. Die Hauptthemen der einzelnen Stellungnahmen konzentrierten sich auf die übergeordneten Ziele, die die UDRP zu bieten scheint. Es werde beispielsweise angeregt, die Voraussetzung der Bösgläubigkeit weniger streng zu gestalten, so dass diese nicht bei Registrierung »und« Nutzung der Domain vorliegen müssen, sondern nur alternierend, also statt »und« »oder«. Als nächsten Schritt kündigt ICANN an, den »Policy Status Report« updaten zu wollen und ihn dann zurück an den Rat der GNSO zu reichen. Der Rat der GNSO müsse dann entscheiden, ob ihm die Informationen zur Bewertung der Policy ausreichen, oder ob weiter an der Policy gearbeitet werden müsse. Die Sache nimmt sicher noch einige Zeit in Anspruch.