Ein französisches Unternehmen, das gerade eine US-Marke angemeldet hatte, musste feststellen, dass ihm drei Tage später ein anderer beim Registrieren der entsprechenden .com-Domain zuvorkam. Sie startet ein UDRP-Verfahren, war damit aber wiederum zu früh dran.
Die französische Ateq, die nach eigenen Angaben weltweite Nummer eins bei automatischen Dichtheitsprüfmaschinen und Dichtheitsprüfsystemen für Montagelinien und Labore ist, sieht ihre Markenrechte durch die vom in China ansässigen Cyan Yo registrierte Domain leaktestingacademy.com verletzt. Ateq hatte am 02. März 2020 beim US-Markenamt die Wort-/Bild-Marke »LEAK TESTING ACADEMY« beantragt. Drei Tage später, am 05. März 2020, registrierte Cyan Yo unter Nutzung eines Privacy-Services die Domain leaktestingacademy.com und bietet sie für US$ 990,– zum Kauf an. Ateq erhob ein UDRP-Verfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO), vor der sie erklärte, sie sei seit 45 Jahren auf dem Markt bekannt. Domain und Marke seien identisch, was zu Verwechslungen führe; der Gegner habe keine Rechte oder ein berechtigtes Interesse an der Domain; er hätte aber von Ateq wissen müssen, als er die Domain registrierte. Und dass er sie kurz nach Beantragung der Marke registrierte und nun zum Kauf anbiete, spreche für seine Bösgläubigkeit. Cyan Yo nahm nicht Stellung. Zum Entscheider wurde der australische Rechtsanwalt John Swinson bestimmt.
Swinson wies die Beschwerde von Ateq schon bei Prüfung des ersten Elements ab, da sie das Bestehen eines Markenrechts nicht nachweisen konnte (WIPO Case No. D2020-1000). Die Beschwerdeführerin, so Swinson, reklamiere für sich ein bestehendes Markenrecht an »LEAK TESTING ACADEMY«. Sie habe den Antrag für eine Wort-/Bild-Marke, die die Begriffe »LEAK TESTING ACADEMY« enthält, in den USA beantragt. Ein Blick in die Online-Datenbank des US-Markenamtes zeige, dass die Registrierung noch schwebt und eine Eintragung der Marke ungewiss ist. Für Swinson stellten sich so drei Fragen, die er einzeln durchging. Zunächst: ergeben sich aus einer zum Zeitpunkt des UDRP-Verfahrens noch nicht eingetragenen Marke überhaupt Markenrechte für die Beschwerdeführerin? Aus Sicht von Swinson ist die Beschwerdeführerin noch nicht Inhaberin der Marke »LEAK TESTING ACADEMY«. Er sei nicht verpflichtet, festzustellen, ob die geltend gemachte Markenanmeldung vom Markenamt angenommen werde. Eine Marke, deren Eintragung noch schwebt, sei auch nicht als Marke im Sinne der UDRP zu verstehen. Diese Ansicht sei konsistent mit früheren Entscheidungen. Als zweites stelle sich das Problem, ob eine Wort-/Bild-Marke, die die Begriffe »LEAK TESTING ACADEMY« enthält, vom US-Markenamt überhaupt ausschließliche Rechte für die Begriffe zugesprochen bekomme und nicht nur für das Wort-Bild als Ganzes. Es handele sich um beschreibende Begriffe, die die Beschwerdeführerin auch beschreibend nutze. Da hier noch keine Klarheit darüber herrsche, ob der Wortbestandteil der Marke vom Design der Bildmarke in den Hintergrund gedrängt werde, stehe es dem Panel frei, zu entscheiden, ob die Markenanmeldung für sich unzureichend für das UDRP-Verfahren ist. Für Swinson reichte die nur angemeldete Marke jedenfalls nicht aus. So überprüfte er noch eine dritte Frage, nämlich ob die Beschwerdeführerin ein Nutzungsrecht an der Marke »LEAK TESTING ACADEMY« erlangt hatte. Aber auch das konnte er nicht feststellen, dazu fehlte jeglicher Vortrag der Beschwerdeführerin. Die Website des US-Markenamts lege nahe, dass die Beschwerdeführerin die Marke vor ihrer Beantragung noch nicht benutzt hat. Es zeige sich lediglich, dass sie die Absicht habe, die Marke zu nutzen. Um im UDRP-Verfahren als Nutzungsmarke anerkannt zu werden, müsste die Beschwerdeführerin nachweisen, dass ihre Marke zu einem unterscheidungskräftigen Kennzeichen geworden ist, mit dem Konsumenten ihre Waren und Dienstleistungen in Verbindung bringen. Dem Vortrag der Beschwerdeführerin sei aber nur zu entnehmen, dass der Unternehmensname Ateq bei den Kunden bekannt ist, nicht aber, dass sie mit »LEAK TESTING ACADEMY« bekannt sei. Nach alledem konnte die Beschwerdeführerin kein Markenrecht für sich nachweisen, womit sie bereits am ersten Element der Prüfung scheiterte. Die weiteren Elemente der UDRP prüfte Swinson nicht. Er wies die Beschwerde zurück, nicht ohne aber klar zu stellen, dass das Timing beim Registrieren der Domain leaktestingacademy.com keineswegs zugunsten des Gegners spreche.
Erst die Domain, dann die Marke: das ist die Lehre, die sich aus dieser Entscheidung ziehen lässt. Hat man den richtigen Namen für das eigene Projekt gefunden, sollte man sich erst die entsprechenden Domains unter den relevanten Internetendungen sichern. Dann kann man auch die Marke beantragen, die bei Markenämtern gleich öffentlich gemacht wird. Der Gegner, so kann man annehmen, hat letzteres ausgenutzt, sich die Domain gesichert und auch gleich zu einem Preis angeboten, der unter den Kosten eines UDRP-Verfahrens liegt. Damit wird der schnelle und vergleichsweise günstige Kauf der Domain dem betroffenen Markeninhaber (in spe) schmackhaft gemacht. Das konsequente Handeln der Beschwerdeführerin in diesem Fall ist aus unserer Sicht richtig. Nur war es voreilig. Hier zeigt sich, dass man ein WIPO-Verfahren auch zu früh anwerfen kann. Das zu verteidigende Markenrecht sollte fest bei den Markenämtern eingetragen sein, die ledigliche Beantragung einer Marke reicht nicht aus. Swinson weist nicht ausdrücklich darauf hin, dass die Beschwerdeführerin es hier später noch einmal probieren könne. Jedoch dürfte die Eintragung der Marke eine Änderung des Sachverhalts darstellen, der zu einem neuen UDRP-Verfahren berechtigt.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.