UDRP

Ein Rosenkrieg führt zum Streit um die Domain seasatinbygryparis.com

Ein WIPO-Panel sah sich beim Streit um die Domain seasatinby gryparis.com den Folgen eines griechischen Rosenkrieges ausgesetzt. Es kam einiges an Marken, Vorentscheidungen sowie falschen Verfahrensgegnern zusammen, was das Panel veranlasste, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Rechtsstreit um die Domain seasatinbygryparis.com ist komplex und führte wieder einmal zur Abweisung des Antrags einer Beschwerdeführerin. Melpomeni Tsoukali, Inhaberin mehrerer Marken, die die Begriffe »SEA SATIN« mitumfassen, ging gegen den Entwickler George Chatzopoulos vor, der als Inhaber der Domain seasatinbygryparis.com für Nikolaos Gryparis eingetragen ist, den geschiedenen Ehegatten von Frau Tsoukali, der Beschwerdeführerin. Schon aufgrund dieser Konstellation war sich das aus den drei Fachleuten, dem britischen Rechtsanwalt Adam Taylor als Vorsitzendem sowie der griechischen Rechtsanwältin Marina Perraki und der französischen Juristin Isabelle Leroux als Beisitzende, bestehende Entscheidungsgremium einig, dass nicht der Entwickler George Chatzopoulos Gegner des Verfahrens sei, sondern Nikolaos Gryparis. So behandelten sie auch den Fall. Tsoukali und Gryparis waren seit den 1980ern verheiratet. Sie hatten das Restaurant Sea Satin auf Mykonos aufgebaut; nach der Trennung der beiden 2014 hatte er es ganz übernommen. Allerdings übertrug er ihr 2016 die Rechte an der EU-Marke »SEA SATIN MARKET«, deren Nutzung sie ihm bis Oktober 2018 lizensierte. Ab 2019 strengte sie mehrere Verfahren vor den ordentlichen griechischen Gerichten an, um ihm die Nutzung der Marke zu untersagen. Gryparis beantragte im April 2019 die griechische Marke »SEA SATIN BY GRYPARIS«. Gegen diese Marke legte Tsoukali Widerspruch ein. Im Mai 2019 registrierte der Entwickler George Chatzopoulos die Domain seasatinbygryparis.com für Gryparis, die letzterer für sein Restaurant nutzt, das inzwischen genau diesen Namen trägt. Im Juli 2019 wurde Gryparis gerichtlich untersagt, die Marke »SEA SATIN« zu nutzen, weil es dem Zusatz „BY GRYPARIS“ an Unterscheidungskraft mangele und zu Verwirrung bei Kunden führe. Gryparis, Gegner des UDRP-Verfahrens vor der WIPO, trug unter anderem vor, er sei mit seinem Restaurant auf Mykonos sehr bekannt, und habe die EU- und die griechische Marke »SEA SATIN MARKET« seit 2002 genutzt. Die Beschwerdeführerin selbst führe keine Unternehmung auf Mykonos. Sie wolle ihm wegen der schwierigen Scheidung mit der ganzen Aktion schaden. Im Grunde habe sie ihn gezwungen, eine eigene Marke zu registrieren. Sein eigener Name als Teil seiner Marke sei doch ein ausreichender Unterschied zu den Marken der Beschwerdeführerin.

Das Dreier-Panel marschierte durch die Prüfung der Elemente des UDRP-Verfahrens hindurch und kam sehr früh dazu, dass es nicht wirklich zuständig sei. Die Beschwerde wies es folglich zurück (WIPO Case No. D2019-2812). Um die Zeichenähnlichkeit zu bejahen, reichte es ihnen völlig aus, dass die Marke »SEA SATIN« der Beschwerdeführerin in der Domain enthalten ist: der Zusatz »by Gryparis« reiche im UDRP-Verfahren nicht aus, die Feststellung der irreführenden Ähnlichkeit abzuwenden. Über die Berechtigung der Nutzung ließen sie sich nicht aus, sie widmeten sich sogleich der Frage der Bösgläubigkeit. Der eigentliche Streit der Parteien drehe sich darum, ob die Nutzung des neuen Namens des Restaurants, der Marke und der Domain die Markenrechte der Beschwerdeführerin verletze, und/oder ob die Domain seasatinbygryparis.com registriert wurde, um die Entscheidung der griechischen Zivilgerichte zu umgehen. Es sei nicht Aufgabe des Panels, hier festzustellen, ob der Gegner die Marken der Beschwerdeführerin verletzt oder wie die Entscheidungen der griechischen Gerichte hinsichtlich einer Markenrechtsverletzung auszulegen seien. Das seien Angelegenheiten der griechischen Gerichte. Hinsichtlich der Frage der Bösgläubigkeit sei es dem Panel nur schwer möglich, die Beweggründe des Gegners zu ergründen. Im Rahmen der UDRP sei der Zeugenbeweis, die Einsicht in Dokumente und andere Werkzeuge der Zivilgerichtsbarkeit nicht vorgesehen. Die Umstände seien insgesamt so undurchsichtig, dass sich das Panel hinsichtlich der Bösgläubigkeit des Gegners keine Entscheidung anmasse. Aus diesen Gründen wies das Panel die Beschwerde ab.

Auch hier haben wir es mit einem Fall zu tun, bei dem die Geschichte hinter der Beschwerde das eigentliche Interesse weckt. Nichtsdestotrotz ist die Einschätzung des Panels hinsichtlich der Markenrechtsentscheidungen der griechischen Gerichte bemerkenswert. Man distanziert sich klar davon, deren Entscheidungen auszulegen oder gar umzusetzen:

However, it is not the role of the Panel to assess whether the Respondent has infringed the Complainant’s trade marks or to interpret or enforce orders of the Greek court relating to trade mark infringement. These are all matters for the Greek courts.

Hatte man mit den griechischen Entscheidungen nicht doch das Material zur Beurteilung der Rechtslage hinsichtlich der Bösgläubigkeit an der Hand? Wollte sich das Panel bei dieser heiklen Vorgeschichte der Verantwortung entziehen? Das zu beurteilen, müsste man Einblick in der Akten nehmen. Im Ergebnis scheint die Entscheidung allerdings richtig zu liegen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top