Die italienische Automobili Lamborghini S.p.A. musste sich mit einem kühnen Chinesen um die Domain lamborghini.xyz streiten – und war letzten Endes erfolgreich.
Die alteingesessene Sportwagenmarke Lamborghini, die seit vielen Jahren in den Volkswagenkonzern eingegliedert ist, findet immer wieder jemanden, der ihre Marke in eine Domain verpackt. Ob lamborghiniaustin.com, lamborghini.trade, lamborghlni.com oder jetzt lamborghini.xyz. In der Regel ergeben sich die Gegner eines sodann geführten UDRP-Verfahrens kampflos. Doch im Fall lamborghini.xyz zeigte der chinesische Inhaber der Domain Chuzpe. Er hatte die Domain am 08. Mai 2020 registriert und sie sogleich zum Verkauf angeboten. Unter der Domain hieß es, für US$ 100,– könne man sie erwerben, er nähme Angebote gerne entgegen. Wie Lamborghini vortrug, bot er die Domain auf einer deutschen Online-Plattform für EUR 130,– im ersten Jahr an. Der Gegner hielt den Vorwürfen im UDRP-Verfahren unter anderem entgegen, dass die Marke etwas ganz anderes als die Domain sei und beide nicht verwechselt werden würden. Zwar glichen sich die Kernelemente beider, aber eine Verwechslung sei gleichwohl ausgeschlossen, unter anderem weil Marken in verschiedenen Klassen registriert werden können und ein Produkt bezeichneten, während eine Domain eine Internetadresse sei. Der Inhalt unter lamborghini.xyz erwähne die Beschwerdeführerin nicht und stelle keinen Bezug zu ihr her; es werde ja nur der Preis von US$ 100,– genannt. Das Kaufen und Verkaufen von Domains sei legal und indiziere keine Bösgläubigkeit. Er habe nicht die Absicht, unter der Domain ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen anzubieten, das sich auf den Domain-Namen bezieht. Er habe lediglich die Absicht, die Domain zu verkaufen. Und das Angebot von US 100,– richte sich nicht an die Beschwerdeführerin, sondern an einfache Menschen; würde er sich mit dem Angebot an die Beschwerdeführerin gerichtet haben, hätte er mindestens US$ 10.000,– als Angebot gefordert. Der Verkaufspreis müsse allerdings die Kosten übersteigen, sonst sei das ja nicht profitabel, und er könne nicht im Geschäft bleiben. Die Marke der Beschwerdeführerin sei zudem in China nicht bekannt, er habe im Rahmen des Verfahrens erstmals von dem englischen Namen Lamborghini der Beschwerdeführerin erfahren; man kenne lediglich die chinesische Form der Marke, die für die insgesamt in China nicht sehr bekannten Luxusfahrzeuge stehe; deren englische Version kenne praktisch niemand. Schließlich könne die Beschwerdeführerin den Namen Lamborghini nicht monopolisieren, da es Menschen gibt, die diesen Namen tragen. Die Beschwerdeführerin missbrauche hier das Verfahren; sie habe die Marke bereits unter der populärsten generischen Top Level Domain registriert, und wolle das Wachsen kleiner Unternehmungen verhindern. Entscheider wurde der australische Juraprofessor in Beijing (China) Matthew Kennedy.
Kennedy prüfte die Sache ausführlich, ehe er der Beschwerde von Lamborghini statt gab (WIPO Case No. D2020-1371). Zunächst musste er sich aber mit der Verfahrenssprache auseinandersetzen. Die Beschwerde ging auf Englisch ein, und die Beschwerdeführerin beantragte Englisch als Verfahrenssprache, während die Domain über den chinesischen Registrar Alibaba Cloud Computing Ltd. auf Chinesisch registriert ist und Chinesisch Verfahrenssprache sein müsste. Der Gegner reichte seine Erwiderung auf Chinesisch ein und erklärte, er könne Englisch nur rudimentär und müsse für Übersetzungen Google-Translate nutzen, weshalb er Chinesisch als Verfahrenssprache beibehalten wolle. Kennedy zeigte sich salomonisch: er legte Englisch als Verfahrenssprache fest, weil dies einfacher, schneller und günstiger sei, erlaubte aber auch chinesischsprachige Eingaben. Im Hinblick auf von den Parteien nachgeschobene Schriftsätze war er weniger gnädig: die wies er alle zurück, weil sie sich sowieso nur auf die Auslegung von bereits vorliegenden Unterlagen bezogen.
In der Sache stellte Kennedy die Identität von Marke und Domain fest. Auf die Art der Nutzung der Domain komme es dabei nicht an. Hinsichtlich eines Rechtes oder berechtigten Interesses des Gegners habe die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis erbracht, dass eine Berechtigung nicht vorliege. Die Argumente des Gegners, er werde die Domain nicht dazu nutzen, Waren und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Domain-Namen stehen, darüber anzubieten, aber er könne ja wohl die Domain an Menschen mit dem Namen Lamborghini oder jemanden, der Lamborghinis tauschen wolle oder einen Blogger veräußern, überzeugten Kennedy nicht. Die UDRP biete in § 4(c)(ii) und (iii) Schutz für Individuen, die selbst unter dem Domain-Namen bekannt sind, oder die ein faires Waren- oder Dienstleistungsangebot unter der Domain ohne die Absicht auf kommerziellen Gewinn bieten. Darunter falle der Gegner nicht, da er die Domain zum Kauf an jemanden anbiete, der seinerseits Rechte an der Domain habe. Auch das Argument, die Beschwerdeführerin habe die Domain in der Sunrise-Phase nicht registriert, greife nicht, da es den Gegner nicht dazu legitimiere, die Marke eines Dritten zu registrieren. Nach Ansicht von Kennedy konnte der Gegner dem von der Beschwerdeführerin erbrachten Anscheinsbeweis nichts entgegenhalten.
Die Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung sowie Nutzung der Domain sah Kennedy ebenfalls als gegeben an. Der Gegner habe viele Gründe vorgetragen, aber nicht erklärt, warum er die Domain lamborghini.xyz wählte. Es erscheine wahrscheinlich, dass er die Marke Lamborghini kannte. Und dass er die Domain zum Verkauf anbot, spreche auch gegen ihn. Selbst die Verkaufspreise von US$ 100,– oder EUR 130,– übersteigen bereits die Registrierungskosten. Dass sonst irgendwelche weiteren Kosten angefallen wären, etwa für die Entwicklung einer Website, habe der Gegner nicht vorgetragen. Vielmehr habe er vorgetragen, der Verkaufspreis müsse die Registrierungskosten übersteigen, sonst würde er keinen Gewinn machen. Das spreche für eine Bösgläubigkeit des Gegners. Zuletzt schaute sich Kennedy noch die Frage eines Reverse Domain Name Hijacking an, konnte aber nicht erkennen, dass die Beschwerdeführerin das Verfahren missbräuchlich geführt habe. Vielmehr habe er, Kennedy, als Entscheider die Beschwerde bestätigt. Aus diesen Gründen entschied Kennedy auf Übertragung der Domain lamborghini.xyz auf die Beschwerdeführerin.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.