UDRP

Die Tenaris Group scheiter im Streit um temaris.com vor einem Dreier-Panel der WIPO

Der branchenspezialisierte Konzern Tenaris versuchte in einem UDRP-Verfahren an die Domain temaris.com heranzukommen, weil sie seinen Marken zum Verwechseln ähnlich sehe. Das entscheidende WIPO-Dreier-Panel war sich in einigen Punkten uneinig, aber einhellig waren sie bei der Abweisung des Beschwerde.

Die Tenaris Connection BV mit Sitz in Amsterdam ist die Markenverwalterin der Tenaris Group mit Sitz in Luxemburg. Tenaris betreibt unter anderem die Herstellung und den Vertrieb von Stahlrohrprodukten für Bohrförderung und die Produktion von Öl und Gas. Seit 2001 nutzt sie den Namen »Tenaris«, den ein Brandingfachmann für sie entwickelt hat; sie ist zudem Inhaberin zahlreicher Marken »Tenaris«, unter anderem seit Januar 2003 einer US-Marke. Sie sieht ihre Rechte durch die Domain temaris.com verletzt, die an Stelle des »n« ein »m« aufweist und so eine typische Vertipperdomain sei. Diese Domain stehe zum Preis von US$ 3.195,– zum Verkauf. Die Beschwerdeführerin erklärte, sie sei immer öfter mit Typosquatting konfrontiert und habe, um ihre Rechte zu schützen, eine Nulltoleranz-Maxime bei solchen Vertipperdomains vorgesehen.

Der Inhaber und Gegner des von Tenaris bei der WIPO angestrengten UDRP-Verfahrens um temaris.com ist ein Domain-Investor mit über einer Million Domains in seinem Portfolio. Er trägt vor, »temaris« oder »te maris« sei ein allgemeiner Begriff, der in unterschiedlichen Sprachen abweichende Bedeutungen aufweise, und fügte eine 30 Zeilen lange Liste mit Bedeutungen des Begriffs »temaris« in unterschiedlichen Sprachen an. Er habe von dem Konzern »Tenaris« bis zu diesem Verfahren noch nie gehört und daher bei Registrierung der Domain nichts von der Unternehmung gewusst. Bei einer Amazon »Mechanical Turk«-Befragung von 100 zufälligen Teilnehmern nach der Bedeutung von »temaris« habe niemand den Begriff mit »Tenaris« in Verbindung gebracht. Bei einer Google-Suche nach dem Begriff »temaris« tauche nicht eine Verbindung zu »Tenaris« auf. Die Unternehmung sei in einem speziellen Feld tätig; da mag sie bekannt sein, aber sonst kenne man sie nicht. Für ihn sehe es nach einem Missbrauch des UDRP-Verfahrens durch die Beschwerdeführerin aus.

WIPO ernannte die Fachleute Nick J. Gardner, Jacques de Werra und The Hon Neil Brown Q.C. als Entscheider. Das dreiköpfige Gremium war sich in einigen Punkten uneins, doch einhellig waren sie darüber, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei (WIPO Case No. D2018-1849). Bereits bei der Frage, ob eine Verwechslungsgefahr zwischen Marke und Domain bestehe, gingen die Meinungen der Fachleute auseinander. Brown sah die Ähnlichkeit nicht und begründete dies im Anhang zur Entscheidung damit, dass es eine Vereinfachung der Aufgabe des Gremiums sei, die Verwechslungsgefahr einfach an einem Buchstaben aufzuhängen. Es komme auf den objektiven Betrachter an, und der würde, wenn er denn lesen kann, nicht einfach von der Domain temaris.com auf die Marke »Tenaris« schließen. Es bedürfe eines erheblichen Wissensvorsprungs zu glauben, ein Internetnutzer würde diese Verbindung knüpfen und nicht einfach »temaris« lesen. Wenn jemand aber die Marke »Tenaris« kenne, würde der den Unterschied erkennen. Schließlich würden Internetnutzer erkennen, dass die beiden Namen ganz und gar unterschiedlich und keinesfalls verwechslungsfähig sind, da sie den Begriff im Domain-Namen als eine Bezeichnung in ihrer Sprache wahrnehmen würden.

Das Gremium schob wegen der Uneinigkeit das erste Element der UDRP erst einmal beiseite, und übersprang kurzerhand auch das zweite Element, die Frage nach der Berechtigung des Gegners an der Domain temaris.com. Es widmete sich unmittelbar der Frage nach einer Bösgläubigkeit der Gegnerin. Hier zeigte sich, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Nachweise dafür vorgelegt hatte, dass die Tenaris Group irgendwo anders bekannt sei als genau in dem Geschäftsfeld, in dem sie tätig ist: die Öl- und Gasindustrie. Mithin habe niemand außerhalb dieser Branche Kenntnis von dem Konzernnamen und dessen Marke »Tenaris«. Aber das Gremium zeigte sich auch nicht ganz überzeugt davon, dass der Begriff »temaris« ein generischer und allgemein gebräuchlicher Begriff sei und der Gegner ihn deshalb als Domain registriert habe. Vielmehr scheine es für den Gegner, der zahlreiche ähnliche Begriffe als Domain registriert hat, eine lukrative, kurze Buchstabenkombination zu sein, die er registrierte. Damit sei aber auch klar, dass er bei deren Registrierung und Nutzung nicht bösgläubig war: weder kannte oder musste er die Beschwerdeführerin kennen, noch nutzt er die Domain anders als sie zum Verkauf anzubieten – und ohne irgendwelche Werbung zu schalten.

Nach alledem wies das Panel die Beschwerde von Tenaris zurück. Allerdings prüfte es noch die Frage des Reverse Domain Name Hijacking. Hier spaltete sich wieder die Meinung des Gremiums. Brown sah dessen Voraussetzungen, anders als die anderen beiden Entscheider, als gegeben an, da die Beschwerdeführerin bei einer ordentlichen Recherche vor Erhebung der Beschwerde erkannt haben würde, dass sie aussichtslos sei. Zudem machte die Beschwerdeführerin der Gegnerin haltlose Vorwürfe, ohne diese genauer zu begründen. Beides deute auf den Missbrauch der UDRP hin und erfülle damit den Tatbestand eines Reverse Domain Name Hijacking.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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