UDRP

Der Streit um zwei Patek-Domains führt zu einer uneinheitlichen Entscheidung

In einem aktuellen Streit um zwei »Patek-Philippe«-Domains unterlag der Uhrenhersteller, obwohl valide Gründe für ein erfolgreiches UDRP-Verfahren sprechen. Aus diesem Grunde war sich auch das berufene WIPO-Gremium uneins und kam zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Schweizer Patek Philippe SA und Henri Stern Watch Agency Inc. mit Sitz in den USA sehen ihre Rechte an ihren Marken »PATEK« und »PATEK PHILIPPE« durch die Domains patek-maison.com und patekmaison.com verletzt. Sie starteten ein UDRP-Verfahren vor der WIPO und trugen unter anderem vor, das Uhren-Unternehmen Patek Philippe sei 1839 gegründet worden und Inhaber unter anderem einer US- und einer IR-Marke seit den 1950er Jahren sowie aktuellen US-Marken vom Januar und Februar 2023. Die Gegner wussten von den Marken, als sie die Domains registrierten. Die beiden streitigen Domains patek-maison.com und patekmaison.com wurden am 29. November 2020 von den beiden Gegnern, Ajay Singh und Omar Sader, beide mit Sitz in den USA, registriert. Sie nutzen die Domains – patek-maison.com leitet auf patekmaison.com weiter – zum Vertrieb von Parfums und Düften unter der Marke »PATEK MAISON«, die vom Verantwortlichen Amit Bhatia in den USA und Europa im April 2022 und September 2021 registriert wurde. Ein Dreiergremium bestehend aus dem australischen Rechtsanwalt und Lehrbeauftragten Warwick A. Rothnie als Vorsitzendem sowie der französischen Juristin Isabelle Leroux und der US-amerikanischen Juristin Diane Thilly Cabell als Beisitzende entschied über die Sache, kam aber zu keinem einheitlichen Ergebnis.

Das Gremium wies die Beschwerde ab, da der Gegner gute Argumente für sein Recht oder berechtigtes Interesse an den Domains vorbrachte und zwei der Entscheider den Streit aufgrund der allseits bestehenden Markenrechte lieber den Markenämtern oder Zivilgerichten überlassen wollten (WIPO Case No. D2023-2226). Zunächst bestätigte das Gremium allerdings, dass gegen beide Domains in einem Verfahren vorgegangen werden könne, da – unter anderem – zwar für jede Domain ein anderer Inhaber stehe, aber der Zweite als beauftragter IT-Dienstleister die Domain für Ersteren registriert habe. Alsdann bestätigte das Gremium die Ähnlichkeit von Domains und Marken, zumal der zusätzliche Begriff »Maison« das französische Wort für Haus ist, das gerne einerseits für Unternehmensgruppen, Studios oder dergleichen, aber andererseits auch als aufwertende Bezeichnung für Luxus und Prestige genutzt werde. Aus diesem Grunde sei eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen.

Uneinigkeit ergab sich beim Entscheidungsgremium bei der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses seitens der Gegner an den Domains. Einer der Gegner trug unter anderem vor, er betreibe in Miami (USA) unter dem Namen »Perfume Price« sein Geschäft. Im November 2020 habe er zusammen mit einem Mr. Bathia beschlossen, eine neue Parfum-Marke unter dem Namen »Maison Patek« über die später im US-Bundesstaat Delaware gegründete Firma Xuri Beauty auf den Markt zu bringen. Da die Unternehmung zum Zeitpunkt der Registrierung noch nicht bestand, wurden die Domains unter der Geschäftsadresse des ersten Gegners registriert, wobei zwei unterschiedliche Namen, die der beiden Gegner, genutzt wurden. Wie man auf den Namen »Patek Maison« kam, erklärte man nicht. Dies lasse zumindest den Verdacht entstehen – so das Gremium –, dass der Name, wie von den Beschwerdeführern behauptet, gewählt wurde, um den Ruhm und dem Ruf der Marken der Beschwerdeführer auszunutzen. Die Behauptung, es gäbe auch andere Inhaber von „Patek“-Marken in den USA, half aus Sicht des Gremiums der Sache der Domain-Inhaber nicht weiter, ihr Argument zu stärken. Es bestehe Raum für Spekulationen, dass die Gegner und Mr. Bathia den Namen „Patek Maison“ wählten, um Vorteile aus den Marken der Beschwerdeführer zu ziehen. Doch die Waren, die sie anbieten, weichen doch von den Uhren der Beschwerdeführer ab, so dass die beantragten Marken von den Markenämtern akzeptiert wurden. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten des UDRP-Verfahrens war die Mehrheit des Gremiums letztlich der Ansicht, dass es vorsichtig sein sollte, die Eintragungen der Marken der Beschwerdegegner zu hinterfragen, da es sich nicht um einen eindeutigen Fall handelt. Die Gerichtsbarkeiten, in deren Zuständigkeit Mr. Bhatia die Marke »Patek Maison« eingetragen hat, seien für die Beschwerdeführer leicht zugänglich und verfügen über Behörden (einschließlich der Gerichte) mit Befugnissen und Verfahren, die zur Klärung der in diesem Verfahren auftretenden Fragen besser geeignet sind. Damit wies das Gremium die Beschwerde ab.

Anderer Ansicht war allerdings die französische Juristin Isabelle Leroux. Sie meint, der Fall bewege sich in einer Grauzone, innerhalb der man – unter Beiziehung aller Umstände und deren Bewertung – auch zu einem anderen Ergebnis kommen könne. So meint sie, die Beschwerde sei berechtigt und ein Transfer der Domains die richtige Entscheidung. Die Marken der Beschwerdeführer seien alt und berühmt, und die Domain-Inhaber kannten sie oder hätten sie kennen müssen. Im Zusammenhang mit der Uhrenmarke haben die Beschwerdeführer andere große Marken etabliert, unter denen auch Parfum und Düfte vertrieben werden, wie Chanel, Hugo Boss und DKNY. Das Wort »Patek« bildet keinen sinnvollen Begriff und findet sich somit in keinem Wörterbuch. Es handelt sich um einen seltenen Namen aus dem Lateinischen. Die Domain-Inhaber haben vor Registrierung der Domains keine Markenrecherche unternommen, um etwaigen Rechtsverletzungen vorzubeugen. Das alles spreche gegen sie. Frühere UDRP-Rechtsprechung habe durchweg entschieden, dass Gegner, die absichtlich keine Marken- oder Domain-Recherche vornehmen, die Verantwortung für Rechtsverletzungen wegen »bewusstem Wegsehen« übernehmen müssen. Bei Abwägung all dieser Umstände komme sie, Leroux, zu dem Ergebnis, die Domain-Inhaber haben kein Recht oder berechtigtes Interesse an den Domains und zusammen mit ihren Marken wollten sie in unlauterer Weise vom Ruf der Marken der Beschwerdeführer profitieren. Aus diesem Grunde sah Leroux alle Voraussetzungen der UDRP erfüllt und meint, die Domains hätten transferiert werden sollen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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