UDRP

Der Streit um wex.com stellt die Frage nach Markenrechten neu

In einer aktuellen UDRP-Entscheidung im Streit um die Domain wex.com gibt das entscheidende Dreier-Panel neue Einblicke in die Bewertung der Frage nach der Identität bzw. Ähnlichkeit von Marke und Domain. Es kommt auf die genaue Formulierung auf Seiten des Beschwerdeführers an.

Die US-amerikanische WEX Inc. stellt Finanztechnologie in verschiedenen Industriezweigen zur Verfügung und sah ihre Rechte durch die Domain wex.com verletzt. Sie startete ein UDRP-Verfahren vor dem Forum (NAF). Dort trägt sie unter anderem vor, ihre Marke »WEX« seit 1989 zu nutzen. Markeneintragungen hat sie beim US-Markenamt seit 1999, 2014 und 2019. Der Gegner halte die Domain seit 28 Jahren passiv, weshalb er kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain habe. Gegner und Inhaber der Domain wex.com ist Tom Soulanille, der sie bereits am 15. Juni 1994 registrierte. Er trägt unter anderem vor, er habe die Domain seinerzeit als registrierter Agent der Altadena Instruments Corporation registriert mit dem Zweck, sie für den Download der Software »WEX Net« einzusetzen, um die Erfahrungen der Internetnutzer zu verbessern. Altadena habe 1997 von Dmitri Kondratiev die Markenrechte an »WEX« erworben. 2018 habe die Beschwerdeführerin angefragt, ob sie die Domain wex.com von ihm kaufen könne. Er beantragte die Feststellung von Reverse Domain Name Hijacking (RDH) sowie die Besetzung des Entscheidungsgremiums mit drei Fachleuten. Am 05. Mai 2022 wurden entsprechend The Honorable Neil Anthony Brown QC als vorsitzender Entscheider sowie Professor David E. Sorkin und Gerald M. Levine als beisitzende Entscheider berufen.

Das Trio wies die Beschwerde der WEX Inc. ab, da sie keine der drei Elemente des UDRP-Verfahrens erfüllte (NAF Claim Number: FA2204001991413). Schon beim Nachweis eines Markenrechts scheiterte die Beschwerdeführerin, da sie die notwendigen Nachweise nicht erbrachte. Der Beschwerdeführerin habe es freigestanden, einfach damit zu argumentieren, dass sie Inhaberin einer Marke sei und die Domain wex.com dieser zum Verwechseln ähnlich ist. Doch das sei nicht ihr Argument gewesen! Sie habe vielmehr vorgetragen, die Registrierung der Domain durch den Gegner sei

»opportunistic and designed to trade on Complainant’s goodwill in the WEX marks ….«

Zudem erklärte sie, er habe die Domain registriert,

»to take advantage of and capitalize on the goodwill associated with the WEX Marks, which in turn disrupts Complainant’s business.«

Allerdings stellte sie keinen klaren Bezug zu einer ihrer Marken her, die den Gegner zur Registrierung der Domain wex.com bewogen haben soll. Sie liefere keinen Nachweis für das Bestehen einer Marke zum Zeitpunkt, da der Gegner die Domain registrierte. Der registrierte die Domain jedenfalls lange, bevor die Beschwerdeführerin einen Markeneintrag erhielt. Der Gegner registrierte die Domain zudem, um sie für ein ordentliches Geschäft zu nutzen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Registrierung der Domain in irgendeinem Zusammenhang mit der Beschwerdeführerin steht, denn die firmierte bis 2012 als »Wright Express«. Das spreche eher dafür, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Domain-Registrierung noch nicht mit einer Marke »WEX« aktiv war. Natürlich stand es der Beschwerdeführerin frei, nachzuweisen, dass sie schon früher durch Nutzung des Begriffs WEX über Gewohnheitsmarkenrechte verfügte. Aber seltsamerweise habe die Beschwerdeführerin keinen irgendgearteten Nachweis für die Nutzung von „WEX“ vor Registrierung der Domain wex.com durch den Gegner vorgelegt. Ebenfalls legte sie keinen Nachweis darüber vor, dass der Gegner die Domain opportunistisch und in der Absicht registrierte, den Goodwill der Beschwerdeführerin in Bezug auf die »WEX«-Marken und den von ihr genutzten Domain-Namen wexinc.com auszunutzen. Schließlich zweifelte das Dreiergremium grundsätzlich daran, dass die Beschwerdeführerin den Namen WEX überhaupt schon übernommen hatte, als der Gegner die Domain registrierte. Damit sahen die drei Panelisten das erste Element, den Nachweis für die Identität oder Verwechslungsfähigkeit von Marke und Domain, als nicht erfüllt an.

Bei der Frage nach einem Recht oder berechtigten Interesse des Gegners an der Domain habe dieser durch seinen Vortrag hinsichtlich der Nutzung für die Unternehmung Altadena, nebst entsprechendem Markeneintrag, diese positiv beantwortet und einem etwaigen Anscheinsbeweis der Beschwerdeführerin entgegengewirkt. Weiter fand das Gremium keinen Hinweis auf eine bösgläubige Registrierung oder Nutzung der Domain wex.com durch den Gegner. Schließlich klärten sie noch die Frage eines Reverse Domain Name Hijacking, das sie bestätigten: die Beschwerdeführerin habe nicht nur versäumt, ihre Behauptungen zu belegen, sie habe vielmehr wesentliche Beweismittel ausgelassen, die ihr hätten bekannt sein und von denen sie hätte wissen müssen, dass sie dazu verpflichtet war, sie vorzubringen. Unter diesen Umständen machte das Panel von seinem Ermessen Gebrauch und stellt Reverse Domain Name Hijacking fest. Zu dieser Entscheidung kamen Brown und Levine, Sorkin schloss sich in allen Punkten dieser Entscheidung an.

Bisher sind wir es gewohnt, dass es von Seiten des Beschwerdeführers reicht, das Bestehen einer Marke und die Ähnlichkeit der Domain mit dieser zu behaupten und zu belegen. Doch mit dieser Entscheidung muss man einen neuen Blick darauf werfen, wie genau man diese Behauptung aufstellt. Normalerweise reicht es aus, einfach eine Marke zu belegen und auf die Ähnlichkeit mit der Domain zu verweisen. Hier hat sich die Beschwerdeführerin den Weg verbaut, indem sie zu diesem ersten Element des UDRP-Verfahrens zuviel über die Intentionen des Gegner fabuliert hat – andererseits hat sie zur Entstehung einer Gewohnheitsmarke zu wenig vorgetragen. Das nahm das fachmännische Trio zum Anlass, die Beschwerde schon an dieser Stelle scheitern zu lassen, wobei es detailliert die Fabulierungen heranzog, um auf den Punkt zu kommen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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