UDRP

Chaos um eine Konkursmasse und Streit um skins.net

Das auf Bermuda gegründete britische Unternehmen Symphony Holdings Limited hatte im Rahmen einer Konkursversteigung die Rechte am geistigen Eigentum der Schweizer SITAG erworben, darunter auch die australische Marke »SKINS.NET«. Allerdings bekam sie nicht auch die gleichlautende Domain skins.net. Aus diesem Grunde ging sie gegen die Inhaberin der Domain im Rahmen eines UDRP-Verfahrens vor, die die Domain bereits an eine Dritte weiterübertragen hatte.

Die Symphony Holdings Limited, eine auf Bermuda gegründete Gesellschaft mit Sitz in Großbritannien, sah ihr Markenrecht durch die Domain skins.net verletzt und strengte gegen die Schweizer Fuller Consultancy ein UDRP-Verfahren vor der WIPO an. Sie erklärte, sie habe die Rechte an der australischen Marke im Rahmen einer Konkursauktion erworben. Die Schweizer Unternehmung SKINS International Trading AG (SITAG) war pleite gegangen. Ihr geistiges Eigentum wurde vom Konkursamt Zug versteigert. Im Kaufvertrag vom 20. September 2019 des Konkursamt Zug heißt es, alle Rechte an SITAGs geistigem Eigentum gehe an die Symphony Holdings, bis auf den Teil, der dem japanischen Unternehmen ITOCHU Corporation aus Osaka bereits im Rahmen einer Pfändungsvereinbarung vom 30. März 2012 übertragen worden sei. Bei der Versteigerung der SITAG-Werte habe es lediglich eine Mitsteigerin gegeben: die Gegnerin des UDRP-Verfahrens, die aufgrund einer unrechtmäßigen Sicherungsübereignung vom 13. Juni 2018 Inhaberin der Domain skins.net sei. Diese Domain sei identisch mit ihrer australischen Marke. Dabei verwies sie auf einen entsprechenden Markenregisterauszug, der als Inhaberin weiter die SITAG auswies. Die Gegnerin, so die Beschwerdeführerin in einer nachgereichten Einlassung, habe die Domain unrechtmäßig an eine Dritte übertragen; außerdem widerspreche sie der Wahl des Rechtsvertreters der Gegnerin, denn der stehe in einem Interessenkonflikt.

Die Gegnerin bestritt, dass die Beschwerdeführerin die Markenrechte an »SKINS.NET« erworben habe, als sie die Rechte am geistigen Eigentum der SITAG ersteigert habe. Die Marke sei über die letzten Jahre auch nicht genutzt worden, weswegen sie eigentlich gelöscht werden müsse. Die Inhaberschaft an der Domain habe man an die Fair Play Publishing Group übertragen, die die Domain rechtmäßig, nichtkommerziell und fair nutze, ohne die Absicht, wirtschaftliche Gewinne zu erzielen oder Verbraucher irreführend umzuleiten oder die angebliche Marke der Beschwerdeführerin zu beeinträchtigen. Die Gegnerin beantragte, Reverse Domain Name Hijacking festzustellen. Als Entscheider war ein Panel von drei Fachleuten bestellt, bestehend aus Rechtsanwalt Torsten Bettinger (München) als Vorsitzendem sowie dem australischen Juraprofessor in Beijing (China) Matthew Kennedy und dem Schweizer Juraprofessor Philippe Gilliéron.

Das Panel wies – nach einigen Erwägungen hinsichtlich des Verfahrens – die Sache letztlich wegen des fehlenden Nachweises der Markeninhaberschaft der Beschwerdeführerin ab (WIPO Case No. D2019-2887). Die von der Beschwerdeführerin nachgereichte weitere Einlassung berücksichtigte das Panel lediglich im Hinblick auf Äußerungen, die die Nutzung der Domain durch einen Dritten betrafen, da diese Drittnutzung erst nach Einreichung der Beschwerde begann. Die Inhalte unter der Domain skins.net könnten für die Entscheidung von Bedeutung sein; die Änderung der Nutzung konnte die Beschwerdeführerin nicht voraussehen. Was die Einwände gegen den Rechtsvertreter der Gegnerin und einen etwaigen Interessenkonflikt betraf, so verwies das Panel die Beschwerdeführerin auf eine Beschwerde bei der zuständigen Rechtsanwaltkammer.

Alsdann stieß das Panel in den Kern der Angelegenheit und prüfte, ob die Beschwerde hinsichtlich der Domain skins.com überhaupt sinnvoll nach den Regeln der UDRP verhandelt werden könne. Es sei dies kein einfacher Fall von Cybersquatting, sondern es gehe vielmehr um die Frage, ob skins.net Teil der Rechte am geistigen Eigentum der SITAG war, welche die Beschwerdeführerin nach dem Konkurs der SITAG vom Konkursverwalter der SITAG gekauft hat, oder ob die Gegnerin die Domain rechtmässig von SITAG erworben habe, bevor SITAG in Konkurs ging und aufgelöst wurde. Der einzige nachvollziehbare Grund, warum die Beschwerdeführerin ein UDRP-Verfahren vor der WIPO aufgerufen habe, sei der Umstand, dass es sich bei dem streitigen Gut um einen Domain-Namen handele. Doch dieses Panel sei kein allgemeines Gericht für Domain-Streitigkeiten und die UDRP nicht dafür geeignet, alle Streitigkeiten jeder Art, die in irgendeiner Weise in Zusammenhang mit einer Internet-Domain stehen, zu entscheiden. Der hier vorliegende Fall sei ein vielfältige Facetten aufweisender Streit um den Erwerb von geistigem Eigentum. Aus diesem Grund lehnte das Panel die Beurteilung des Falles ab.

Gleichwohl prüfte es noch das Vorliegen eines Markenrechts auf Seiten der Beschwerdeführerin. Dabei stellte es fest, dass diese ihr Recht nicht belegt habe: weder stehe sie im australischen Markenverzeichnis als Markeninhaberin, noch fehle es an den notwendigen Listen zu den ersteigerten Werten und denen, die zuvor schon an die japanische ITOCHU gegangen waren, aus denen sich ergeben hätte können, ob die Marke »SKINS.NET« zu den auf die Beschwerdeführerin übertragenen Rechten am geistigen Eigentum der SITAG enthalten ist. Aus allen vorgenannten Gründen lehnte das Panel die Beschwerde ab. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die UDRP nach Ansicht des Panels kein geeignetes Verfahren sei, um einen vielschichtigen Streitfall wie diesen zu entscheiden, lehnte das Panel auch den Antrag der Gegnerin auf Feststellung von Reverse Domain Name Hijacking ab.

Wieder einmal ein Domain-Streit, für den die Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP) nicht gemacht ist. Der vermeintlich einfache Weg zu einer Domain über die UDRP ist nicht immer der schnellste. In diesem Fall war er ein voraussehbarer Umweg – aber wahrscheinlich auch einen Versuch wert. Allerdings hätte die Beschwerdeführerin die Sache besser vorbereiten sollen: der fehlende ordentliche Nachweis für den Erwerb der Marke ist ein krasser Fehler, der Juristen bei einem UDRP-Verfahren und auch sonst nicht unterlaufen sollte. Das WIPO-Panel ging die Angelegenheit souverän, klar und kurz angebunden an. Es fand eine sehr gut vertretbare Lösung der Angelegenheit. Die Parteien müssen jetzt zunächst einmal ein ordentliches Gericht finden, vor dem sie den Streit, gegebenenfalls über Jahre, austragen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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