UDRP

Auch im Streit um lambo.com gehen Meinungen der Entscheider auseinander

Und wieder haben wir eine UDRP-Entscheidung, bei der sich ein Dreier-Panel der WIPO nicht einig werden, die aber doch noch dazu führt, dass Lamborghini die Domain lambo.com bekommt.

Die Automobili Lamborghini S.p.A sah ihre Rechte durch die Domain lambo.com verletzt und startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Der weltbekannte Sportwagenhersteller trägt unter anderem vor, Inhaber zahlreicher Marken »Lamborghini« und seit dem 28. April 2008 Inhaber einer europäischen Marke »Lambo« zu sein. Der US-Amerikaner Richard Blair ist seit dem 28. Februar 2018 Inhaber der im März 2000 ursprünglich von John F. Lambeth registrierten Domain lambo.com. Blair ist Domain-Investor und bot lambo.com für US$ 25 Mio. zum Kauf an. Während des Verfahrens verknüpfte er zeitweise die Domain mit einem Thread im NamePros-Forum, in dem er die Berechtigung des UDRP-Verfahrens mit anderen Domain-Investoren diskutiert. Er trägt vor, unter dem Namen »Lambo« bekannt zu sein, unter anderem im NamesPro-Forum. Der Begriff »Lambo« sei generisch und habe zahlreiche Bedeutungen; zudem gäbe es im US-Markenverzeichnis zahlreiche Marken »Lambo« und andere Nutzer des Begriffs, wie lambo.it und lambosho.com. Neben weiteren Argumenten wies der Gegner darauf hin, dass die Beschwerdeführerin 22 Jahre mit ihrem UDRP-Verfahren gewartet habe, und hier ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) vorliege. Das aus drei Fachleuten bestehende WIPO-Panel war besetzt mit Antony Gold als Vorsitzendem sowie Matthew S. Harris und The Hon Neil Anthony Brown QC als Beisitzer.

Die Mehrheit des Dreiergremiums bestätigte die Beschwerde. The Hon Neil Anthony Brown QC zeigte sich aber gänzlich anderer Ansicht und plädierte auf Abweisung der Beschwerde (WIPO Case No. D2022-1570). Zunächst mussten sich die Fachleute mit nachträglich eingereichten Stellungnahmen beider Parteien und der Frage, ob diese zu berücksichtigen sind, aufhalten, ehe sie sich der Frage der Verwechslungsgefahr zwischen Domain und Marke zuwenden konnten. Gold und Harris waren sich einig, dass die Domain lambo.com mit der Marke »Lambo« zumindest zum Verwechseln ähnlich, wenn nicht gar identisch sei. Hinsichtlich der Marke »Lamborghini« sah lediglich ein Panel-Mitglied eine irreführende Ähnlichkeit. Hinsichtlich der Berechtigung des Gegners an der Domain lambo.com argumentierten Gold und Harris, es sei hilfreich, klarzustellen, dass die Beschwerdeführerin nicht behauptet hat, sie nutze ihre Marke »Lambo« unmittelbar als Marke für ihre Waren oder Dienstleistungen; aber wie eine Google-Suche offenbare, werde in der Szene der Begriff »Lambo« ganz überwiegend als Kurzform von »Lamborghini« in Bezug auf die Automarke und deren Automobile verstanden. Hier fehle zur Rechtfertigung seiner Position ein Nachweis des Gegners, dass und seit wann er unter dem Namen »Lambo« bekannt sei und wie es dazu kam. Die von ihm unter NamePros zu findenden drei Postings, die erst nach Erhebung der UDRP-Beschwerde entstanden seien, reichten dazu nicht aus. Dass er sich nicht anwaltlich vertreten lasse, komme ihm nicht dergestalt zugute, ihm eine weitere Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Und auch wenn es sich bei »Lambo« um einen generischen Begriff handelte, wäre das kein ausreichender Grund, dass der Gegner diesen nutzen dürfte, wenn jemand anderes ihn als Marke nutzt. Die Argumentation von Gold und Harris fällt bei der Frage der Bösgläubigkeit ähnlich aus: neben dem Umstand, dass aus deren Sicht der Gegner unter dem Namen »Lambo« nicht bekannt ist, spreche wesentlich der hohe Preis von US$ 25 Mio., für die er die Domain anbietet, dafür, dass er dabei die Beschwerdeführerin oder einen ihrer Wettbewerber als Käufer im Sinne habe. Damit war für Gold und Harris die Sache klar: die Beschwerdeführerin hat alle Voraussetzungen erfüllt. Raum für ein RDNH bestand nicht, weshalb sie der Beschwerde stattgaben.

The Hon Neil Anthony Brown QC nahm sich daraufhin ausreichend Raum, um klar zu machen, dass er in jedem Punkt anderer Ansicht ist. Er fasste dies zunächst in einer Einleitung und Zusammenfassung zusammen, ehe er seinen Widerspruch (»Dissent«) detailliert ausführt. Kurzgesagt: Die Beschwerdeführerin hatte eine US-Marke »Lambo«, die sie aber nicht verlängert hat; folglich habe sie kein Interesse in den USA, diese zu nutzen und deren Schutz für ihre Automobile zu genießen. Eine Ähnlichkeit der Domain zur Marke »Lamborghini« bestehe; die führe aber zu keinen Verwechslungen, denn die Domain lambo.com könne eine breite Palette anderer aktiv angebotener Waren und Dienstleistungen bezeichnen als »Lamborghini«. Darüber hinaus habe der Gegner als Domain-Investor Rechte und berechtigte Interessen an der Domain, zumal er sich bei dem Verkaufsangebot – selbst bei dem aufgerufen Preis – an die große Öffentlichkeit wendet. Für Brown reichten die vom Gegner vorgebrachten Angaben zu seiner Bekanntheit unter dem Namen »Lambo« (Lamb-O) seinerseits nicht aus, aber hätten doch Anlass gegeben, diese weiter, per Gremiumsbeschluss, zu untersuchen, was nicht erfolgte. Die Argumentation seiner Kollegen zur Bösgläubigkeit hielt Brown nicht für stichhaltig. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, der Gegner habe die Domain nur gekauft, um sie teuer an einen Wettbewerber von Lamborghini zu veräußern, sei nicht überzeugend und hätte vom Gremium zurückgewiesen werden müssen. Warum sollte der Gegner die Domain kaufen, von der die Beschwerdeführerin behauptet, sie bedeute »Lamborghini«, und sie dann nicht an die Beschwerdeführerin, sondern an jemanden zu verkaufen, der keine Lamborghinis verkauft?

Brown argumentiert weiter, dass Lamborghini die Marke »Lambo« nicht ins Trademark Clearing House hat eintragen lassen, sowie dass die Beschwerdeführerin ihre US-Marke im August 2017 hat auslaufen lassen, während der Gegner erst fünf Monate später Inhaber der Domain wurde. Brown findet noch weitere Argumente, die gegen die Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain sprechen und kommt nach insgesamt neun Seiten zum Ergebnis, dass die Beschwerde hätte abgewiesen werden müssen. Die Entscheidung ist im Hinblick unbedingt lesenswert.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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