Einen klaren Fall von »Schuster, bleib bei deinen Leisten« liefert die US-amerikanische Majors Law Group beim Streit um die Domain majorslawgroups.com.
Die 2019 gegründete Majors Law Group P. C. ist eine auf Insolvenzen spezialisierte Anwaltskanzlei mit Büros in Arizona und Washington. Sie ist unter der von ihr bereits im März 2016 registrierten und seit Juni 2019 genutzten Domain majorslawgroup.com präsent und sieht ihre Rechte durch die Domain majorslawgroups.com verletzt. Diese von Sergio Fitch mit Sitz in Mexiko im Juni 2021 registrierte Domain setzte sich kritisch mit der Majors Law Group auseinander, unter anderem über deren Behauptung, binnen zwei Jahren 2.000 Mandate bearbeitet zu haben. Sie ist der Ansicht, Kritik dürfe vom Gegner geübt werden, jedoch nicht unter der Domain majorslawgroups.com, mit der potentielle Mandanten irregeführt würden. Die Majors Law Group startete, sich selbst vertretend, vor der WIPO ein UDRP-Verfahren, im Rahmen dessen sich der Gegner nicht meldete. Als Entscheider wurde der Australier Matthew Kennedy eingesetzt, der in Peking (China) eine Professur für Recht inne hat.
Kennedy wies die Beschwerde der Majors Law Group ab, weil diese keinen Nachweis für das Bestehen einer Marke erbracht hatte (WIPO Case No. D2022-3003). Doch ehe er sich damit beschäftigen konnte, musste er verschiedene Vorprüfungen vornehmen. So stellte er zunächst die Identität des Gegners fest, da die Beschwerdeführerin zunächst jemand benannte, dessen Daten unter der Domain zu finden waren. Der erklärte allerdings, nichts mit der Sache zu tun zu haben, weshalb er als Gegner gestrichen wurde. Hingegen gab der Registrar Sergio Fitch als Domain-Inhaber bekannt, so dass dieser als Gegner identifiziert wurde. Alsdann war zu klären, ob das UDRP-Verfahren aufgrund eines früher eingereichten Zivilrechtsverfahren vor dem Maricopa County Superior Court Arizona statthaft sei. Doch wusste bei Einreichung der Zivilklage die Beschwerdeführerin noch nichts von ihrem wahren Gegner, so dass Kennedy davon ausging, das UDRP-Verfahren könne geführt werden. Schließlich musste er noch die Frage der Verfahrenssprache klären, da die Domain unter einem spanischsprachigen Vertrag registriert wurde. Da aber die Website englischsprachige Inhalte aufwies und weitere Gründe für Englisch als Verfahrenssprache sprachen, entschied Kennedy sich für diese.
Erst dann ging Kennedy in medias res und prüfte als »Substantive Issues«, ob die Beschwerdeführerin das Bestehen ihrer Gewohnheitsmarke »Majors Law Group« nachgewiesen habe. Sie hätte zeigen müssen, dass die von ihr behauptete Marke zu einer unterscheidungskräftigen Kennzeichnung geworden ist, das die Verbraucher mit den Waren oder Dienstleistungen der Beschwerdeführerin in Verbindung bringen. Die Beschwerdeführerin habe allerdings lediglich behauptet, dass sie die Marke seit drei Jahren intensiv nutze, auf sich selbst referiere und ihr Angebot, darunter auch ihre Domain und ihre Website. Weiter behauptet sie, seit 2019 in Arizona über 2.000 Klienten zu repräsentieren und seit 2021 auch im US-Bundesstaat Washington ein Büro zu führen. Sie würde ihre Marke in der Werbung und im Geschäftsverkehr ständig und umfassend benutzen. Allerdings stellte Kennedy fest, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Nachweise für ihre Behauptungen vorgelegt hat, außer einer Kopie des Registrierungsvertrages ihrer Domain. Er habe sich die Website des Gegners angeschaut, fährt Kennedy fort, und er stellte fest, dass die Websites beider Parteien die »Majors Law Group« nennen; aber die Inhalte beider Websites für ihn nicht ausreichten, der Marke Unterscheidungskraft zuzusprechen. Der Gegner zweifelt zudem auf seiner Website die Behauptung zweier Anwälte der Beschwerdeführerin an, tausende von Klienten zu repräsentieren, obwohl sie erst zwei Jahre lang als Anwälte tätig seien. Außerdem zweifelte er an der Authentizität der Bewertungen durch die Klienten auf der Website. Aufgrund dieser Feststellungen sah sich Kennedy außer Stande, von einer Gewohnheitsmarke seitens der Beschwerdeführerin auszugehen. Sicher, die gegnerische Domain ist, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, mit ihrer eigenen Domain zum Verwechseln ähnlich; doch das allein reiche nicht für ein UDRP-Verfahren aus, soweit sie keine unterscheidungskräftige Herkunftsbezeichnung darstelle. Damit wies Kennedy die UDRP-Beschwerde ab.
Wieder zeigt sich, dass man auch für vermeintlich einfache Rechtsstreitigkeiten auf spezialisierte Anwälte zurückgreifen sollte. Wenn Insolvenzanwälte sich selbst in einer Domain-Streitigkeit vertreten, stehen die Chancen nicht gut. Grundsätzlich ist es ratsam, sich als Anwalt nicht selbst zu vertreten, auch wenn man auf dem Rechtsgebiet beschlagen ist, in dem gestritten wird. Man entwickelt leicht eine Blindheit in der eigenen Angelegenheit.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.