UDRP

20 Jahre Reverse Domain Name Hijacking

Der US-Domain-Anwalt Gerald M. Levine nahm einen Blick auf die Entwicklung der UDRP-Rechtsprechung zum Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) und erkennt Positives.

Die Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy wurde 1999 zur Beilegung von Streitigkeiten um Domain-Namen eingeführt: Markeninhaber sollten ein Instrument erhalten, zügig und kostengünstig gegen Markenrechtsverletzungen vorzugehen, die sich aus der Nutzung von Marken enthaltenden Domain-Namen ergeben. Von Anfang an mitgedacht war, dass auch Markeninhaber die UDRP missbrauchen könnten. Dafür wurde das Instrument des Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) implementiert. Markeninhaber, die die UDRP nutzen, um einem Domain-Inhaber seine von ihm registrierte Domain zu entziehen, sollte mit den Regeln zum RDNH so Grenzen gesetzt werden. In einem Artikel auf circleid.com blickt Domain-Anwalt Gerald M. Levine auf die Entwicklung des RDNH in den vergangenen 20 Jahren zurück.

Im ersten Jahr, so Levine, waren die Entscheider (Panel) vorsichtig, beinahe zurückhaltend mit RDNH-Entscheidungen. Man hatte noch keine Erfahrung damit und hielt sich entsprechend zurück. Das änderte sich aber im Laufe der Zeit, und Entscheider tolerierten die üblichen Beschwerden von Markeninhabern immer weniger, in denen die Beweisanforderungen nicht erfüllt wurden oder in denen sich die Beschwerdeführer mit den Praktiken des Verfahrens nicht vertraut zeigten, insbesondere wenn Verfahren von Rechtsanwälten geführt wurden. Aus den Daten der World Intellectual Property Organization (WIPO) ergibt sich für das Jahr 2000 1.443 Verfahren, von denen 262 (17,8%) abgewiesen wurden; in 21 Fällen wurde vom Gegner RDNH geltend gemacht, 18 (86%) davon wurden abgewiesen oder nicht geprüft. Die Gründe dafür erweisen sich aus heutiger Sicht als dünn; vielfach war den Entscheidern noch nicht klar, wann genau ein Fall des RDNH vorliegt. Wie einem Artikel von Caroline Valle (leitende Rechtsberaterin bei Safenames) bei circleid.com zu entnehmen ist, gab es 2016 eine Rekordzahl von RDNH in UDRP-Fällen, wobei gegen 37 Beschwerdeführer wegen Missbrauchs der UDRP-Regeln entschieden wurde. Damit übertraf 2016 um sechs Fälle die 31 RDNH-Entscheidungen im Jahr 2015. Für 2019 konstatiert Levine Mitte Dezember bei ca. 2.250 WIPO-Fällen 161 Zurückweisungen (7,2%), in denen 84 RDNH-Anträge gestellt und von denen 34 (40,5%) stattgegeben wurden. Demnach sind RDNH-Entscheidungen gegenüber 2000 prozentual rückläufig, aber tatsächlich in der Zahl gestiegen. Dabei ist zu bedenken, dass auch die Anzahl der Entscheidungen, die WIPO jedes Jahr trifft, angestiegen ist.

Beschwerdeführer werden aus verschiedenen Gründen des RDNH für schuldig befunden. Der häufigste Grund dürfte sein, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde wusste oder eindeutig hätte wissen müssen, dass er eines der wesentlichen Elemente, die von der UDRP gefordert werden, nicht nachweisen kann: zum Beispiel weil der Domain-Name viele Jahre vor dem Erwerb von Rechten an einer Marke registriert wurde. Gegner entgegnen dem nicht nur mit Verweisen auf RDNH, sondern auch auf »Laches«, der Verwirkung wegen Zeitablaufs. Beliebt bei Beschwerdeführerin ist, dass sie sich nicht bereit zeigen, dem Domain-Inhaber den gewünschten Kaufpreis für die Domain zu zahlen und hoffen, über ein UDRP-Verfahren günstig an die Domain zu gelangen. Diese Methoden sind in der Regel nicht von Erfolg gekrönt. Die Entscheider zeigten sich oft nachsichtiger gegenüber Beschwerdeführern, die sich selbst vertreten, aber auch das ließ über die Jahre nach. Sind sie von einem Rechtsanwalt vertreten, werden Entscheider auch sehr deutlich hinsichtlich des Missbrauchs der UDRP. Gelegentlich prüfen Fachleute die Frage des RDNH von sich aus, ohne dass der Gegner dies oder irgendetwas vorgebracht hat. Jedoch empfiehlt sich als Gegner im UDRP-Verfahren, den Vorwurf des RDNH klar zu formulieren, damit die Fachleute dem nicht ausweichen können, wie im frühen Streit um die Domain famosa.com (WIPO Nr. D2000-1689), in dem das Panel keine entsprechende Prüfung vornahm, weil der Gegner die Prüfung nicht beantragt hatte (»Finally, Respondent wonders somewhat rhetorically whether the complaint was brought in a bad faith attempt at reverse domain name hijacking. Because such an exceptional determination was not clearly requested by Respondent, and under all the circumstances of this case, the Panel declines to enter such a finding.«).

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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