qualify.com

UDRP-Panel lässt Parteien scheitern

Im WIPO-Streit um die Domain qualify.com scheiterte die Qwalify Inc. aus Kanada daran, dem langjährigen Domain-Inhaber die Bösgläubigkeit nachzuweisen. Aber auch der Domain-Inhaber war nicht in der Lage, den Nachweis eines Reverse Domain Name Hijacking zu führen (WIPO Case No. D2014-0313).

Der Anspruchsteller ist das 2010 gegründete kanadische Unternehmen Qwalify Inc., das sich unter der Domain qwalify.com präsentiert und Inhaberin der am 22. März 2012 beantragten und am 16. April 2013 eingetragenen US-Marke »qwalify« ist. Sie sieht sich durch den Inhaber der Domain qualify.com in ihren Markenrechten verletzt. Deren Inhaber und Antragsgegner ist letztlich Gregory Ricks aus Texas (USA), der sich in dem Streit selbst vertrat. Er ist bei WIPO auch bekannt für UDRP-Verfahren, bei denen ihm Registrierung und Nutzung von Domains in Bösgläubigkeit nachgewiesen wurde. Der Antragsgegner erklärte, die Domain qualify.com im September 1999 registriert zu haben und durchgehend Inhaber der Domain zu sein. Tatsächlich lässt sich die Geschichte der Domain mit domaintools.com bis 2004 zurückverfolgen; diese weist seit 2004 sieben, teilweise unterschiedliche Einträge über Privacy-Services als Registranten und Registrare auf; der eMail-Kontakt blieb in der Zeit aber immer derselbe. Der Antragsgegner, der auch Inhaber der Domains qualify.org und qualify.net ist, meint, die Antragstellerin wolle ihm unberechtigter Weise seine Domain nehmen und beantragte festzustellen, dass ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking vorliegt.

Bei WIPO setzte sich der Experte Andrew D. S. Lothian mit der Sach- und Rechtslage nach der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) auseinander und wies den Antrag auf Übertragung der Domain am 29. April 2014 ab (WIPO Case No. D2014-0313). Tatsächlich war sich der Panelist Lothian sicher, dass Marke und Domain trotz des jeweils unterschiedlichen zweiten Buchstaben des Begriffes zum Verwechseln ähnlich sind. Die Endung .com stelle kein differenzierendes Merkmal dar. Die Frage nach der Berechtigung oder einem berechtigten Interesse des Antragsgegners an der Domain und deren Nutzung wich der Panelist aus und stürzte sich gleich auf die Frage nach der Bösgläubigkeit seitens des Antragsgegners. Zu den Fragen, ob der Antragsgegner die Domain bösgläubig registrierte und bösgläubig nutzt, ging das Panel die Geschichte der Domain durch, um festzustellen, seit wann der Antragsgegner tatsächlich Inhaber der Domain ist. Aus früheren WIPO-Entscheidungen aus 2008 und 2009 ergibt sich, dass der Antragsgegner mit den damals als Inhaber eingetragenen Firmen verbandelt war. Zudem legte er eine eMail aus 2003 vor, die die Verlängerung der Registrierungsperiode bestätigt, sowie eMails, die den Transfer zu einem anderen Registrar bestätigen. Das überzeugte Andrew D. S. Lothian davon, dass der Antragsgegner jeweils dabei involviert war. Die Erklärung seitens Ricks, dass Registrarwechsel üblich seien, um Registrierungskosten gering zu halten und zusätzliche Dienstleistungen zu gewinnen, überzeugte den Panelisten ebenfalls. Auch die Erklärungen, warum er die Privacy-Services Anbieter vier mal wechselte, waren für Lothian schlüssig. Aufgrund dessen sah er bestätigt, dass der Antragsgegner bereits vor 2003 und von da durchgehend der Inhaber der Domain qualify.com ist. Dies alles deutete aber auch darauf hin, dass der Antragsgegner mit der Registrierung der Domain niemals irgendwelche Absichten gegen die Antragstellerin hegte. Auch die Nutzung der Domain weist keine Umstände auf, die darauf schliessen lassen, dass der Antragsgegner absichtsvoll eine Verwechslungsgefahr zur Marke der Antragstellerin herstellen wollte. Die Antragstellerin hatte zwei Beispiele für die Verwechslungsgefahr vorgetragen: einmal ein Artikel, in dem der Autor sich augenscheinlich vertippt und »qualify« statt »qwalify« geschrieben hatte, und weiter die Frage Googles auf einer Suche nach »qwalify«, ob der Nutzer nicht »qualify« gemeint habe. Beides, so der Panelist, sei nicht vom Antragsgegner zu verantworten. Aus Sicht des Panels konnte die Antragstellerin weder nachweisen, dass der Antragsteller die Domain bösgläubig registrierte, noch dass er sie bösgläubig nutzte. Damit wies er den Antrag auf Übertragung der Domain zurück und wandte sich nun der Frage des Reverse Domain Name Hijacking zu.

Reverse Domain Name Hijacking verlangt vom Antragsgegner, dass er die notwendigen Tatsachen vorträgt. Aus einer abschlägigen Entscheidung gegen den Antragsteller ergibt sich per se nicht, dass Reverse Domain Name Hijacking vorliegt. Dem Antragsteller muss von Anfang an klar gewesen sein, dass er keinerlei Rechte an dem von ihm gestellten Anspruch hat. In diesem Falle sprang der Antragstellerin die Vorgeschichte des Antragsgegner zur Seite, der als Domainer bekannt ist und bereits wegen Bösgläubigkeit UDRP-Verfahren verloren hat. Hinzu kommt der Wechsel des Privacy-Service-Anbieters zur Zeit, als die Marke der Antragstellerin eingetragen wurde. In solchen Fällen hatten WIPO-Panels schon entschieden, dass der Zeitpunkt der Bösgläubigkeit bei der Registrierung genau auf diesen Wechsel zu bestimmen sei, mit der Folge, dass der Domain-Inhaber die Domain verlor. Hier allerdings war klar, dass der Inhaber auch Inhaber der Domain blieb und tatsächlich nur der Diensteanbieter sich änderte. Unter diesen Umständen verneinte Panelist Andrew D. S. Lothian das Vorliegen von Reverse Domain Name Hijacking.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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