Der Freistaat Bayern beantragte vor der World Interlectuell Property Organisation (WIPO) die Übertragung der Domain pinakothek.com. Damit beschert das Bundesland uns eine der raren deutschsprachigen Domain-Urteile nach der UDRP. Das Verfahren gegen einen Deutschen Domain-Inhaber verlief für das Bundesland erfolgreich, die Übertragung der Domain ist noch nicht abgeschlossen.
Trotz positiver Erfahrungen mit der deutschen Rechtsprechung beim Streit um die Domain pinakothek.de vor gut 4 Jahren, wandte sich der Freistaat Bayern diesmal an die WIPO. Und das sicher nicht ohne Grund, denn es dürfte sich um den wohl günstigsten, in jedem Falle aber kürzesten Weg gehandeln haben, um die Domain pinakothek.com zu bekommen. An der deutschen Gerichtsbarkeit ging kein Weg vorbei, um die Domain pinakothek.de zu erstreiten, da die WIPO nur bei generischen Top Level Domains (TLDs) und einigen ausgewählten country code TLDs, zu denen .de nicht gehört, angerufen werden kann. Was bewegt jemanden in Deutschland dazu, die WIPO anzurufen, wenn der Inhaber der streitigen Domain in Deutschland sitzt? Ökonomische Kriterien treten da sicher in den Vordergrund. Angefangen bei der zu erwartenden Kürze des Verfahrens, das bei pinakothek.com 49 Tage dauerte (obwohl nach der WIPO-Entscheidung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen steht, eine Möglichkeit, die so gut wie nie genutzte wird) über den einfacheren Verfahrensablauf, bis hin zu den voraussichtlich geringeren Kosten:
Im Rahmen des WIPO-Verfahrens muss grundsätzlich der Antragsteller die Verfahrensgebühren zahlen, die er – auch im Falle des Obsiegens – nicht ersetzt bekommt. Das bedeutete für den Freistaat Bayern ohne Zweifel einen finanziellen Verlust und wird beim Verband der Steuerzahler prima vista auf Bedenken stoßen. Die Gebühren für das WIPO-Verfahren aber sind klar kalkulierbar, was man von den Gerichtsgebühren und Kosten eines Verfahrens vor einem ordentlichen Gericht nicht so Gewiss sagen kann. Denn sicher sind da die entstehenden Gebühren vorausberechenbar, aber unklar bleibt, durch wie viel Instanzen so ein Rechtsstreit geht und ob der Kläger die verauslagten Kosten und Anwaltsgebühren vom unterlegenen Beklagten erstattet bekommt – wenn er denn obsiegt.
So hat die Bezirksfinanzdirektion München Recht daran getan, sich an die WIPO zu wenden und die Übertragung der Domain zu beantragen, auch eine Sache, die vor einem Deutschen Gericht ohne Erfolg geblieben wäre. Denn einen Anspruch auf Übertragung der Domain gibt es hier nicht, sondern lediglich den auf Unterlassung der Nutzung und Freigabe der Domain. In seiner Antragsschrift berief man sich auf ein Markenrecht. Erst nach dem Prozess um die Domain pinakothek.de hatte der Freistaat Bayern sich die Marke gesichert. Das Bestehen eines Markenrechts ist grundsätzlich auch zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiches WIPO-Verfahren. Ein Namensrecht reicht in UDRP-Verfahren nicht aus, im Gegensatz zum deutschen Recht. Im Streit um pinakothek.de konnte sich der Freistaat Bayern auf das Namensrecht (§ 12 BGB) stützen.
Mit Pinakothek ist die Bayrische Staatsgemäldesammlung bezeichnet, die sich in »Alte Pinakothek«, »Neue Pinakothek« und »Pinakothek der Moderne« gliedert. Bereits im Januar 2004 setzte der Freistaat Bayern den Domain-Inhaber mit Einschreiben/ Rückschein von der Kennzeichenrechtsverletzung in Kenntnis und forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Der Inhaber der Domain pinakothek.com, Tobias Binderberger, ein Künstler mit Wohnsitz in München, nahm das Einschreiben nicht an; im Rahmen des WIPO-Verfahrens äußerte er sich nicht zur Sache.
Dem aus einem Richter bestehenden WIPO-Panel fiel die Entscheidung nicht schwer: Der Domain-Name ist mit dem Markenzeichen identisch, ein berechtigtes Interesse des Domain-Inhabers an der Domain war nicht ersichtlich, und auch bösgläubige Registrierung und Nutzung der Domain konnte dem Künstler unterstellt werden. Das Panel ging davon aus, dass er den Namen registriert hatte, um eigenen Kunstwerke besser vermarkten zu können:
»In der Tat ist es als unwahrscheinlich anzusehen, dass ein Künstler seine Werke im Internet darstellt, ohne diese verkaufen zu wollen und folglich mit der Darstellung eine Gewinnerzielungsabsicht zu verbinden. Dabei spielt es keine Rolle, wie sich der Beschwerdegegner die mögliche Erzielung eines Gewinns durch Verkauf seiner Bilder vorstellte.«So war der Urteilsspruch Übertragung beinahe reine Formsache.