Domaining

Das Misstrauen von Domain-Investoren gegenüber dem UDRP-Verfahren

Der Domain-Investor Nat Cohen (Telepathy, Inc.) nahm einen Artikel von Domain-Anwalt und UDRP-Panelist Gerald Levine zum Anlass, sich über die Ängste und Sorgen von Domain-Investoren wegen der UDRP-Entscheidungen überheblicher Panelisten auszulassen. Na, schau’n ma mal.

In dem aus zehn Tweets bestehenden Thread von Nat Cohen verdeutlicht er, warum Domain-Investoren der UDRP misstrauen. Er verweist auf den Artikel »Offering Price as Evidence of Bad Faith Domain Name Registration: A False (UDRP) Factor« von Gerald Levine und bemerkt, dass einige Panelisten ihre verantwortungs- und vertrauensvolle Position missbrauchen. Sie verdrehen die UDRP und greifen so in den zweiten Domain-Markt ein, den sie unterminieren. Schlechte UDRP-Entscheidungen entstünden dabei aufgrund der toxischen Gemengelage von (1) arroganten Panelisten, die mehr ihren Mutmassungen vertrauen als Beweisen, (2) UDRP-Verwaltern, die UDRP-Verfahren Anwälten zuordnen, welche nicht über das nötige Naturell verfügen, die notwendige Distanz zu wahren, und (3) eine wage formulierte Richtlinie. So könne jeder Panelist den Begriff »Bad Faith« danach interpretieren, was er nicht mag. So etwa, wenn eine Domain zu einem hohen Preis (»in excess of your documented out-of-pocket costs directly related to the domain name«) angeboten wird, wie Gerald Levine in seinem Artikel an mehreren aktuellen Beispielen verdeutliche. Die dünnen Standardargumente solcher Panelisten für ihre unredlichen Entscheidungen seien:

the asking price is too high, the domain owner hasn’t developed the domain name, the domain owner must have heard of and targeted an obscure company halfway around the globe, the domain name was renewed.

Cohen stellt fehlende Konsistenz der UDRP fest, da jeder Panelist auch nach 21 Jahren Anwendung der UDRP sein eigenes Süppchen kochen könne. Es handele sich zwar um eine ICANN-Richtlinie, die ICANN aber nicht aktiv überwache. Die derzeit sechs UDRP-Anbieter akkreditierten als Panelist, wen sie wollen, weisen die Fälle zu, wem sie wollen, und haben generell ein Interesse, Markeninhaber zur Inanspruchnahme ihrer Dienste zu bewegen, während die Domain-Inhaber keinerlei Mitspracherecht haben. Tatsächlich sei die UDRP von Markeninhabern initiiert und entwickelt worden, und zahlreiche Panelisten sind Anwälte, die zugleich Markeninhaber vertreten. Schließlich lobt er nochmals den Artikel von Gerald Levine, der einen Überblick über einige der schlechten Ergebnisse gebe, die dieser schlampige Vorwand für ein als UDRP bekanntes Rechtsverfahren in letzter Zeit hervorgebracht habe.

Cohen bringt hier alte und neue Argumente gegen das UDRP-Verfahren zusammen. Aber er überzeugt nicht. Er verschließt sich zunächst des Umstands, dass der ganz überwiegende Teil aller UDRP-Entscheidungen tatsächlich gegen missbräuchlich registrierte Domains ergehen. Diese Erkenntnis kam auch Domainer-Anwalt Howard Neu erst sehr spät, der Listen mit den Domainerfreundlichen Panelisten führt. Diese überwiegende Mehrheit von Cybersquatting wird Panelisten ohne Zweifel gegen Inhaber von Domains, die Ähnlichkeit mit einer Marke haben, einnehmen. Davon abgesehen sind Normen immer auslegungsfähig, so auch die UDRP. Um da eine konsistentere Rechtsprechung herzustellen, hat WIPO die Overviews eingerichtet, in denen aufgrund rechtlicher und praktischer Erwägungen und Erfahrungen Vorgaben für UDRP-Entscheidungen zusammengefaßt werden, nach denen sich Panelisten richten sollen. Derzeit ist der Overview 3.0 von 2017 aktuell. Nichtsdestotrotz zeigt Gerald Levine sehr gute Beispiele falscher Argumente gegen Domain-Inhaber, die zu schlecht vertretbaren Entscheidungen durch altbackene Panelisten führen. Doch das ist Teil von Rechtssystemen: Richter/Entscheider, die Sachverhalte und Normen falsch einschätzen, anwenden oder auslegen. Das ist ein allgemeines Risiko, auch im UDRP-Verfahren. Hier hilft nur Aufklärung, die Levine und Kollegen wie Doug Isenberg betreiben. Das ist ein Risiko von Domain-Investoren, das sie minimieren können, indem sie ein Dreiergremium einschalten, wenn ihnen der ausgewählte Panelist nicht geheuer ist. Das ist aber auch ein Risiko, welches Domain-Investoren tragen müssten, wenn es kein UDRP-Verfahren gäbe und solche Auseinandersetzungen direkt vor Zivilgerichte kämen, bei denen sie keinerlei Einfluss auf die Wahl der Richter ausüben könnten. Bei Domains unter .de stellt sich diese Alternative gar nicht erst, und man kann sehr gut damit leben, auch als Domain-Investor.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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