Domain Name Arbitration

Buchtipp für Praktiker

Seit ihrer Einführung im Jahr 1999 hat sich die Uniform Domain Name Dispute-Resolution Policy (UDRP) als weltweit anerkanntes Streitschlichtungsverfahren für Domain-Namen etabliert. Der New Yorker Rechtsanwalt Gerald M. Levine hat nun ein Buch veröffentlicht, das in Sachen UDRP-Praxis neue Maßstäbe setzt.

„Domain Name Arbitration: A Practical Guide to Asserting and Defending Claims of Cybersquatting Under the Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy“ – so mächtig wie sein Name, ist auch der Umfang des rund 550 Seiten starken Kommentars. Doch während andere Fachbücher zum Domain-Recht viel Platz mit technischen Hintergründen zum Domain Name System und seiner Organisation durch die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) füllen, konzentriert sich Levine ausschliesslich auf die UDRP, und zwar in jedem der insgesamt 8 Kapitel:

1. Overview of the Procedure for the Administrative Proceedings
2. Contract Obligations
3. The Scope of the UDRP
4. Complainant’s Burden of Proof
5. Evidence that Respondent Has Registered and is Using Domain Name in Bad Faith
6. Proving Rights or Legitimate Interests in the Disputed Domain Name
7. Selected Rules of the Policy
8. Before, during and after UDRP proceedings

Nach einem Vorwort des erfahrenen UDRP-Schiedsrichters Hon. Neil Brown QC (Melbourne, Australien) und einer fundierten Einführung in die historischen Ursprünge der UDRP und ihrer grundlegenden Prinzipien, insbesondere die starke Verknüpfung mit dem Markenrecht, erläutert Levine im 2. Kapitel, wie der Anwendungsbereich der UDRP im Rahmen der Domain-Registrierung eröffnet wird. Dabei betont er einen Grundsatz, der häufig genug in Vergessenheit gerät: die Verantwortung dafür, mit der Registrierung keine Rechte Dritter zu verletzen, liegt beim Anmelder. Danach schwenkt er kurz zu den inzwischen üblichen Sunrise-Phasen, die es dem Markeninhaber schon vor der allgemeinen Registrierung erlauben, seine Rechte zu schützen und die Domain der öffentlichen Registrierung zu entziehen. Ebenfalls Erwähnung findet die verbreitete Nutzung von Proxy- und Privacy Services sowie die damit verbundene Möglichkeit, die eigenen Daten vor einer Veröffentlichung im WHOIS zu schützen. Im Kapitel 3 grenzt Levine die UDRP von anderen Verfahren des Markenrechtsschutzes ab. Sie beschränkt sich auf Fälle missbräuchlicher – weil bösgläubiger – Domain-Registrierung; Streitigkeiten zwischen konkurrierenden Rechten bei gleichzeitig gutgläubigem Handeln bleiben dagegen aussen vor. Vor diesem Hintergrund sind UDRP-Verfahren zwischen Parteien, die vormals in Verbindung standen, eher selten, zumal es dort zumeist um eine Vielzahl von einzelnen, komplexen Streitpunkten geht, die einer Klärung durch die UDRP kaum zugänglich sind.

Der für den UDRP-Praktiker wohl wichtigste Teil des Werks beginnt mit Kapitel 4. Darin erläutert Levine im Detail, was der Antragsteller (oder sein anwaltlicher Vertreter) vorzutragen hat, um im Rahmen eines Schiedsverfahrens erfolgreich zu sein. Das beginnt mit der Frage, welche Markenrechte für ein UDRP-Verfahren qualifizieren. Zwar ist es von Vorteil, wenn sich der Antragsteller auf eine eingetragene Marke berufen kann; die UDRP erfasst aber auch eine Vielzahl von „unregistered marks“, für die dann allerdings erhöhte Anforderungen an den Vortrag gelten, um darauf Rechte stützen zu können. Konkret angesprochen werden unter anderem Wort-Bild-Marken, Akronyme und Personennamen. Selbst bloße Markenanmeldungen können ausreichen, wie etwa der Fall „Martha Stewart Living Omnimedia, Inc. v. Joe Perez“ zeigt. Doch die Marke allein reicht bekanntlich nicht aus. Der Schwerpunkt vieler UDRP-Verfahren liegt in der Frage, ob der Domain-Inhaber die Domain bösgläubig registriert hat und nutzt. Hierzu verweist die UDRP zwar auf vier Regelbeispiele; angesichts der von Levine angesprochenen „human capacity for mischief in all its forms“ sind diese Beispiele jedoch nicht abschließend. In der Praxis haben sich daher zahlreiche weitere Fallgruppen gebildet, die der URPP-Praktiker kennen sollte. Allein der Umstand, dass eine Domain für Domain-Parking genutzt wird, begründet etwa keine zwingende Vermutung dafür, dass Bösgläubigkeit vorliegt; das haben die Schiedsgerichte bereits früh festgestellt (Micron Technology, Inc. v. Null). Phishing dagegen stellt per se einen UDRP-Verstoß dar. Wer bei alldem glaubt, dass das Buch lediglich den Markeninhabern zur Seite stehen möchte, der irrt. Auch die Inhaber streitiger Domains kommen nicht zu kurz; in Kapitel 6 legt Levine dar, wie man auf Antragsgegnerseite dem Verlust der Domain entgehen kann. Hier kann es zum Beispiel helfen, wenn die Domain für eine aktive Website genutzt wird, oder zumindest im Rahmen einer eMail-Adresse Verwendung findet.

Besonders wertvoll sind die Hinweise Levines, an welchen Stellen die Parteien in ihrem Vortrag mit einem Anscheinsbeweis arbeiten können; sie ziehen sich durch das gesamte Werk. Insgesamt besticht „Domain Name Arbitration“ durch eine nahezu unüberschaubare Zahl an Fussnoten und Verweisen auf einschlägige UDRP-Urteile, die es dem Praktiker wesentlich erleichtern, Leitentscheidungen zu finden und so den eigenen Fall sorgfältig zu subsumieren. Trotz dieses beeindruckenden Maßes an Detailtiefe hat Levine aber auch dort auf Lesbarkeit geachtet hat; wie im amerikanischen „case law“ üblich, stellt er die Namen der beteiligten Parteien voran und hebt sie zudem durch Fettdruck hervor. Und wem das noch nicht reicht: unter DNA Supplement veröffentlicht Levine ohne zusätzliche Kosten eine fortlaufende Ergänzungslieferung, in der er aktuelle UDRP-Entscheidungen einordnet und einarbeitet.

Mit dem Titel „Standardwerk“ dürfen sich in der Juristerei nur wenige Bücher schmücken, der Palandt etwa, oder das Handbuch des Domainrechts von Bettinger, das 2016 in neuer Auflage erscheinen soll. Levine hat mit der ersten Auflage seines Werks jedenfalls den Grundstein dafür gelegt, diesen Titel im Bereich der UDRP künftig allein für sich reklamieren zu dürfen. Wer in der Praxis mit UDRP-Verfahren zu tun hat, wird auf „Domain Name Arbitration“ nicht verzichten können. Sowohl der Einsteiger als auch der Experte findet darin auf jede Frage eine Antwort – mehr kann ein Kommentar nicht bieten.

Gerald M. Levine, „Domain Name Arbitration: A Practical Guide to Asserting and Defending Claims of Cybersquatting Under the Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy“, erschienen im Verlag Legal Corner Press LLC, ISBN-13: 978-0991582907, ist zum Preis von etwa EUR 180,- im Fachhandel erhältlich, ferner bei Amazon. Der Autor war so freundlich, uns für diese Rezension ein Exemplar zur Verfügung zu stellen.

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