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Schadensersatz für WIPO-Kosten

Der Oberste Gerichtshof Österreich (OGH, Urteil vom 16.3.2004, 4 Ob 42/04m) überprüfte eine Schadensersatzforderung, mit der Kosten eines WIPO-Verfahrens geltend gemacht wurden. Das Urteil formuliert einige interessante Aspekte, die auch für die deutsche Domain-Rechtsprechung relevant sein dürften.

Die Klägerin des Verfahren vertreibt unter der seit 1976 geschützten österreichischen Marke „Delikomat“ Automatenkaffee. Der Beklagte, der in einem Unternehmen beschäftigt ist, das für die Klägerin ein EDV-Projekt betreut hat, registrierte im September 2001 die Domain »delikomat.com«. Er selbst wollte die Domain nie nutzen, wohl aber an die Klägerin verkaufen. Nach Androhung leitete die Klägerin ein Schlichtungsverfahren nach der Uniform Domain-Name Dispute-Reselution Policy (UDRP) bei der WIPO ein, das sie auch gewann. Vor den österreichischen Gerichten begehrte die Klägerin vom Beklagten die Kosten der anwaltlichen Vertretung im WIPO-Verfahren.

Das Gericht erster Instanz wies die Klage ab, es war der Meinung, die Klägerin habe sich bewusst für das raschere Verfahren vor der WIPO entschieden und daher auch das Risiko zu tragen, in diesem Verfahren keinen Kostenersatz zu erhalten. Die zweite Instanz hob das Urteil auf und gab der Klage statt: der Klägerin stünde ein Ersatzanspruch zu, ersatzfähig sei aber nur jener Aufwand, den bei gleicher Sachlage auch ein vernünftiger Mensch mit gewöhnlichen Fähigkeiten gemacht hätte.

Der OGH bestätigte das zweitinstanzliche Urteil, soweit es Rechtsfragen betrifft: Die Klägerin hat Anspruch auf den Ersatz der ihr im Zusammenhang mit dem WIPO-Verfahren entstandenen Kosten. Der Weg über die WIPO sei angemessen gewesen, um zu einem schnellen und kostengünstigen Ergebnis zu kommen, weshalb die Schadensersatzforderung berechtigt sei. Denn nur über eine WIPO-Entscheidung sei die Übertragung der Domain als Entscheid schnell und problemlos möglich gewesen. Bei Anrufung der österreichischen Gerichte wäre unklar gewesen, ob eine Übertragung der Domain im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens möglich sei oder lediglich die Freigabe der Domain, ein Entscheid, der ausschließlich in den USA vollstreckbar gewesen wäre, wo die .com-Domain verwaltet wird. Der komplexe Weg einer Vollstreckung in den USA wäre jedenfalls aufwändiger und kostenintensiver geworden.

Beiläufig stellte der OGH fest,

»dass Domain-Grabbing begeht, wer – wie der Beklagte – bei Reservierung und Nutzung eines fremden Zeichens als Domain in Vermarktungs- oder Behinderungsabsicht handelt; er verstößt damit, da mit der Registrierung des fremden Zeichens ein ad hoc-Wettbewerbsverhältnis begründet wird, gegen § 1 UWG […].«
Außerdem klärte der OGH, dass das Verfahren bei der WIPO kein echtes Schiedsverfahren im Sinne der §§ 577 ff ZPO (Österreich) sei, sondern ein Streitbeilegungsverfahren, weil danach ein Rechtszug zu den ordentlichen Gerichten möglich ist.
»Punkt 4 k der Einheitlichen Grundsätze des Domainnamen-Schiedsverfahrens [der UDRP;] sieht – wie oben erwähnt – ausdrücklich vor, dass die Parteien nicht gehindert sind, die Klage vor ein zuständiges Gericht zu bringen, um eine unabhängige Entscheidung zu erlangen, entweder vor oder nach Beendigung eines Streitbeilegungsverfahrens.«
Der Anspruch auf Ersatz der Kosten des WIPO-Verfahrens sei daher kein prozessrechtlicher Anspruch und könne gesondert geltend gemacht werden. Das WIPO-Verfahren habe zur Übertragung der Domain geführt und damit weiteren Schaden verhindert; die Kosten der Klägerin waren daher als Rettungsaufwand sinnvoll und zweckmäßig.

Da auch nach deutschem Recht das Schiedsverfahren (§§ 1025 ff ZPO) grundsätzlich abschließend ist (eine Ausnahme findet sich in § 1032 ZPO), das WIPO-Verfahren aber den Weg durch die ordentliche Gerichtsbarkeit offen lässt, könnte wohl auch hier der durch das WIPO-Verfahren entstandene Schaden geltend gemacht werden.

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