Urteil

Störerhaftung bei mangelnder Nachfrage?

Das Landgericht Nürnberg-Fürth teilt in einer Pressemitteilung zu einer aktuellen Entscheidung mit, dass der Betreiber eines Bewertungsportals konkrete Beanstandungen eines Arztes zu einer ihn betreffenden Bewertung prüfen muss und als Störer haftet, wenn er dies nicht in angemessenem Maße tut (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.05.2012, Az. 11 O 2608/12).

Der Kläger ist Zahnarzt. Über diesen schrieb ein Nutzer hinsichtlich seiner Implantatbehandlung anonym in das vom Beklagten betriebene Internetportal zur Bewertung ärztlicher Leistungen, der Zahnarzt sei fachlich inkompetent, verfolge vorrangig eigene wirtschaftliche Interessen und lasse dabei das Interesse seiner Patienten an einer dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlung außer Acht. Der Zahnarzt wies den Betreiber des Bewertungsportals darauf hin, dass er nach Durchsicht aller Patientenunterlagen eine der Bewertung zu Grunde liegende Implantatbehandlung in dem angegebenen Zeitraum gar nicht durchgeführt habe und die Bewertung schon aus diesem Grund falsch sei. Er verlangte die Löschung des Beitrags. Der Provider fragte darauf hin beim Nutzer nach, ob sich der Sachverhalt wie von ihm vorgetragen zugetragen habe, was dieser bejahte. Damit gab sich der Provider zufrieden. Dem Zahnarzt teilte er das mit und berief sich auf das schützenswerte Anonymisierungsinteresse des Beitragsverfassers nach dem Telemediengesetz sowie darauf, dass wegen der ärztlichen Schweigepflicht eine „Pattsituation“ hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der widerstreitenden Angaben bestehe. Der Zahnarzt wandte sich daraufhin im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens an das Landgericht Nürnberg-Fürth und forderte die Unterlassung der Verbreitung der Bewertung.

Das LG Nürnberg-Fürth gab diesem Antrag statt: der Provider muss die Verbreitung des Eintrags des Nutzers vorläufig unterlassen. Das Gericht ist der Ansicht, der Internetprovider hafte als Störer. Er hätte auf die konkrete Beanstandung des betroffenen Zahnarztes hin den Sachverhalt sorgfältiger prüfen und sich vom Nutzer des Forums einen Nachweis für die Behandlung vorlegen lassen müssen. Dem sei er nicht nachgekommen. Zudem stehe auf Seiten des Zahnarztes eine mögliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts im Raum. Deshalb hafte der Betreiber des Bewertungsportals als Störer, unabhängig davon, ob die Bewertung nun zutreffe oder nicht. Damit, so das LG Nürnberg-Fürth, habe man die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der Störerhaftung von Internetprovidern konkretisiert.

Ob diese Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth den Vorstellungen des Bundesgerichtshofs über die Störerhaftung von Internetprovidern entspricht, muss sich erst noch herausstellen. Man kann Zweifel daran haben, dass die Pflichten eines „Internetproviders“ tatsächlich soweit gehen, wie vom Landgericht angenommen. Die Haftung soll sich daraus ergeben, dass der Provider keine Nachweise verlangt hat; vom Provider fordert das Landgericht also eine – weitergehende – Untersuchung des Sachverhalts. Ob es auf die korrekte Bewertung desselben ankommt, bleibt unklar. Es fragt sich freilich, welchen Nachweis da der Nutzer hätte erbringen können, und hätte sich etwas am Ergebnis geändert, wenn keine Nachweise möglich gewesen wären? Wie auch immer, der beklagte Provider hat schon angekündigt, ein Hauptsacheverfahren anzustrengen. Wir sind gespannt und werden berichten.

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